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40 - Im fernen Westen

40 - Im fernen Westen

Titel: 40 - Im fernen Westen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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abzuliefern.“
    „Gut, so werdet Ihr also durch den Verlust des Tieres, welches zu unserer Beute gehört, nicht geschädigt. Ihr begleitet uns bis Alfaro, wo Ihr weitere Bestimmungen erhalten werdet.“ Und zu mir gewendet, fuhr er fort: „Euer Weg führt Euch, wie ich gehört habe, nach Saragossa. Wollt Ihr vielleicht die Güte haben und meinen Vater, welcher auf seinem Schloß bei Alagón wohnt, eine Nachricht von uns überbringen?“
    „Gern, Señor!“
    „Danke. Zwar macht Ihr dabei keinen Umweg; aber damit Ihr schneller vorwärts kommt, sollt Ihr als Andenken an das heutige Abenteuer den Hengst haben. Ich werde auch das verantworten, und da Ihr gut reitet, so ist er bei Euch wohl aufgehoben. Vater kann Euch Empfehlungen geben, welche Euch vielleicht von Nutzen sein werden.“
    Er wandte sich, meine Dankesworte überhörend, wieder zu seiner Begleiterin. Das verheißungsvolle Augenleuchten, mit welchem sie ihn empfing, war ihm jedenfalls ein besserer Dank als meine trockenen Worte, und ich schloß mich der bald aufbrechenden Truppe mit der Überzeugung an, daß er seine schöne Gitana als besten Preis für die bewiesene Tapferkeit empfangen werde.

Wanda
    Die Auktion
    Unter allen Gesellschaften der Stadt war ‚die Erheiterung‘ die beliebteste. Zwar gehörten ihre Mitglieder ohne Ausnahme dem Handwerkerstand an, aber bei all ihren Zusammenkünften und Vergnügungen herrschten anständiger Ton und löbliche Sitte, und da die dem einfachen Bürgersmann mehr als dem Höhergestellten eigentümliche Gemütlichkeit ihre Anziehungskraft auch nach oben äußert, so ließen sich sogar die Honoratioren der Stadt gern und öfters herbei, in dem Kreis der jungen, munteren Leute erscheinen und sich von ihnen unterhalten zu lassen.
    Hochgespannte, in lederne Etikette gekleidete Ansprüche durfte man freilich nicht mitbringen und noch weniger zu irgendeinem kernlustigen Einfall mit schulmeisterlicher Pedanterie den Kopf schütteln. Wer kam, der mußte mitmachen, und wer nicht einstimmte, der erhielt ohne weiteres sein Entrée zurück und durfte gehen. Und gerade dieses energische Ausscheiden aller störenden Elemente hatte dem Verein seine Beliebtheit erworben, sicherte ihm die Teilnahme der Verständigen und machte sein Lokal zum Versammlungsort all derer, die den Staub der Arbeit oder den Zwang belästigender Formen einmal abschütteln und fröhliche Menschen sein wollten.
    Heute nun feierte ‚die Erheiterung‘ ihr Stiftungsfest, und zahlreiche Einladungen waren ausgeschrieben und auch angenommen worden. Sogar der Herr Polizeirat hatte zugesagt und um die Erlaubnis gebeten, seinen hohen Gast, den Herrn Baron von Säumen, mitbringen zu dürfen. Dieser letztere hatte einen langjährigen Aufenthalt in Italien gehabt und war nach dem kürzlich erfolgten Tod seines Vaters in die Heimat zurückgekehrt, um sein Erbe anzutreten. Der Letzte Wille des Verstorbenen hatte ihn einem Fräulein von Chlowicki verlobt, welche mit seiner Mutter eine der in der Nähe der Stadt gelegenen Villen bewohnte; er war deshalb nach erfolgter Erbschaftsregulierung gekommen, um die junge Dame, die er vorher noch nie gesehen, kennen zu lernen, und hatte bei dem Polizeirat, einem alten pensionierten Sicherheitsbeamten, der in einer Art von Verwandtschaft zu ihm stand, gastliche Aufnahme gefunden.
    Frau von Chlowicki war nach der Aussage der wenigen Personen, denen die seltene Gunst ihres Anblicks zuteil geworden, eine alte, kränkliche, unausstehlich hochmütige Dame, deren einzige Beschäftigung in dem Studium der Vorrechte ihres Standes bestand. Zur Abwechslung peinigte sie die Dienstboten, beklagte den immer mehr an den Tag tretenden Verfall des Adels und räsonierte über ihre Stieftochter, deren Erziehung sie, obgleich sie dieselbe in höchst eigener Person geleitet hatte, eine durchaus verkehrte und verfehlte nannte. Sie verließ nur äußerst selten ihre Wohnung, und deshalb gab es in der Stadt nur wenige Personen, welche sich rühmen konnten, sie gesehen zu haben.
    Eine desto öfter gesehene Erscheinung war die Tochter, Fräulein Wanda oder, wie sie allgemein genannt wurde, die wilde Polin.
    Als sie vor mehreren Jahren die Residenz mit ihrem jetzigen Aufenthaltsort vertauscht hatte, war eine rasch um sich greifende Epidemie unter der jungen Männerwelt der Stadt ausgebrochen, welche der alte bißfertige Doktor Kühne mit dem Namen Wandamanie bezeichnet hatte. Da aber das schöne Mädchen auch nicht die geringste Notiz von dieser höchst

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