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40 - Im fernen Westen

40 - Im fernen Westen

Titel: 40 - Im fernen Westen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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mitgehen, und ich bitte dich um die Erlaubnis zu der Überzeugung daß eine Dame von deiner Distinktion an einem so plebejischen Spaß unmöglich Wohlgefallen finden könne.“
    „Ich erteile dir meine Erlaubnis höchstens zu der Überzeugung, daß du nicht das rechte Maß für dergleichen Dinge besitzt. Ich werde bleiben.“
    „Wirklich?“
    „Wirklich!“
    „Dann zwingst du mich, von dem Recht, welches meine Stellung als dein Verlobter mir erteilt, Gebrauch zu machen, indem ich dich diesen Schustern, Schneidern, Schmieden und Perückenmachern entziehe.“
    „Ah!“
    In diesem einen Laut lag eine unverhohlene Geringschätzung, und ihr großes, dunkles Auge blitzte mit spöttischem Blick über die hagere Gestalt ihres Verlobten hin, als sie, die reichen, blonden Locken mit einer unnachahmlichen Bewegung nach hinten werfend, hinzufügte:
    „Und wenn ich mir nun wirklich einen dieser Schneider und Perückenmacher zum Ballherrn wünsche? Deine so rücksichtsvoll bei den Haaren herbeigezogene Stellung als mein Verlobter gibt dir keine andere Berechtigung, als einzig und allein diejenige, dich in meine Wünsche fügen zu dürfen.“
    „Herr Baron“, fiel hier der Polizeirat in der Absicht, einem möglichen Eklat vorzubeugen, ein, „das Vergnügen ist ein durchaus unschuldiges. Man beliebt zuweilen einmal, auf wohlberechtigte Ansprüche zu verzichten, um den gewöhnlichen Mann in seinem Habitus kennen zu lernen und sich dabei ein kleines, erlaubtes Amüsement zu bereiten. Die Versammlung besteht aus durchaus ehrenwerten Personen, und ich selbst habe mich bewogen gefühlt, eine kleine, nette Schnittwarenhändlerin zu engagieren. Und hegt Fräulein Wanda wirklich die interessante Absicht, einem auf ihre verehrte Person gerichteten Gebote keine Schwierigkeiten entgegenzusetzen, so bleibt Ihnen ja die vollständige Freiheit, dieses Gebot selbst zu tun.“
    „Einem so beredten und in dem Besitze meiner ungeteiltesten Hochachtung befindlichen Verteidiger muß ich mich allerdings fügen“, antwortete Säumen; aber es war kein guter Blick, welchen er bei dem Wort ‚ungeteilt‘ auf das Mädchen warf. „Doch werde ich der erwähnten Stellung wenigstens dadurch Rechnung tragen, daß ich ein Gebot sprechen werde, welches jede Konkurrenz ausschließt.“
    Da erschallte die Stimme des Auktionators von neuem:
    „Offgepaßt, meine Herrschaften! Ich habe aus Höflichkeit gegen die anwesenden Herren mein Gebot offgeschoben bis jetzt und erwarte deshalb, daß bei der nächsten Dame meine rücksichtsvolle Politik keene Gegner finden werde. Jede feindselige Intervention werde ich bis zum letzten Groschen meines Geldbeutels zurückweisen. Also jetzt, Fräulein von Chlowicki. Ich biete fünf Taler.“
    „Zehn Taler“, rief der Baron von Säumen mit einer Stimme, in deren Klang sich sehr hörbar die Überzeugung aussprach, daß mit dieser Summe das Bürgertum vollständig geschlagen sei. Thomas maß den Sprecher mit scharfem, stechendem Auge und antwortete dann:
    „Der reiche Herr Baron von Säumen bietet für seine Verlobte zehn Taler. Ich bin nur een armer Buchbinder, doch für eene solche Dame is mir das Doppelte nicht zu viel. Zwanzig Taler zum ersten Male.“
    „Fünfundzwanzig Taler!“ rief der Baron.
    „Ich gebe dreißig Taler und esse zwee Monate lang trockenes Brot. Also dreißig Taler zum ersten!“
    „Fünfunddreißig!“
    „Zehne mehr!“
    Die Anwesenden folgten diesem ungewöhnlichen Wettstreit mit der größten Spannung. Wollte Thomas die so hoch über ihm stehende Aristokratin wirklich für sich erstehen, oder beabsichtigte er nur, den Baron in die Höhe zu treiben? Und warum lag, ganz gegen seine bisherige Freundlichkeit, jetzt eine so ätzende und beleidigende Schärfe in seinen Worten? Man sah es jedem seiner Blicke an, daß er unter einem dem Baron höchst unfreundlichen Gefühle handele.
    „Das Gebot“, fuhr er fort, „is jetzt so hoch gestiegen, daß ich mich genötigt sehe, noch eenmal daroff offmerksam zu machen, daß der Betrag desselben sofort und bar bezahlt werden muß.“
    „Fünfzig Taler!“ rief Säumen, ergrimmt über diese neue Malice.
    „Hundert Taler!“ scholl es plötzlich mit lauter Stimme von der Tür her. Alle wandten sich überrascht dieser Richtung zu, und auch Wanda bemühte sich, den Mann zu entdecken, welcher ihr eine für die bescheidenen Verhältnisse der anwesenden Handwerker so bedeutende Summe opfern wollte. Aber da er im äußersten Winkel des Saales stand, so gelang

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