Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
40 - Im fernen Westen

40 - Im fernen Westen

Titel: 40 - Im fernen Westen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
Vom Netzwerk:
Mann hineinzwängen konnte. „Nun ist Sam Hawkens, der alte Trapper, verraten!“
    Das listige Männlein war der einzige gewesen, der seine Geistesgegenwart und die wenigen Sekunden benutzt hatte, sich zu salvieren. Leider machten wir ihm diese Bemühung erfolglos, indem wir grad den Ort, an welchem sich sein Versteck befand, zum Ziel unseres Laufs wählten. Trotzdem aber streckte er schleunigst die Hand nach Ellen aus und faßte sie beim Arm.
    „Die kleine Miß mag mit hereinkommen in das Nest, meine ich, ist grad noch Platz für sie, wie mir scheint.“
    Natürlich waren die Rothäute uns gefolgt und drangen mit wilder Energie auf uns ein, ein Glück war es, daß infolge des Scheinangriffs die Jäger alle ihre Waffen bei sich führten. Freilich waren im Nahkampf die Büchsen vollständig nutzlos, desto erfolgreicher aber wütete das Schlachtbeil unter den Wilden.
    Nur Hawkens und Ellen machten Gebrauch von ihren Schießgewehren. Ersterer lud und letztere, welche vornan im Riß stak, gab die Schüsse ab, die zwischen Old Firehand und mir aus der Spalte hervorblitzten.
    Es war ein wilder, grauenhafter Kampf, wie kaum die Phantasie ihn sich auszumalen vermag. Das halberloschene Feuer warf seinen flackernden, dunkelglühenden Schein über den Vordergrund des Tals, auf welchem sich die einzelnen kämpfenden Gruppen wie der Hölle entstiegene und einander zerfleischende Dämonen abzeichneten. Durch das Geheul der Indianer drangen die einzelnen Rufe der Trapper und die scharfen, kurzen Laute der Revolverschüsse, und der Erdboden schien zu erzittern unter den schweren, stampfenden Tritten der miteinander ringenden Feinde.
    Es blieb uns kein Zweifel darüber, daß wir verloren seien. Die Zahl der Ogellallahs war eine zu bedeutende, als daß wir hoffen durften, uns gegen sie zu halten. Eine zufällige Wendung zu unserem Gunsten war ebensowenig zu erwarten als die Möglichkeit, uns durchzuschlagen, und deshalb hegte ein jeder die vollständige Überzeugung, daß er in kurzer Zeit aufgehört haben werde, zu den Lebenden zu gehören. Aber nicht umsonst wollten wir sterben, und wenn wir uns auch in das uns bestimmte Schicksal ergaben, so wehrten wir uns doch nach allen Kräften und mit derjenigen Kaltblütigkeit, welche dem Weißen ein so großes Übergewicht über den roten Bewohner der amerikanischen Steppen gibt.
    Mitten in dem blutigen Ringen gedachte ich des alten Elternpaares, welches ich in der Heimat zurückgelassen hatte, und dem nun keine Kunde mehr von dem in die Ferne gezogenen Sohn zukommen sollte, gedachte – doch nein, ich warf diese Gedanken alle von mir, denn der gegenwärtige Augenblick erforderte nicht nur die kräftigste körperliche Anstrengung, sondern auch die größte geistige Aufmerksamkeit:
    Ich hatte vorhergesehen, wie es kommen werde, hatte geraten und gewarnt, und nun mußte ich die Fehler der anderen mitbüßen, und wie ich dem Tod geweiht war, so auch sie, der trotz allem mein ganzes Sinnen und Trachten gehört hatte, die nun hart hinter mir mit unerschrockenem Mannesmute ihr Leben verteidigte und doch dem Schicksal, welchem sie auf der falschen Richtung ihrer Lebensbahn früher oder später entgegen geführt werden mußte, unwiderruflich verfallen war. Es überkam mich ein noch nie gefühlter Ingrimm und eine Erbitterung, welche meine Kräfte verdoppelte, so daß ich den Tomahawk mit solcher Nachdrücklichkeit handhabte, daß es anerkennend aus der Spalte scholl:
    „Recht so, Sir, recht so! Sam Hawkens und Ihr, das paßt zusammen, meine ich. Schade, daß wir ausgelöscht werden, können noch manches Rattenfell miteinander holen, wenn ich mich nicht irre.“
    Wir kämpften still und lautlos; es war eine ruhige, aber desto fürchterlichere Arbeit, und die Worte des kleinen Fallenstellers wurden deshalb deutlich gehört. Auch Will Parker hatte sie vernommen und rief, trotz der gestern erhaltenen Verletzungen mit der umgedrehten Büchse die wuchtigsten Hiebe austeilend:
    „Sam Hawkens, blick hierher, altes Coon, wenn du sehen willst, wie es zu machen ist, raus aus dem Loch mit dir und sage, ob das Greenhorn – hahaha, Will Parker ein Greenhorn, hörst Du es, Sam Hawkens? – ob das Greenhorn etwas gelernt hat!“
    Kaum zwei Schritte von meiner Rechten entfernt stand Old Firehand. Stets war es mir bisher vorgekommen, als ob der Leumund etwas zu schmeichelhaft von ihm erzähle, und es mochte wohl auch sein, daß das Alter ihn nach und nach immer mehr beeinflusse; jetzt aber schien die volle,

Weitere Kostenlose Bücher