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40 Tage Fasten - von einem, der mal Ballast abwerfen wollte

40 Tage Fasten - von einem, der mal Ballast abwerfen wollte

Titel: 40 Tage Fasten - von einem, der mal Ballast abwerfen wollte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Timm Kruse
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zurücksehnen werde. Ich musste früher schon einmal eine furchtbar lange Zeit der Entbehrungen durchstehen. Bei einem Segeltörn von Panama nach Tahiti war ich fünf Wochen am Stück auf dem Wasser. Ich fürchtete damals, durchzudrehen. Die Zeit stand still. Das Meer war rund. Nichts passierte. Ich brauchte noch nicht einmal eine Seekarte, da es außer Wasser ja nichts gab. Fünf Wochen nur Bläue. Oben. Unten. Vorne. Hinten. Links. Rechts. Überall. Und manchmal war auch ich selbst blau, wenn ich es nicht mehr ausgehalten hatte. Bei der Überquerung des Äquators sogar dunkelblau.
    Nach vier Wochen war endlich Land in Sicht, ein Atoll, und ich musste vor Glück weinen. Im Nachhinein betrachtet, waren diese endlosen Tage auf dem Pazifik die intensivste Zeit meines Lebens. Kaum war ich in Papeete an Land, sehnte ich mich wieder zurück auf den Ozean. In die Stille, in das Nichts, ins Ich. Genau so könnte es jetzt auch wieder werden. So still und ruhig bin ich in meinem nicht fastenden Leben nicht.
    Aber im Nachhinein vergisst man auch immer die Strapazen. Und 40 Tage nicht zu essen ist eine Strapaze. Und mit der Erleuchtung ist das so eine Sache …
    Gegen Schlafstörungen helfen Gedankenspiele. Ich suche nach Sprichworten, die mit Nahrung oder Nahrungsaufnahme zu tun haben:
    Ein voller Bauch studiert nicht gern; des Satten Sehnsucht schläft; der satte Wolf hat keine Angriffslust; die satte Schlange kann man fangen; der frühe Vogel fängt den Wurm; An apple a day keeps the doctor away; Morgenstund hat Gold im Mund …
    Meine Gemütslage hat sich verändert. Es geschieht nichts mehr, und daher erwarte ich auch nichts mehr. Das Fasten ist absoluter Alltag geworden, im Grunde gar kein Thema mehr. Damit ist aber auch das Thema »Erleuchtung« in weite Ferne gerückt.
    Ich bin so nüchtern geworden, so emotionslos und runtergefahren, dass es mir völlig egal ist, ob ich nach 40 Tagen die Offenbarung finde oder nicht.
    Wer bin ich schon, und was sollte das ändern? Wir leben, machen unsere Erfahrungen und sterben. Das war’s. Wir haben höchstens noch die Wahl, ob wir dieses Leben nach den Ängsten und Verrücktheiten unseres Unterbewusstseins gestalten oder möglichst viel Zeit im Hier und Jetzt verbringen.

Zweiunddreißigster Tag, 2. Oktober
Rund ein Drittel aller Kosten im Gesundheitswesen werden durch Krankheiten verursacht, die auf Fehlernährung zurückgeführt werden können. Konkret sind das, laut Verbraucherschutzministerin Renate Künast, 71 Milliarden Euro.
SPIEGEL special 5/2005 Besser essen, besser leben
    Zweiunddreißigster Tag, 2. Oktober
    78,2 KILOGRAMM
    Es ist so weit. Das Untergewicht ist in Sicht. Und es sind noch acht Tage. Ruhig bleiben. Nicht noch mehr Energie verbrauchen. Das mit der Lichtnahrung hat jedenfalls noch nicht so richtig geklappt.
    Ich habe seit Langem mal wieder bei Gabi geschlafen. Sie ergriff irgendwann in der Nacht aber die Flucht und verlegte ihren Schlafplatz ins Wohnzimmer. Meine im Traum auftretenden Zuckungen machten sie wahnsinnig. Dabei hatte ich das Gefühl, zum ersten Mal seit Wochen wirklich gut und traumlos geschlafen zu haben. Wie seltsam.
    Heute ist mir alles egal. Trinke einen halben Liter Apfelsaft pur. Ein Rückfall in die alte Maßlosigkeit. Fasten ist das nicht mehr. Nur noch stures, blödes Durchhalten. Aber ich brauche den Fruchtzucker, sonst hätte ich schon übermorgen Untergewicht. Jetzt plagen mich schlimme Magenkrämpfe und Blähungen. Der gesamte Darmtrakt scheint gereizt zu sein. Ich kann vor Schmerzen kaum auf der Seite liegen. Langsam mache ich mir Sorgen. Ich wusste, dass es im Oktober ernst werden würde, und frage mich jetzt, wie ernst es wird.
    Ich habe heute auf dem Fahrrad 45 Minuten nach Hause gebraucht; Schnitt 17 km/h statt wie gewohnt maximal 35 Minuten und 23er-Schnitt. So langsam ist der Körper erledigt und der Geist auch. Ich dämmere vor mich hin.
    Meine Zunge! Sie ist von einer dicken weißen Schicht und rosigen Kratern bedeckt. Wenn mir das jemand zeigen würde, würde ich ihn schleunigst zum Arzt schicken!
    Ich halte nur noch durch, sehne mich mittlerweile noch nicht einmal mehr nach schönen Kochabenden mit Gabi oder geselligen Treffen mit irgendwelchen Leuten. Ich sitze die letzte Woche jetzt einfach nur noch ab und warte, was kommt. Ich akzeptiere alles, bin stoisch. Mehr ist nicht drin.

Dreiunddreißigster Tag, 3. Oktober
Doch auch jetzt noch, spricht der Herr, kehret euch zu mir von ganzem Herzen mit Fasten, mit Weinen, mit

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