41 - Scorpio in Flammen
bring Sasha in Sicherheit.«
Die anderen waren bereits von der unsicheren Konstruktion herab nach unten geklettert.
Mevancy hatte mir im Vorbeigehen einen eigenartigen Blick zugeworfen ... Ich weiß nicht, was sie von meinem Gesichtsausdruck hielt, doch sie kletterte wortlos hinab.
Seg und Inch wollten gerade mit ihren Damen eine Diskussion anzufangen. Ich schüttelte den Kopf und überredete sie, sich an Deck zu begeben. Hier oben stellten wir nur gut sichtbare Zielscheiben dar.
Delia erschien an der Falltüröffnung. Sie mußte einen Weg gefunden haben, die Öffnung von der Wand der Turmspitze aus zu erreichen, die jetzt den Boden bildete. Sie winkte mir tapfer zu und band sich das Seil um. Die ganze Zeit über hatte die Spitze klagende, kreischende Geräusche verursacht, als Holz gegen Holz rieb und splitternd brach. Sie sank tiefer, und die Trümmer bogen sich deshalb, so daß Delia nun schräg nach oben klettern mußte. Ich ließ sie nicht aus den Augen, als sie mit sauberer und kraftvoller Zielstrebigkeit auf mich zu kletterte. Vorsichtig gab ich dem Seil genug Raum, damit sie in ihrer Bewegungsfreiheit nicht behindert wurde, doch ich war – sollte sie fallen – sofort bereit, sie einzuholen.
Sie fiel nicht.
Die ganze verdammte Turmspitze fiel.
Das runde hohle Gebilde traf mit einem reißenden, glockenähnlich dröhnenden Geräusch auf das Schanzkleid. Ich knirschte mit den Zähnen. Das dumpfe Poltern war kein Abschiedsgeläut – niemals! Die komplette Konstruktion verschwand in der Tiefe, und Delia klammerte sich affengleich an dem pendelnden Seil fest. Sie trug keinen Fliegersicherheitsgurt – schoß aber auf die Überreste des Turms zu.
Meiner Erinnerung nach fiel ich die Leiter an den Trümmern eher hinunter, als daß ich sie hinabkletterte. Ich erinnere mich, daß mir die Hände schmerzten. Doch das wurde mir erst später bewußt.
Ich erreichte die Trümmer neben Delias schwingender Gestalt in allerletzter Sekunde. Meine ganze Umgebung verschwamm in einem gespenstischen Schimmer. Wie ich schon früher erwähnt habe, es nun erwähne und zweifellos in der Zukunft erwähnen werde, ist Delia von Delphond weder ein schwaches, einfältiges weibliches Wesen noch die kreischende Blondine zahlloser Romane. Delia ist resolut, schnell, hat einen scharfen Verstand – natürlich einmal abgesehen davon, daß sie die schönste Frau auf zwei Welten ist – und sah, was nun passieren würde. Alles geschah in kaum meßbarer Zeit. Sie würde mich mit rippenbrechender Gewalt treffen und uns beide ernsthaft verletzt zur Seite schleudern. Also schwang sie ihren prächtigen Körper in den wenigen Augenblicken, die ihr noch blieben, mit einer Reihe geschmeidiger Bewegungen so zur Seite, daß sie mich haarscharf verfehlte. Mit ruhigen, genauen und eleganten Bewegungen setzte sie ihren Körper als Pendelgewicht ein und schoß an mir vorbei.
Als der Schwung sie zurücktrieb, fing ich sie mit den Armen auf und drückte sie so fest wie möglich an die Brust.
Sie sagte: »Die Shanks sind lästig, mein Lieber. Sie schießen noch immer auf uns.«
Im gleichen Moment bohrte sich ein Pfeil in das zersplitterte Holz neben uns.
Ich hätte mir die alberne Frage »Alles in Ordnung?« sparen können. Außerdem war dafür keine Zeit. Hals über Kopf polterten wir die Leiter hinunter aufs Deck. Die Welt des Vollers mit den Schreien und Rufen, dem beißenden Blutgestank und den gewalttätigen Auseinandersetzungen wurde mir schlagartig wieder bewußt.
»Oby hat die Kontrolle verloren, nur die Steigfähigkeit ist ausgenommen ...«
»Kann man nichts wegen der Bronzekästen unternehmen?«
»Ich habe meinen Lendenschurz um den Riß gewickelt. Das verhindert, daß der Schaden größer wird – aber das ist auch schon alles.«
»Dann müssen wir das Schiff der Shanks erobern!«
Inmitten des Lärms und des Durcheinanders der Schlacht traf sie bescheiden diese einfache Feststellung und nannte damit den einzigen Ausweg aus der Katastrophe, der uns noch blieb.
Der Feind hatte seinen Flieger so in Stellung gebracht, daß seine unterste Galerie über unser Heck hinausragte. Die Shanks sprangen mit ihrem schrecklichen Kriegsschrei an Bord.
»Ishti! Ishti!« Die kreischende, rasende Masse der Fischgesichter griff an.
Wir begegneten ihr mit einer Mauer aus Stahl und warfen sie mit einem Vorstoß zurück, der noch wilder und härter war als der ihre. Inch mähte sie nieder. Seg schoß sie zusammen. Balass stürmte durch einen Korridor zur
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