Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
41 - Unter heisser Sonne

41 - Unter heisser Sonne

Titel: 41 - Unter heisser Sonne Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
Vom Netzwerk:
gab sich der Hoffnung hin, daß man einen baldigen Erfolg bemerken werde.
    Da kam sporenklirrend ein Offizier die Gasse herab und trat in das Haus. Er schritt direkt durch den Flur hinaus nach dem Hof und blieb vor dem Posten stehen.
    „Bürger Soldat, wie heißest du?“ fragte er kurz und barsch.
    „Etienne Girard“, antwortete der Gefragte salutierend.
    „Nun wohl, Bürger Girard, öffne mir die Tür, welche zu dem Gefangenen führt!“
    Der Soldat gehorchte ohne Widerrede. Der Offizier blieb vor dem Eingang stehen und befahl dem Priester:
    „Bürger Martin, folge mir! Du sollst die Ehre haben, vor dem General zu erscheinen, welcher dich draußen in der Schanze sprechen will.“
    Der Gefangene erhob sich und verließ still und gehorsam die Kammer. Der Offizier schob dem Soldaten ein versiegeltes Papier in die Hand und gebot ihm:
    „Hier die Bescheinigung, daß du mir den Gefangenen übergeben hast, Bürger Girard. Du wirst sie dem Bürger Colonel Bonaparte einhändigen, sobald er zurückgekehrt ist; für jetzt aber bist du abgelöst.“
    Er entfernte sich mit dem Priester und schritt mit ihm an den Militärgruppen vorüber, zur Stadt hinaus. Draußen aber änderte er die Richtung und schwenkte links ab in das Feld hinein; an einer einsam gelegenen Stelle angekommen, blieb er halten.
    „Bürger Martin, du stehst vor deinem Richter“, sprach er mit derselben strengen Stimme, mit der er vorher gesprochen hatte.
    Der Priester blickte auf.
    „Du?“ fragte er. „Du wolltest mein Richter sein?“
    „Ja. Aber ich bin dir ein gerechter Richter; ich spreche dich frei.“ Und in völlig verändertem Ton setzte er lachend hinzu: „Vraiment, sogar dieser gute Pater Martin hat mich nicht erkannt!“
    Bei dieser Stimme fuhr der Priester überrascht empor.
    „Surcouf, Robert Surcouf, ist es möglich!“ rief er.
    „Pst, leise!“ warnte der andere. „Da drüben gibt es Leute, welche sich sehr für uns interessieren.“
    „Aber wie kommst du zu mir? In dieser Uniform? Weißt du, daß dein Spiel ein sehr gewagtes ist?“
    „Gewagt? Ah pah! Diese Herren Maler, Ärzte, welche es sich beikommen lassen, den General zu spielen, sind mir nicht gefährlich; aber vor diesem kleinen Colonel Bonaparte muß man sich ein wenig in acht nehmen. Du fragst, wie ich zu dir komme. Glaubst du etwa, daß Robert Surcouf der Mann ist, einen guten Bekannten sitzenzulassen? Und diese Uniform? Haha, sieh sie dir einmal genauer an! Es ist der Rock eines Douanier, eines Zollwächters, der ihn ausgezogen hat, weil er ihn auf dem Schafott nicht mehr brauchte. Ich habe auch gute Freunde und Bekannte, auf welche ich mich verlassen kann. Ich werde ein wenig hinein nach Toulon gehen, um zu sehen, was zu machen ist.“
    „Tu dies ja nicht. Du wagst dein Leben!“
    „Sorge dich nicht um mich. Ich weiß ganz genau, was ich wage. Jetzt handelt es sich ganz allein um dich. Du bist frei. Wohin gedenkst du dich zu wenden?“
    „Ehe ich dich traf, hatte ich die Absicht, die italienische Grenze zu erreichen. Drüben wird man für mich sorgen.“
    „Du sollst sicher hinüberkommen, mein guter Pater Martin. Ich habe da einige wackere Leute, welchen du nach Frejus folgen wirst; sie werden dich auf einem Fahrzeug hinüberbringen.“
    Er stieß einen leisen Pfiff aus, worauf zwei Gestalten aus dem Dunkel der Nacht auftauchten.
    „Hier ist der würdige Pater Martin, ihr Leute. Ich übergebe ihn euch, weil ich weiß, daß er in euren Händen ebenso sicher ist wie in den meinigen. Und nun gebt mir meinen Rock, und nehmt diesen dafür zurück. Und jetzt, frommer Vater, wollen wir Abschied nehmen. Wir werden beide dieses Land verlassen, aber unsere Wege werden wohl nie wieder zusammentreffen. Beten Sie für mich, denn das Gebet des Gerechten vermag viel, wenn es ernstlich ist, und ich werde es ja brauchen können!“
    „Gott segne dich, mein Sohn! Ich – – –“
    Er sprach nicht weiter, denn Surcouf war bereits im Dunkel der Nacht verschwunden, hatte ihm aber vorher etwas in die Hand gedrückt. Der Priester fühlte, daß es Geld war; er mußte den beiden Schiffern folgen, ohne es zurückweisen zu können.
    Eine halbe Stunde später kehrte Bonaparte von der Schanze in das Quartier zurück, und Etienne Girard beeilte sich, ihm das Schreiben zu überreichen. Es enthielt allerdings eine Empfangsbestätigung; es lautete:
    „An den Bürger Colonel Bonaparte.
    Ich bestätige hiermit den richtigen Empfang eines Mitgefangenen, des frommen Paters Martin. Ich

Weitere Kostenlose Bücher