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41 - Unter heisser Sonne

41 - Unter heisser Sonne

Titel: 41 - Unter heisser Sonne Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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auf das genaueste, doch umsonst; es war inzwischen zuviel Zeit vergangen.
    „Wir können gar nichts anderes als eine Entführung annehmen“, sagte ich. „Deine Tochter ist über die Mauer geholt worden; aber heut, nach sechs Tagen, ist keine Spur mehr von ihr vorhanden. Ich zweifle gar nicht daran, daß irgendein Zeichen zu entdecken gewesen wäre; das aber ist durch die Leute des Pascha verwischt und unkenntlich gemacht worden. Sie verstehen sich nicht darauf. Nimmst du auch eine Entführung an?“
    „Ja.“
    „Und hast du keinen Verdacht?“
    „Ich habe einen.“
    „Welchen?“
    „Der Pascha hat mir verboten, davon zu sprechen, weil ich dadurch leicht alles verderben kann; dir jedoch darf ich mein Vertrauen schenken, denn du bist verschwiegen. Es gibt nämlich einen, der meine Tochter zu seinem Weib machen wollte.“
    „Ah! Wer ist das?“
    „Ein Gharib (Fremder), der mein Gast war und mir die Gastfreundschaft dadurch vergalt, daß er mir das Herz meines Kindes entfremdete.“
    „Entfremdete? So ist es ihm gelungen, sich die Zuneigung Rahels zu erwerben?“
    „Ja. Ich wies ihm die Tür. Ehe er mein Haus verließ, gelang es ihm, Rahel zu beruhigen und sie zu überzeugen daß sie trotzdem sein Weib sein werde. Daher war sie später heiter und grämte sich nicht. Sie hatte sogar den Mut, später sehr oft mit mir von ihm zu sprechen.“
    „Verließ er Mursuk gleich?“
    „O nein, sondern er zog zu einem Mameluken, bei dem er noch mehrere Wochen wohnte.“
    Ich mußte unwillkürlich an Forster denken und fragte:
    „Wie heißt der Mameluk?“
    „Alaf.“
    „Ah! Und der Fremde?“
    „Er nannte sich Forster und war aus dem Bilad Amirika.“
    „Maschallah! Also der!“ rief ich aus.
    „Kennst du ihn?“ erkundigte er sich schnell.
    Ehe ich antworten konnte, kam ein Schwarzer in den Garten und meldete seinem Herrn, daß er schnell zu dem Pascha kommen solle, der ihm Wichtiges mitzuteilen habe.
    „Da gehst du mit, Effendi!“ forderte mich Manasse auf. „Du mußt es mit hören und dann mit beraten.“
    Zehn Minuten später standen wir vor dem höchsten Beamten des Padischah. Er teilte dem Juden mit, daß der Entführer ergriffen sei, und auf ein Zeichen von ihm brachte man den Missetäter gefesselt hereingeführt. Man denke sich mein Erstaunen, da es kein anderer als – Forster war!
    Dieser befand sich in einem Zustand größter Aufregung. Als er mich erblickte, zerrte er an seinen Fesseln und rief mir in deutscher Sprache zu:
    „Welch ein Glück, daß Sie da sind! Denken Sie sich: Kaum bin ich bei meinem Wirt abgestiegen, so schickt dieser Kerl fort, und es kommen Soldaten, die mich arretieren! Ich soll Rahel, die Tochter Manasses, heimlich entführt haben.“
    „Ich weiß es. Sie lieben dieses Mädchen?“
    „Ja. Ich habe es Ihnen verschwiegen, bin aber jetzt gezwungen, es Ihnen zu gestehen. Ist sie wirklich fort?“
    „Ja.“
    „Wohin?“
    „Das weiß man nicht.“
    „Alle Teufel! Machen Sie mich von diesen Fesseln frei und ich werde sofort beginnen, ganz Tripolis zu durchstöbern und nicht eher ruhen, als bis ich sie gefunden habe!“
    Es wurde mir nicht schwer, seine stürmische Bitte zu erfüllen, denn ich konnte bezeugen, daß er sich am Tag der Entführung weit weg von hier und bei mir befunden hatte. Dem Pascha war es freilich nicht angenehm, zu hören, auf was für einem Irrweg er sich befunden hatte. Forster zürnte natürlich dem Vater seiner Geliebten, der daran schuld war, und dieser konnte nicht umhin, ihn um Verzeihung zu bitten, und so kam es, daß beide sich versöhnten, noch ehe sie die Residenz des Pascha verlassen hatten.
    Nun waren wir gerade- und genauso klug wie vorher und kehrten nach Manasses Wohnung zurück, um zu beraten. Wir sannen hin und sannen her und strengten allen unseren Scharfsinn an, kamen aber zu keinem Resultat, bis Forster Manasse fragte: „Gibt es hier in Mursuk jemand, der sie zu besitzen begehrte? Vielleicht ist sie noch hier in der Stadt verborgen.“
    „Ich wüßte keinen.“
    „Gab es auch sonst keinen Bewerber, meinen Freund hier ausgenommen?“ erkundigte ich mich.
    „Nein, denn den Tedetu darf ich nicht als einen solchen betrachten.“
    „Der Tedetu? Wer ist das?“
    „Ein Anführer der Tibbu, welcher früher in Geschäften einige Male bei mir war.“
    „Was! Hieß der Mensch Tahaf?“
    „Ja, du kennst ihn, Effendi?“
    „Ja. Sag schnell, wann er zum letzten Mal bei dir war! Es ist von großer Wichtigkeit.“
    „Am Tag, bevor mein Kind

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