41 - Unter heisser Sonne
verschwand.“
„Ah! Was wollte er bei dir?“
„Er wollte mit mir von dir sprechen.“
„Von mir? Was? Und das sagst du mir erst jetzt!“
„Ich wollte es ganz verschweigen, weil ich glaubte, dich damit beleidigen zu können.“
„Mich beleidigen? Was war es denn?“
„Er hielt dich für den Asik (Geliebter, Verlobter) meiner Tochter.“
„Mich? Wie kam er auf diesen sonderbaren Gedanken?“
„Er hatte es von dem Wirt der Karawanserei gehört.“
„Und glaubte es?“
„Ja. Darf ich ganz aufrichtig mit dir sein, Effendi, da es sich um eine so wichtige Sache handelt?“
„Ich fordere es sogar von dir!“
„Du bist volle fünf Wochen mein Gast gewesen, und meine Dienerschaft hat erzählt, wie gut und freundlich du gegen Rahel warst.“
„Und da hat man mich für ihren Verlobten gehalten?“
„Ja, doch ohne daß ich es ahnte. Du verzeihst es doch?“
„Ich habe nichts zu verzeihen. Sag' mir vor allen Dingen, in welcher Beziehung du zu dem Tedetu Tahaf standest!“
„Ich hatte einige Male Tauschgeschäfte mit ihm. Ich war der Ansicht, daß er so ein wenig Räuber sei, da aber die Tibbu alle den Raub für keine Schande und kein Verbrechen halten, so ging es mich nichts an.“
„War er bei seinen geschäftlichen Besuchen vielleicht stets nur kurze Zeit bei dir?“
„Nein, sondern er war stets mein Gast.“
„Auch des Nachts?“
„Ja.“
„So kannte er wohl Rahels Gewohnheit, des Abends in den Garten zu gehen?“
„Ja; er hat sie dahin begleitet und mit ihr gesprochen, doch nur in meiner Gegenwart.“
„Sie hat ihm gefallen?“
„So sehr, daß er sie zur Frau begehrte.“
„Er, der Mohammedaner?“
„Die Tibbu sagen, daß das Weib keine Seele habe; eine Frau kann nicht in das Paradies gelangen; darum ist es gleichgültig, ob sie an Mohammed glaubt oder nicht.“
„Du hast ihn natürlich abgewiesen?“
„Ja.“
„Erregte das nicht seinen Zorn, seine Rache?“
„Er ließ sich nichts merken, kam aber dann nicht mehr zu mir. Bei seinem Besuch in voriger Woche habe ich ihn seitdem zum ersten Mal wiedergesehen.“
„War er denn nicht leidend?“
„Er trug den rechten Arm in der Binde und sah aus wie ein Mensch, welcher krank gewesen ist.“
„Ah! Er muß eine sehr starke Natur besitzen, da er trotz seiner Verwundung direkt und ohne längeres Ausruhen nach Mursuk geritten ist.“
„Du weißt, daß er verwundet ist?“
„Ja; wir werden es dir erzählen. Zunächst aber möchte ich wissen, auf welche Weise er mich kennengelernt haben will. Das muß er dir doch gesagt haben, da er extra zu dir gekommen ist, um von mir zu reden.“
„Er begegnete dir in der Wüste und sagte dir, daß er nach Mursuk wolle; da gabst du ihm den Auftrag, zu mir zu gehen und mich von dir zu grüßen.“
„So! Du sagtest ihm, daß ich nicht Rahels Verlobter sei?“
„Ja, aber er glaubte es nicht.“
„Schön! So weiß ich nun, woran ich bin. Wir haben die Spur gefunden. Er hat deine Tochter geraubt.“
„Dieser – – – Tedetu?!!“
„Ja.“
„Allah! Denkst du das wirklich?“
„Ich glaube es nicht nur, sondern ich bin vollständig überzeugt davon. Er will sich rächen!“
„An mir?“
„An dir, weil du ihm Rahel abgeschlagen hast, und an mir, weil er von mir besiegt worden ist.“
„Von dir?“
„Ja; den verwundeten Arm, den du gesehen hast, hat er mir zu verdanken.“
„Wer hätte das gedacht! Wie ist das zugegangen?“
Ich erzählte es ihm und fügte, als ich fertig war, hinzu:
„Ich behaupte also, daß er der Räuber deiner Tochter ist und denke, daß du mir recht geben wirst.“
„Unrecht kann ich dir freilich nicht geben, aber ein Beweis ist noch nicht vorhanden.“
„Den werden wir sogleich holen.“
„Wo?“
„Bei dem Wirt der Karawanserei, von dem du vorhin gesprochen hast.“
„Meinst du etwa, daß er diesem etwas von seinem Vorhaben mitgeteilt hat?“
„Nein, das ist ihm gewiß nicht eingefallen.“
„So kann er nichts beweisen!“
„Warte es ab! Ich habe dir doch erzählt, daß die Tibbu als Pilger nach Kaïrwan wollen.“
„Allerdings; aber ich denke, daß sie diesen Vorsatz jetzt aufgegeben haben werden.“
„Aus welchem Grund?“
„Wegen meiner Tochter.“
„Gewiß nicht!“
„O doch! Sie können eine Gefangene nicht so viele Tagereisen mit sich nach Kaïrwan schleppen, sondern sie haben sie nach ihrem Duar gebracht.“
„Das glaube ich nicht. Wo ist Tahafs Duar?“
„Wer weiß es! Er sagte einmal, daß er gar
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