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41 - Unter heisser Sonne

41 - Unter heisser Sonne

Titel: 41 - Unter heisser Sonne Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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dieser guten, heiligen Stadt es eine Chassa esch schanuf zur Aufrechterhaltung der Ordnung und zur Bewachung der Moschee gibt.“
    „Eine Ehrengarde? Das ist wahr. Aber, Sie wollen doch nicht etwa so verwegen, so tollkühn sein –?!“
    „Natürlich will ich das. Je größer die Kühnheit, desto kleiner die Gefahr. Wir stellen uns den Herren Offizieren dieser Garde vor.“
    „Ein Gedanke, der beinahe an Wahnsinn grenzt!“
    „Aber er ist nicht übel. Haben Sie Vertrauen zu ihm!“
    „Meinetwegen; tun Sie, was Sie wollen!“
    „Und Sie tun mit?“
    „Ja; ich kann doch nicht anders.“
    „Gut! Kommen Sie!“
    Ich muß bemerken, daß wir uns ganz wie fromme Muselmänner trugen; sogar Gebetsteppiche hatten wir mit; alles Europäische, besonders die Revolver, mußten wir verbergen. Die Sonne war im Untergehen, und eben bogen wir in die zweite Straße ein, da ertönte der Klang des Glockenbrettes, und der Munddin rief vom hohen Minareh herab:
    „Hai alas salah, hai alai felah; es salah cher min en nom; Allah akbar; la ilaha il Allah – auf zum Gebet, auf zum Heil; das Gebet ist besser als der Schlaf; Gott ist groß; es gibt keinen Gott außer Gott!“
    Alle auf der Straße befindlichen Menschen knieten augenblicklich nieder, um zu beten. Wir hielten an, sprangen von den Pferden, breiteten die Teppiche aus und ahmten die vorgeschriebenen Bewegungen nach. Unweit von uns betete ein alter Soldat; ich behielt ihn im Auge, und als die Zeremonie vorüber war, rief ich ihn herbei, stieg wieder in den Sattel und fragte ihn:
    „Du weißt, wo der Kommandant der Chassa esch scharuf wohnt?“
    „Ja, Herr“, antwortete er.
    „Wir sind Zubbat (Plural von Zabit – Offizier); führe uns zu ihm!“
    Er kreuzte die Hände über die Brust, verbeugte sich und gehorchte dann. Es wurde schnell dunkel; wir brauchten keine Sorge zu haben, erkannt zu werden. Wir wurden durch mehrere Gassen bis in die Nähe der Okba-Moschee geführt. Dort ging es durch ein Tor in einen Hof, wo wir abstiegen. Der Soldat verschwand, und bald darauf kam ein martialisch dreinschauender Kolarasi (Hauptmann), der uns nach unseren Wünschen fragte. Ich nannte zwei beliebige Namen und sagte, daß wir ein Mir Alai und ein Rejjis tabur (Oberst und Major) des Vizekönigs von Ägypten seien und uns pflichtschuldig hier meldeten, um zu fragen, wo wir wohnen könnten. Er bat um ein wenig Geduld, entfernte sich, kam aber eher schnell wieder und erklärte:
    „Der Muschir (Feldmarschall) hat eure Meldung mit Wohlgefallen entgegengenommen und läßt euch bitten, zu ihm zu kommen.“
    Die Ehrengarde zählte hundert Mann; ihr Kommandant nannte sich Feldmarschall – echt orientalisch! Er war ein alter Degenknopf, der uns, auf einer Matte sitzend, empfing. Wir mußten uns zu ihm setzen und bekamen Kaffee und Tabakspfeifen. Er richtete eine Menge Fragen an uns, von denen eine immer dümmer als die andere war. Wir antworteten in bescheidener Weise und machten dadurch einen so guten Eindruck auf ihn, daß er uns einlud, seine Gäste zu sein und bei ihm zu wohnen, was wir natürlich annahmen. Er ließ alle seine ‚Offiziere‘ kommen, deren er auf seine hundert Mann nicht weniger als zwanzig hatte. Man aß kaltes Fleisch und unterhielt sich über militärische Fragen, doch in einer Weise, daß wir Mühe hatten, ernst zu bleiben. Das Wohlwollen der ‚Herren Kameraden‘ wuchs von Viertelstunde zu Viertelstunde, und jeder von ihnen versprach uns, uns beim Pferdeeinkaufe nach Kräften behilflich sein zu wollen. Wir mußten viel vom Khedive erzählen, auch von der Khediva Emineh, welche die schönste Frau von Ägypten sei, doch lange nicht so schön wie die Warda (Rose) von Kaïrwan. Als ich fragte, wer diese Warda sei, antwortete mir ein jüngerer Mülazim (Lieutenant) ganz begeistert:
    „Sie ist erst vor kurzem aus Fezzan hier angekommen, eine Jüdin, die das Weib eines Tedetu werden soll, der sie zum Islam bekehren läßt, weil sie sonst sterben müßte. Sie geht nach der Art der dortigen Frauen nicht verschleiert, und jedermann kann die Wonne ihres Angesichtes trinken.“
    In dieser Weise sprach er einige Zeit fort, und die anderen stimmten ihm bei; sie waren ebenso begeistert wie er. Wir sahen einander heimlich an. Da hatten wir ja schon, was wir wollten! Ich sorgte durch kurze Fragen dafür, daß das Gespräch so lange bei diesem Thema blieb, bis wir alles erfahren hatten. Rahel wohnte nicht etwa mit Tahaf zusammen, sondern bei dem Weib eines Molla (Priester,

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