41 - Unter heisser Sonne
taugen nichts.“
„Bis Susa halten sie schon aus.“
„Bis Susa? Dahin kehren wir nicht zurück.“
„Nicht? Warum?“
„Weil wir da verloren wären.“
„Wieso?“
„Wir werden natürlich verfolgt. Können wir uns in Susa schnell genug auf ein Schiff retten?“
„Nein; das ist wahr! Es müßte ganz zufälligerweise gerade eines da sein.“
„Auch dann ist das Wagnis zu groß, denn wenn die Bemannung mohammedanisch ist, so liefert sie uns aus. Wir können nur auf dem Landweg fliehen, und zwar nach Sfax hinunter.“
„Da sind allerdings sehr gute Pferde nötig.“
„Die wir heut bei den Uëlad Selass kaufen.“
„Schon heut?“
„Ja und drei Sättel dazu.“
„Wir haben schon zwei.“
„Das ist so gut wie keiner. Wenn wir die ‚Rose‘ aus Kaïrwan entführen, so haben wir höchst wahrscheinlich keine Zeit, den Sattel von dem einen Pferd zu nehmen und ihn auf das andere zu schnallen; es ist vielmehr anzunehmen, daß wir um unser Leben reiten müssen. Es muß da alles klappen und vorbereitet sein. Auch einen Anzug müssen wir haben.“
„Für wen? Für Rahel wohl?“
„Natürlich! Kann sie mit uns in Frauenkleidern durch die Stadt gehen oder reiten?“
„Nein. Ich werde diesen Anzug sogleich besorgen; ich gehe nach dem Bazar der Kleiderhändler.“
„Wissen Sie, wo er ist?“
„Ich werde danach fragen.“
„Aber nehmen Sie sich in acht, damit Ihnen keiner von den Tibbu in den Weg kommt!“
Er führte auch das glücklich aus, denn er brachte schon nach kurzer Zeit einen vollständigen Anzug, welcher seiner ‚Rose‘ gewiß paßte; sie mußte in demselben wie ein hübscher vierzehnjähriger Knabe aussehen.
Nach dem Essen wurde eine kurze Mittagsruhe gehalten und dann ritten wir nach dem Lager der Uëlad Selass hinaus. Es begleiteten uns außer dem ‚Feldmarschall‘ noch mehrere Offiziere. Wir wurden gut aufgenommen und kauften drei windschnelle Pferde nebst vollständigem Sattelzeug, nahmen aber nichts mit nach der Stadt; die Tiere blieben draußen auf der Weide, und es wurde ausgemacht, daß wir sie abholen könnten, sobald wir sie brauchten.
Die ‚Herren Offiziere‘ waren außerordentlich kurzsichtig. Sie hätten sich doch fragen müssen, warum und wozu wir die drei Sättel brauchten; daß sie das nicht taten, ließ auf keinen großen Scharfsinn schließen. Aber ihre Klugheit sollte überhaupt auf keine lange Probe gestellt werden, denn die Entscheidung lag uns viel, viel näher, als wir beide dachten. Wir machten, als wir am Abend wieder allein beisammen saßen, verschiedene Pläne und wogen sie gegeneinander ab. Das war aber gar nicht nötig, denn die Frucht fiel ohne unser Zutun ganz von selbst vom Baum.
Wir wurden nämlich am nächsten Morgen von dem ‚Marschall‘ aufgefordert, mit ihm wieder die Moschee zu besuchen. Wir taten dies nicht gern, durften uns aber nicht weigern. In einem der Säulengänge trafen wir den Molla, welcher sich über diese Begegnung freute, uns die hervorragendsten Kapellen zeigte und uns dann einlud, ihn nach seiner Wohnung zu begleiten. Er hatte gestern bemerkt, daß ich in der mohammedanischen Literatur bewandert war, und wollte mir die selbstgefertigte Abschrift eines religiösen Werkes zeigen. Selbst wenn es möglich gewesen wäre, abzulehnen, hätten wir dies nicht getan, weil wir hofften, etwas über Rahel, die ‚Warda von Kaïrwan‘, zu erfahren. Wir gingen also mit.
Da saßen wir vier beisammen, der Molla, der Mudir, Forster und ich, und sprachen über das Buch; plötzlich ging die Tür auf, und wir sahen – – – Rahel, welche aus irgendeinem Grund bei dem ersteren eintreten wollte. Sie war zu jung und zu unerfahren, als daß sie sich hätte beherrschen und verstellen können, und ich sagte mir sofort, daß die Entscheidung gekommen sei.
Ich sprang auf, Forster ebenso. Rahel stand einige Augenblicke wie versteinert; dann schrie sie im hellen Entzücken auf:
„Mein Geliebter, mein Geliebter! Hamdullillah, ich bin gerettet! Ich bin erlöst! Du bist gekommen, wie ich dachte, und hast mich gefunden!“
Sie flog auf ihn zu und lag im nächsten Augenblicke an seiner Brust.
Die beiden Mohammedaner sprangen jetzt auch auf.
„Maschallah, sie kennen sich! Was ist das? Sie ist eine Jüdin und liegt in den Armen des Moslem!“ rief der ‚Feldmarschall‘.
„Sie, die Verlobte des Tedetu!“ fügte der Molla erstaunt hinzu. „Das ist Sünde; das darf nicht gelitten werden!“
Er wollte die beiden auseinanderreißen. Da
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