41 - Unter heisser Sonne
Lehrer), der ihr Unterricht im Islam erteilte. Tahaf kam nur zuweilen, um sich nach ihren Fortschritten zu erkundigen. Der Mülazim fügte lächelnd hinzu:
„Er hat sie nach der heiligen Stadt gebracht, um eine Moslemin aus ihr zu machen und sie dann als sein Weib wieder mitzunehmen; dies wird aber nicht geschehen. Sie ist unendlich schön und wird deshalb von jedermann die Warda, die Rose von Kaïrwan, genannt. Wenn sie rechtgläubig geworden ist, wird es hundert vornehme Männer hier geben, welche sie zu besitzen wünschen, und der häßliche Tedetu wird von ihr lassen müssen.“
Er ahnte nicht, daß der zukünftige Mann der Rose von Kaïrwan an meiner Seite saß. Es war sehr spät, als die Versammlung auseinanderging; dann führte uns der ‚Feldmarschall‘ höchst persönlich nach dem Zimmer, wo wir wohnen und schlafen sollten. Die ganze Einrichtung bestand aus einem in der Mitte liegenden Teppich und mehreren Kissen rund an den Wänden. Es läßt sich denken, wie befriedigt wir uns niederlegten. Von der großen Gefahr, in welche wir uns begeben hatten, war bis jetzt noch nichts zu spüren gewesen. Wenn es nicht schlimmer wurde, konnten wir zufrieden sein!
Am frühen Morgen führte uns der Mudir nach der großen Moschee. Dieses große Heiligtum war natürlich diejenige Sehenswürdigkeit, die wir zuerst aufsuchen mußten. Er führte uns überall herum und zeigte und erklärte uns alles. Hätte er geahnt, daß wir Christen waren!
Die sehr hohe und mit Türmen versehene Außenmauer ist geschmacklos und läßt den Glanz nicht vermuten, den sie umschließt. Die Moschee ist ein Meisterstück der arabischen Baukunst mit über dreihundert Granit-, Porphyr- und Marmorsäulen; sie hat zwanzig Türen und gegen hundert Kapellen; ihre Länge mag hundertfünfzig und ihre Breite hundertzwanzig Meter betragen. Leider konnten wir die Schönheit dieses Bauwerkes nicht genießen, denn es waren viele Menschen da, und wir befanden uns in immerwährender Sorge, daß ein Tedetu unter ihnen sein und uns verraten könne. Glücklicherweise war dies nicht der Fall. Auf dem kurzen Nachhauseweg kamen wir an einem offenen Tor vorüber; der Mudir deutete hinein und sagte zu unserer freudigen Überraschung:
„Da wohnt der Molla, bei dem sich die Rose von Kaïrwan befindet.“
„Wie heißt dieser fromme Mann?“ erkundigte ich mich in möglichst gleichgültigem Ton.
„Sein Ehrenname ist Abu Dijana (Vater der Frömmigkeit). Möchtest du ihn wohl kennenlernen?“
„Es würde meine Seele freuen, einen Allah so wohlgefälligen Gläubigen zu sehen.“
„Er ist mein Freund. Kommt mit herein! Es wird ihm wohltun, zwei so fromme Offiziere aus Misr (Ägypten) bei sich zu haben.“
Wir hatten großes, wirklich großes Glück. Wir trafen den Molla daheim; er war ein sehr ehrwürdiger Mann, mit dem wir wohl eine halbe Stunde sprachen. Von Rahel aber war nichts zu sehen und nichts zu hören. Wir durften von der Gunst des Glückes nicht zuviel verlangen.
Wieder daheim angekommen, nahm der Mudir uns mit in seine Wohnung, wo er beim wohlriechenden Tabaksrauch fragte, was wir in Beziehung auf unsere geschäftlichen Absichten zunächst zu tun gedächten. Er war selbstverständlich der Meinung, daß wir die Pferdekäufe im Auftrag des Khedive auszuführen hatten. Ich antwortete:
„Wenn ich mich nicht irre, weiden in der Gegend von Kaïrwan die Herden von zwei Stämmen, nämlich der Uëlad Krofila und der Uëlad Selass. Ist es so?“
„Ja, so ist es.“
„Welcher Stamm hat bessere Pferde?“
„Sie sind einander gleich; aber die Uëlad Selass sind uns näher, und ihr Scheik ist mir verpflichtet. Er würde euch sehr wohl beliefern. Wenn es euch recht ist, reite ich sehr gern mit euch hinaus.“
„Du würdest unseren Dank dadurch erhöhen.“
„Gut! Wann paßt es euch?“
„Sobald es dir gefällig ist.“
„So wollen wir es tun, wenn wir zu Mittag gegessen und geschlafen haben.“
Dieser Mann war wirklich höchst gefällig, und es tat mir im stillen leid, daß wir gezwungen waren, ihn zu täuschen. Als wir uns dann wieder in unserem eigenen Zimmer befanden, sprach Forster denselben Gedanken aus und fuhr dann fort:
„Wir können mit unseren bisherigen Erfolgen sehr zufrieden sein. Wir wissen, wo Rahel sich befindet. Wie aber kommen wir zu ihr, und wie bringen wir sie heraus?“
„Nichts leichter als das.“
„So? Also wie denn?“
„Davon später. Erst müssen wir Pferde haben.“
„Die haben wir doch!“
„Die jetzigen
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