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41 - Unter heisser Sonne

41 - Unter heisser Sonne

Titel: 41 - Unter heisser Sonne Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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er. „Wer ist es?“
    „Du bist es!“
    „Maschallah! Wie kann so ein armer Mann eine solche Summe besitzen oder gar verschenken! Aber sag, ob du das tun willst, was auf dem Zettel gestanden hat.“
    „Nein.“
    „Aber bedenke doch, Effendi! Ich habe dich gewarnt; du glaubtest mir nicht; jetzt warnt dich ein anderer; da mußt du es nun doch glauben!“
    „Es ist kein anderer.“
    Da wurde er zornig und rief: „Gut, denke, was du willst, und tu, was du willst! Was soll ich mich mit dir streiten?“
    Er hatte länger bei uns bleiben wollen, ging aber nun vor Ärger fort. Der Pfeifenreiniger machte diesmal ein sehr ernstes Gesicht und sagte: „Er hat doch vielleicht recht, Effendi. Es muß gegen dich etwas im Anzug sein.“
    „Warum?“
    „Du weißt, daß ich bei Tage nicht daheim bin; aber als ich in der Dämmerung nach Hause ging, erfuhr ich vom Nachbar, daß man sich nach dir erkundigt hat.“
    „Wer?“
    „Soldaten.“
    „Wann?“
    „Heut, gestern und auch schon vorgestern. Sie haben wissen wollen, ob der Effendi, welcher bei mir wohnt, ein Franke sei.“
    „Wer weiß, aus welchem einfachen Grund dies geschehen ist.“
    „Oh, Effendi, es ist hier nicht alles so, wie es sein sollte; es scheint in Kairo etwas vorgehen zu sollen.“
    „Was?“
    „Das weiß ich nicht; aber ich habe heut so manches beobachtet, was mir aufgefallen ist.“
    „So sag mir, was?“
    Er brachte Verschiedenes zum Vorschein, was er gesehen und gehört hatte, aber es war nichts dabei, was geeignet gewesen wäre, mich bedenklich zu machen.
    Am anderen Tag ging ich zu dem Silberarbeiter. Ben Musa Effendi war bei ihm gewesen und hatte meine gegenwärtige Wohnung erfahren. Warum war er nicht zu mir gekommen? Mochte der Grund sein, welcher er wollte, ich war nun sicher, endlich zu meinem Eigentum zu kommen, und spazierte befriedigt durch die Straßen und Gassen der Stadt.
    Da fiel mir nun allerdings auf, daß ich nicht so viel Leute wie sonst in abendländischer Kleidung sah, dafür aber desto mehr militärische Personen, welche ungewöhnlich beschäftigt zu sein schienen. Das konnte mich aber nicht beunruhigen.
    Gegen Abend kam ein Hammal (Lastträger), der mir endlich meinen Koffer brachte. Ich fragte ihn natürlich, von wem er ihn erhalten habe. Er zog einen Brief aus der Tasche, gab ihn mir und antwortete: „Ich darf es nicht sagen, Effendi. Vielleicht steht es in diesem Schreiben.“
    Er ging. Ich öffnete den Brief und las: „Ich sende Dir Deinen Koffer und bitte Dich, Kairo augenblicklich zu verlassen. Wer ich bin, das weißt Du. Meinen Namen darf ich nicht unterschreiben, denn käme dieser Brief in unrechte Hände, würde ich großen Schaden haben.“
    Das machte mich nun freilich stutzig. Ich erkannte Ben Musa Effendis Schrift. Warum mußte er seinen Namen verschweigen? Er warnte mich auch; ja, er tat sogar noch mehr: er forderte mich auf, die Stadt sofort zu verlassen. Der Bettler hatte also wohl nicht ohne allen Grund gesprochen.
    Ich öffnete den Koffer und fand, daß nichts fehlte. Sollte ich fort, oder sollte ich bleiben? Da ich jetzt meine Sachen hatte, hielt mich nichts mehr zurück; aber für heut war es zu spät; ich wollte warten bis morgen.
    Eben war nach eingebrochener Dunkelheit der Pfeifenreiniger heimgekommen; da ging die Tür wieder auf und ein junger, sehr gut gekleideter Mann trat ein. Mein Wirt war sichtlich erstaunt über diesen Besuch, verbeugte sich mit gekreuzten Armen sehr tief und rief: „Gibrail Bei! Welche große Ehre! Kommst du mit einem Befehl für den gehorsamen Reiniger deiner Pfeifen?“
    „Nein. Ich möchte wissen, ob der Mann, den ich hier bei dir sehe, der fremde Kara Ben Nemsi Effendi ist.“
    „Er ist's, o Herr.“
    Da verneigte sich Gibrail sehr höflich gegen mich und sagte: „Effendi, ich bin der Sohn von Abu Gibrail, welchem das große Haus auf der jenseitigen Gasse gehört. Ich habe erfahren, daß du klug und weise in allen Dingen bist, und soll dich bitten, jetzt einmal zu meinem Vater zu kommen, welcher mit dir zu sprechen wünscht.“
    „Worüber will er mit mir reden?“
    „Verzeih, Effendi! Er möchte es dir gern selbst sagen.“
    „Gut, ich gehe mit!“
    Abu Gibrail! Das war ja der Besitzer des großen Hauses, an welches hinten die Hütte des Bettlers stieß. Ich dachte zwar einen Augenblick lang an die mir gewordenen Warnungen, glaubte aber, gar nichts zu wagen, wenn ich jetzt mitging. Er führte mich durch eine Neben- in die Parallelgasse, wo ein Diener bereitstand,

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