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41 - Unter heisser Sonne

41 - Unter heisser Sonne

Titel: 41 - Unter heisser Sonne Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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eigenen Hand!“
    „Ist das nicht zuwenig?“ fragte der Mann enttäuscht.
    „Nein, es ist nicht zuwenig, sondern grad viel genug!“ antwortete der Bub.
    „Du hast zu schweigen!“ fuhr ihn der Blaue an.
    „Wer bekommt die Prügel? Ich oder du?“
    „Du!“
    „So kannst doch du nicht fühlen, ob es zuwenig ist oder zuviel!“ Und sich an den Pascha wendend, fügte er die Frage hinzu: „Ist es dein Ernst, das mit den zehn Streichen?“
    „Ja“, bestätigte dieser. „Für einen Gideon ist es eigentlich keine große Ehre, mit dem Stock gezüchtigt zu werden.“
    „Das meine ich auch!“ stimmte der Knabe bei. „Aber ich habe nun einmal das Unglück, die Rache nicht bloß auszugeben, sondern auch wieder einzunehmen! So bitte ich dich wenigstens um die Erlaubnis, erst mein Heldentum ablegen zu dürfen!“
    Das wurde ihm gestattet. Er ging in die Kaffee-Ecke, entledigte sich dort seiner kriegerischen Ausrüstung und kehrte dann zurück, um sich der improvisierten Strafrechtspflege zur Verfügung zu stellen.
    „Halte ihn!“ befahl der Pascha dem Vater. Dieser gehorchte. Er bog sich nach vorn, schob das linke Knie vor und legte den Inhaber der Blutrache quer darüber, in jener uns allen sehr wohl bekannten Weise, in der die Rückseite des Empfängers nach oben kommt. Thar ließ es mit sich geschehen, ohne sich zu sträuben und ohne ein Wort zu sagen. Der Pascha postierte sich quer dazu, holte aus und zählte die Hiebe, die ergab: „Eins – zwei – – –!“
    Er kam nicht weiter, denn jetzt stand meine Frau von ihrem Sitze auf, stellte sich mitten zwischen die Akteure hinein, so daß die Exekution unterbrochen wurde, und bat um Gnade. Der Pascha fragte, wer sie sei. Sie sagte es. Er besann sich einen Augenblick, verbeugte sich dann und antwortete, daß er ihre Bitte zwar mit Vergnügen erfülle, aber ganz unmöglich von der Zahl zehn, die er diktiert habe, abgehen könne, denn er pflege unter allen Umständen Wort zu halten. Die zwei bereits gegebenen Streiche freilich könne er nicht mildern, aber die noch ausstehenden acht möge nun sie verabreichen, und zwar ganz so, wie es ihr Herzensbedürfnis sei. Dabei reichte er ihr den Stock, trat zurück und winkte fortzufahren. Sie tat es, und zwar so, daß wir alle, den Delinquenten mit eingeschlossen, wohl zufrieden waren. Als sie sich dann nach dem Pascha umwandte, sah sie ihn nicht mehr. Er war inzwischen in den nebenanliegenden Laden zurückgekehrt. Der Mann aus Aïn Kahrim schickte sich zwar an, Einspruch zu erheben, doch Mustafa Bustani forderte ihn auf, in einer Stunde wieder zu kommen und sich ein Geschenk zu holen. Es fielen nur noch einige kurze Worte hin und her, dann ging der Landmann einstweilen befriedigt fort. Inzwischen flüsterte, da sein Vater es nicht hörte, der Bub uns beiden zu: „Er hat gelacht, aber sehr gelacht! Habt ihr es gesehen? Wie mich das freut!“
    Seine lieben, guten Augen leuchteten. Dann küßte er meiner Frau die Hand und sagte: „Ich danke dir für die acht, die du mir gegeben hast! Sie waren zart und mild wie Zuckergebackenes, in dem kein Pfeffer ist. Ich werde dir das nie vergessen. Du weißt, ich bin ein Held. Ich bitte dich, in jeder Not auf mich zu rechnen!“
    Hierauf zog er sich wieder in die Kaffee-Ecke zurück, um unter Beihilfe des Negers irgendeine neue Veränderung mit sich auszuführen. Sein Vater nahm wieder auf der Kiste Platz, um unsere unterbrochene Unterhaltung von neuem aufzunehmen. Den Schelmenstreich seines Lieblings tat er mit den lächelnden Worten ab: „Er war der ‚Auserwählte‘ seiner Mutter. Die sah ihm alles nach! Und übrigens ist er wirklich sehr hochbegabt; der Pascha mag es glauben oder nicht!“
    „Wie ist er nur zu dieser sonderbaren Liebe zur Farbe gekommen?“ erkundigte ich mich. „Oder war das früher schon?“
    „Nein“, antwortete er. „Mein Kaffeeneger hier und meine schwarze Köchin sind Eheleute. Die haben einen Jungen, der seit einiger Zeit zu einem Tüncher in die Lehre geht. Daher das lebhafte Interesse meines Knaben für das bunte Reich der Farben. Mir scheint, er ist zum Künstler geboren. Natürlich sind vorerst nur die Anfänge zu sehen, aber die verraten schon so viel, daß ich denke, mein schönes liebes einträgliches Geschäft wird einst in fremde Hände übergehen müssen. Der Islam ist zwar der Ab- oder Nachbildung des menschlichen Körpers nicht zugeneigt, doch bietet die übrige Schöpfung so sehr viel des Großen und Schönen, daß für Thar und seine

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