41 - Unter heisser Sonne
kühl und stärkend; das müssen wir benutzen. Come on, setzt Euch auf; wir wollen machen, daß wir aus dieser verteufelten Steppe heraus und in ein Land kommen, wo es ein wenig Gras und einige Bäume gibt!“
„Willst du nicht zuvor ein Stück Fleisch nehmen? Ich bin damit zur Genüge versehen.“
„Gebt her! Doch das läßt sich im Gehen tun.“
„Im Gehen! Nein, du sollst auf das Pferd. Ich bin besser auf den Füßen.“
„Meint Ihr etwa, Tim Summerland, der alte Trapper und Goldsucher, setzt sich wie St. Mary auf den Esel und läßt Euch als Josef daneben herhumpeln bis in den Distrikt Mesopotamien hinein? Da irrt Ihr Euch gewaltig. Ich habe eine Portion Wasser bekommen und werde laufen wie ein Cheyennehäuptling. Das Tier ist Euer; darum müßt Ihr reiten!“
„Well, so wechseln wir ab. Aber die Richtung, Tim, über die müssen wir uns doch vorher einigen!“
„Nord und Süd kenne ich genau und Ihr jedenfalls auch; aber das ist nicht genug. Die Hauptsache ist, zu wissen, nach welcher Gegend wir das grüne Land am schnellsten erreichen.“
„So sag deine Meinung. Du kennst ja den Estacado besser als ich.“
„Hm, wenn die Pfähle nicht fortgewesen wären, so könnte man sich leicht entscheiden; so aber muß man sich sehr besinnen, um nicht vielleicht gar noch tiefer in die Wüste zu geraten.“
„Ich schlage Nordostnord vor. In dieser Richtung sah ich vorhin einige Coyoten laufen. Kein Raubtier kann lange ohne Wasser sein, und ich vermute, daß dorthin welches zu finden sei und infolgedessen Vegetation und Futter für das Pferd.“
„Ihr seid ein Dichter, Sir, und solchen Gentlemen ist nicht viel Praktik zuzutrauen, weil sie gewöhnlich ganz wo anders zu Hause sind, als gewöhnliche Menschenkinder, die keine Verse machen. Das hätte ich beinahe auch von Euch gedacht; jetzt aber muß ich Abbitte tun, denn ich sehe, daß Ihr das Auge dort habt, wo es hingehört. Vorwärts also, nach Nordostnord!“
„Nimm vorher den Stutzen und mein Bowiemesser; die Büchse und den Tomahawk behalte ich für mich. Auch muß ich laden. Man kann nicht wissen, was einem begegnet.“
„All right! Gebt her, ich werde Eurem Schießzeug keine Schande machen.“
Nach einem kurzen Aufenthalt des Ladens verließen sie den Ort, der ihnen so verhängnisvoll hätte werden können. Das Pferd war vollständig munter und wohlauf und trug seinen Reiter mit der früheren Leichtigkeit; doch war zu denken, daß dies nur eine vielleicht bald vorübergehende Folge des Regenbades sei. Es hatte seit längerer Zeit kein Gras gehabt, und die zurückgekehrten Kräfte konnten nur durch ein baldiges Futter erhalten werden.
Dennoch hielt es brav aus bis gegen Abend, wo alle Anzeichen verrieten, daß es wieder zu ermatten beginne.
Summerland blieb stehen und streckte den Kopf vor; ein eigentümlicher Geruch machte ihn aufmerksam. Auch Forster sog die Luft ein.
„Kaktus“, meinte er, „wir müssen ihm ausweichen.“
„Ausweichen? Das fällt dem Tim Summerland gar nicht ein. Gerade hin zu ihm müssen wir; das ist so sicher wie meine Mütze.“
„Warum?“
„Weil er durch den Regen saftig geworden ist –“
„Hast recht, Tim“, fiel Forster ein, um die Blöße zu vermeiden, die er sich beinahe gegeben hätte. „Die Schale mit den Stacheln herunter, wird er vielleicht vom Pferd gefressen.“
„Wenn es die richtige Art ist. Also immer geradeaus!“
In kurzer Zeit war die Kaktusoase erreicht. Die Pflanzen hatten meist Kugelform, und nach dem Schälen blieb das innere Fleisch zurück, welches das Pferd zwar zu anderer Zeit verschmäht hätte, jetzt aber mit Begierde fraß. Als es seinen Hunger gestillt hatte, wurde der Ritt wieder aufgenommen und bis in die späte Nacht hinein fortgesetzt. Jetzt waren Menschen und Tier so ermüdet, daß man Rast halten mußte.
Aber kurz nach Tagesanbruch ging es schon wieder weiter, und zu Mittag zeigten sich zur unermeßlichen Freude der beiden Männer zwischen dem Sand einzelne vertrocknete Exemplare des kurzen, lockigen Büffelgrases. Je weiter sie kamen, desto geschlossener wurde die Vegetation, und endlich trat die Steppe ganz zurück, um der grünenden Prärie Platz zu machen.
Jetzt waren sie gerettet. Das Pferd schwelgte förmlich in dem saftigen Futter, und die Jäger streckten sich in das frische kühle Grün, sich mit einer wahren Wollust dehnend und streckend. Dann wurde beschlossen, noch vor Nacht womöglich einen blaugrauen Streifen zu erreichen, welcher sich am nördlichen
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