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41 - Unter heisser Sonne

41 - Unter heisser Sonne

Titel: 41 - Unter heisser Sonne Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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mehr seine Kleidung mitgenommen, aber sein Gesicht zeigte eine jener nicht seltenen Trapperphysiognomien, in welchen sich der Ausdruck ungemeiner List und Verschlagenheit mit dem der Ehrlichkeit und Treue paart.
    „Was die Büchse betrifft, so kann schon jetzt geholfen werden“, meinte Forster. „Ich habe außer meinen Doppelläufer, einen famosen Stutzen dort am Sattel hängen, den du haben kannst, Tim; für Munition und Proviant ist gesorgt; nur Wasser, Wasser, das ist nötig, nicht bloß für uns, sondern noch vielmehr für mein Tier, ohne welches wir verloren sind. Aber, Gott sei Dank, du hast recht gehabt; die Wolke wächst zusehends; sie nimmt schon fast den halben Himmel ein, und ich glaube, vor dem Verschmachten sind wir nun sicher!“
    „Das ist so gewiß wie meine Mütze! In fünf Minuten kommt der Guß, Sir, das könnt Ihr glauben, denn Tim Summerland ist nicht zum erstenmal in der Todessteppe und kennt ihre Launen wie seinen Kugelbeutel. Macht nur, daß Ihr das Pferd anpflockt und das Pulver verwahrt, sonst ist's um beides geschehen.“
    Er nahm seine Mütze ab. Es war eine Kopfbedeckung, die ihresgleichen suchte. Von ihm selbst vor langen Jahren mittels Hirschsehnen aus einem Stück Bärenfell zusammengenäht, hatte sie wohl schon ursprünglich eine außergewöhnliche Form besessen; dann waren ihr im Laufe der Zeit die Haare bis auf einige zerstreute Troddeln abhanden gekommen, die lang und schmutzig braun an der nackten Haut hingen wie Blutegel, die sich in das Fell verbissen hatten; tausendmal vom Regen durchnäßt und ebensooft von der Sonne wieder getrocknet, hatte das Prachtstück jetzt eine geradezu unbeschreibliche Gestalt angenommen und lag auf dem Kopf, wie eine ausgedörrte Qualle oder ein Stück ausgelaugte und ausgebratene Dachpappe, welches die Hitze in Halbkugelform gezogen hat. Solche Ausrüstungsstücke sind in der Prärie gar nichts Seltenes; sie haben dem Besitzer ihre guten Dienste geleistet, werden von ihm heilig gehalten und selbst dann nicht abgelegt, wenn er auf kurze Zeit mit der Zivilisation in Berührung kommt.
    Zwar war die Luft jetzt noch schwüler als vorher, aber die beiden Männer fühlten sich schon durch die Hoffnung auf den Regen gekräftigt, und auch das Pferd hielt den Kopf schnaubend in die Höhe. Sein Instinkt ließ es die nahe Rettung erkennen. Es wurde fest angepflockt; Forster sorgte dafür, daß Proviant und Munition nicht von der Nässe erreicht werden konnten, und kaum war dies geschehen, so brach es los, nicht allmählich, wie in anderen Zonen, sondern plötzlich wie ein See, der vom Himmel stürzt und alles in die Erde schlagen will. Die Jäger tauchten bei dem ersten Druck der furchtbaren Tropfenmasse förmlich auf den Boden nieder; dann aber hielt Summerland seine Mütze verkehrt dem niederströmenden Element entgegen. In wenigen Augenblicken war sie gefüllt.
    „Cheer up, Sir, nehmt Euren Hut, und macht's wie ich! Auf Euer Wohl und dasjenige des alten Tim Summerland!“
    Er goß das Wasser, trotzdem es verschiedene Ingredienzen in der Kopfhaut vorgefunden hatte, in den weitgeöffneten Mund, schnalzte mit der Zunge, als habe er einen Humpen echten New-Hampshire-Whisky ausgeleert, und hielt die Bärenhaut wieder empor, um den labenden Trunk zu wiederholen.
    Forster folgte der Aufforderung. Die trotz der dichten und ausgetrockneten Kleidung bald bis auf die Haut durchdringende Nässe wirkte auf seinen Körper wie Balsam auf eine offene Wunde. Die ganze Fülle der früheren Kraft und Freudigkeit kam über ihn, und auch das Pferd wieherte laut und schlug vorn und hinten aus, um die Rückkehr des beinahe entwichenen Lebens zu erkennen zu geben.
    Weit über eine Stunde lang gossen die Schleusen des Himmels ihre Ströme unvermindert hernieder, dann hörte die Flut ebenso plötzlich auf, wie sie begonnen hatte.
    „'s death, war das eine Sintflut!“ meinte Summerland. „Ich wollte, die ganze Comanchen- und Pfahlmännersippschaft wäre darin ersoffen, wie der König Belsazar im Roten Meer, als er die Ägypter erschlagen wollte. Wie ist's Euch, Sir?“
    „So gut und wohlig, als säße ich in irgendeiner ‚dearness spelunk‘ von St. Louis oder Cincinnati“, antwortete der Gefragte mit einem heiteren Lächeln über die geschichtliche Verwechslung, deren sich sein Gefährte schuldig gemacht hatte. „Ich fühle mich so vollständig erfrischt und munter, daß ich sofort aufsteigen und davonreiten möchte.“
    „Wird auch das beste sein! Jetzt ist die Luft

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