Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
41 - Unter heisser Sonne

41 - Unter heisser Sonne

Titel: 41 - Unter heisser Sonne Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
Vom Netzwerk:
Prärie sein Roß im Wasser des Stromes tränkte, dehnt jetzt sein ‚weißer Bruder‘ sich in den weichen Flaumen und freut sich des Segens – vielleicht auch des Fluches der Gesittung, die einen ganzen, nach Millionen zählenden Menschenstamm erbarmungslos von der Erde streicht.
    Da, wo einige Meilen vor der Stadt die Berge zur Ebene niedersteigen, tummelte eine Kavalkade junger Herren und Damen ihre mutigen Pferde in dem elastischen, von gelben Helianthusblüten durchschossenen Gras. Der einzige, ältere Mann, der sich bei der Gesellschaft befand, zeichnete sich zugleich auch durch sein Äußeres von allen übrigen aus. Von ungemein dicker Statur, saß er auf einem Schimmel, der ihm an Körperumfang jedenfalls ebenbürtig war. Die Bewegungen der beiden so wohl zusammenpassenden Wesen hatte etwas Dickhäuterähnliches an sich, zu welchem die grellen Farben, in die sich der Reiter gekleidet hatte, außerordentlich possierlich standen. Er trug einen breitkrempigen, in schwarz und weiß geflochtenen Pferdehaarhut. Unter dem breitumlegten, steif gestärkten Hemdkragen war ein grün und lila gestreiftes Tuch in einen imposanten Knoten geschlungen und schickte seinen wohlgefalteten Zipfel bis auf die kostbaren Berloquen herab, welche klingend an der dicken Uhrkette baumelten. Das jetzt vom Ritt gerötete und mit großen Schweißperlen bedeckte Gesicht hatte einen höchst gutmütigen Ausdruck, doch konnte der eigentlich scharfe Zug um den Mund auch eine bittere Beimischung bedeuten und der kurze, dicke Nacken ein Zeichen hartnäckiger Ausdauer sein.
    Eben machten er und sein Schimmel eine keuchende Anstrengung, einer der Damen zu folgen, die, als die gewandteste von allen, mit tollen Kapriolen und Zickzackwendungen umherfegte, während ihr langer, blauer Schleier hoch in den Lüften flatterte. Wer sie eine reizende Erscheinung nennen wollte, hätte viel zuwenig gesagt; eine so wundervolle Schönheit durfte nicht jetzt während des kühnen Ritts, sie mußte im Augenblick der Ruhe und Beschaulichkeit beobachtet und dem Herzen eingezeichnet werden.
    „Halt ein, halt ein, Marga“, stöhnte der Bunte. Der Schimmel hatte eine fürchterliche Anstrengung gemacht und wirklich einen Satz fertiggebracht, der seinen Reiter vollständig aus der Contenance warf. „Du brichst den Hals, und ich, ich brech – brrr, stopp, ohohoho, du höllische Bestie!“
    Einer der Herren eilte herbei und half ihm wieder in eine sattelfeste Stellung.
    „Der Schimmel hat zu gute Pflege, Master Olbers. Laßt ihm etwas weniger Hafer geben, dann wird er nicht so unmäßig in die Welt hineinspringen.“
    „Der Hafer ist nicht schuld, sondern das böse Beispiel, welches selbst die besten Sitten verdirbt. Der Gaul verträgt seine Portion Körner ohne alle Anstrengung ebensoleicht, wie ich meine Flasche Madeira, die ich mir nicht nehmen lasse. Aber bei Eurem Springen und Jagen kann auch die zuverlässigste Kreatur unmöglich ruhig bleiben. Ich bitte Euch dringend, Sir, reitet hin zu meiner Tochter, und sagt ihr, daß ich sofort in Ohnmacht falle, wenn sie noch ein einziges ventre-à-terre riskiert!“
    „Laßt ihr das Vergnügen, Master. Es hebt den Mut, stärkt die Gesundheit, macht gewandt und, ganz unter uns gesagt, läßt Miß Marga in einem Licht erscheinen, dem kein wahrer Gentleman zu widerstehen vermag.“
    „Licht hin, Licht her; ich lobe mir die Sicherheit meiner gesunden Glieder, Master Wilson. Da seht einmal den Mann, der dort herüberkommt. Sein Pferd geht Schritt um Schritt, als hätte es die Blüten zu zählen, die es niedertritt, und wahrhaftig, es nimmt sich sogar hier und da ein Maul davon; er läßt das geduldig geschehen, hängt dabei vornüber im Sattel, als wolle er in die Mähne beißen, und scheint es ganz gleich nehmen, ob er heut nach Stenton kommt oder morgen. Der ist kein solcher Wagehals wir Ihr und Marga, und für die erste Rippe, welche er sich bricht, will ich Euch getrost bare fünfzigtausend Dollars versprechen!“
    „Meint Ihr?“ fragte der andere, mit einem forschenden Blick auf den noch fernen fremden Reiter. „Ich meine sehr, daß Ihr die Dollars bald verlieren könntet, denn der Mann hat jedenfalls schon mehr als eine Rippe gewagt.“
    „Hoëh! Er sieht ganz und gar nicht danach aus.“
    „Das meint Ihr, weil Ihr noch nie die Prärie betreten habt. Ich wette ganz dieselbe Summe, daß er ein richtiger Westmann ist, der noch andere Ritte, als Ihr gesehen habt, unternommen und dem Tod täglich in das Auge

Weitere Kostenlose Bücher