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41 - Unter heisser Sonne

41 - Unter heisser Sonne

Titel: 41 - Unter heisser Sonne Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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wieder herum und blickte einen nach dem anderen mit seinen vor Zorn sich dunkelfärbenden Augen an.
    „Will einer von dem Gentlemen noch Antwort haben?“
    Niemand regte sich, denn jeder der Herren mußte erkennen, daß diese Antwort augenblicklich und ganz in der vorhergehenden Weise erfolgen werde.
    „Keiner? Well, so sind wir eigentlich fertig. Doch will ich Euch warnen vor dem Wagnis, je wieder einen braven Westmann für den passenden Gegenstand eines Possenspiels zu halten; sein kleiner Finger ist mehr wert als Ihr alle; er sieht schon in der Ferne, was Ihr wollt, und weiß genau, wer lachen wird.“
    Schon stand er im Begriff fortzureiten, da zügelte er sein Tier bis vor Marga heran. Sein Gesicht nahm einen ganz anderen Ausdruck an; seine Hand zog ehrerbietig den Hut vom Kopfe; bewundernd glitt sein Blick über die holde, lichtvolle Erscheinung des Mädchens, und seine Stimme klang weich und halblaut:
    „Dank, Mylady! Ihr wart die Einzige, die nicht spotten wollte, und seid einer besseren Gesellschaft wert. Good bye!“
    Mit dem vollen Anstand eines wohlgeschulten Ladiesmann bedeckte er sich wieder, zog den gelockten Büchsenriemen fester an und ritt in kurzem, eleganten Galopp davon. Nicht ein einziges Mal sah er sich um, trotzdem es seinen Blick mit Gewalt nach rückwärts zog. Er hatte hier zum ersten Mal in ein Mädchenangesicht geblickt, von dem er sich gestand, daß er es nie vergessen werde. Als er die Stadt erreichte, stieg er in dem Gasthaus ab, dessen Schild ihm zuerst entgegenglänzte, übergab sein Pferd dem Stall keeper und begab sich in den Trinkraum, wo er die allgemeine Aufmerksamkeit durch die Hast erregte, mit welcher er nach den ausliegenden Zeitungen griff. Ein Trapper, der zu lesen versteht, kann beinahe als ein Mirakel betrachtet werden. Nach einiger Zeit winkte er dem Boardkeeper zu sich heran.
    „Wer ist Mutter Smolly?“
    „Kennt Ihr Mutter Smolly nicht, Master? Dann müßt Ihr noch niemals hier gewesen sein! Sie war das schönste Mulattenmädchen weit und breit, wurde freigegeben und heiratete einen reichen Mississippihändler, dessen Witwe sie nun ist. Sie ist die ehrbarste Frau der ganzen Stadt und überall als der Engel aller Notleidenden bekannt; darum wird sie von jedermann nicht anders als Mutter Smolly genannt.“
    Er dankte für die Auskunft und las noch einmal die Annonce, welche ihn zu seiner Frage veranlaßt hatte:
    „Ein wahrer Gentleman kann bei Mutter Smolly feine Wohnung mit Bibliothek und guter Kost erhalten.“
    Diese Offerte hatte, vielleicht gerade wegen ihrer sonderbaren Fassung, etwas Anziehendes für ihn. Er erkundigte sich noch nach der Wohnung der Mulattin, die nicht angegeben war, und beschloß, sie aufzusuchen.
    Das Haus, welches ihm bezeichnet wurde, lag in einer der schönsten und ruhigsten Straßen Stentons. Er klingelte am Entrée des Parterres, und aus der sich öffnenden Türlücke sah ein allerliebstes, dunkles Gesicht hervor.
    „Ist die Mutter Smolly daheim, mein Kind?“
    „Ja. Ich will sie rufen!“
    „Nein, melde mich an“, lächelte er über das Mißtrauen, welches seine Kleidung hervorgerufen hatte. „Ich habe längere Zeit mit ihr zusprechen.“
    „So bitte ich, zu warten!“
    Nach längerer Zeit und jedenfalls erst nachdem die Dienerin der Herrin den Besuch in das Einzelnste beschrieben hatte, wurde er eingelassen, aber auch nur bis in den Vorsaal, wo ihn eine dralle, außerordentlich sauber gekleidete Frau empfing, die vielleicht vierzig Jahre zählen mochte und deren Gesichtsfarbe ihre Abstammung von irgendeiner hübschen Coloured-Lady verriet.
    „Verzeihung, Mylady, wenn –“
    „Mutter Smolly, nicht anders, wenn ich bitten darf!“ fiel sie ihm schnell in die Rede.
    „Gut also, Mutter Smolly! Ich las da eine Annonce, daß Ihr eine feine Wohnung mit guter Kost zu vergeben habt.“
    „Allerdings. Aber habt Ihr auch gelesen, an wen?“
    „An einen wahren Gentleman.“
    „Also nicht an einen von den vielen, die sich so nennen, ohne es zu sein, sondern an einen, den ich mit Recht so nennen darf.“
    „Diese Sorte ist hier im Südwesten außerordentlich selten, Mutter Smolly.“
    „Dann bleibt mein Logis unvermietet. Ich nehme in mein Haus nur Leute, denen ich außer einer strengen Wirtin auch eine gute Mutter Smolly sein darf. Hat Euch jemand geschickt?“
    „Nein. Ich selbst beabsichtigte, bei Euch zu wohnen, wenn Eure Räumlichkeit mir und meine Person Euch gefällt.“
    Sie konnte ein leises Lachen nicht

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