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41 - Unter heisser Sonne

41 - Unter heisser Sonne

Titel: 41 - Unter heisser Sonne Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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geschaut hat. Ich kenne das, denn meine Besitzungen in Texas grenzen an die Savanne, und ich habe Gelegenheit, diese Leute zu beobachten und sogar ein wenig mitzutun. Gerade seine gebeugte Haltung kennzeichnet ihn als Jäger; so sitzen sie alle zu Pferd, denn anders wäre das ewige Reiten gar nicht auszuhalten.“
    „Ein Präriejäger? Ein Halbwilder? Den müssen wir anreden. Eine Unterhaltung mit ihm wird unseren Damen sicher viel Spaß machen.“
    „Ich denke auch. Laßt mich nur machen!“
    Der Sprecher war ein noch ziemlich junger und schöner Mann, dessen dunkel sprühende Augen ganz prächtig zu dem tiefschwarzen, wohlgepflegten Vollbart standen. Er war mit beinahe übermäßiger Eleganz gekleidet und saß mit seltener Leichtigkeit zu Pferd. Der breite Panamahut war ihm ein wenig aus der Stirn in den Nacken gerutscht und ließ eine dunkelrote Narbe sehen, welche sich von der Nasenwurzel bis unter die Haare zog. Einige laut gerufene Worte von ihm brachten die Gesellschaft zusammen.
    „Meine Ladies und Gents, ein Pläsir erwartet uns. Dort kommt ein Biberhauthaggler, den wir ein wenig ins Gebet nehmen wollen. Der Mann hat wohl noch nie eine wirkliche Lady gesehen und wird in schauderhafte Verlegenheit geraten über die Zumutung, uns Red und Antwort stehen zu sollen.“
    Der Vorschlag wurde von der übermütigen Versammlung mit Freude angenommen; nur die Tochter des Bunten protestierte dagegen.
    „Laßt ihn ruhig vorüber, Gentlemen! Der Mann hat Euch nichts getan und könnte sich verletzt fühlen!“
    „Verletzt?“ lachte Wilson. „Er soll es für eine Ehre halten, von so feinen Leuten angesprochen zu werden. Ich werde ihm das begreiflich machen!“
    Er wandte sein Pferd dem Reiter entgegen; die anderen folgten, und Marga war also gezwungen, sich ihnen anzuschließen, doch hielt sie sich zurück. Das Unternehmen des reichen Plantagenbesitzers stand im Widerspruch mit ihrer Art und Weise, zu denken und zu empfinden.
    Der Fremde war jetzt bis in Hörweite herangekommen, und ein mit dem Leben und den Gestalten der Prärie Unvertrauter würde geglaubt haben, daß die Gesellschaft noch gar nicht von ihm bemerkt worden sei, so unverwandt hielt er den Blick auf den Hals seines Pferdes gerichtet.
    „Good day, Mann“, rief Wilson. „Schlaft und träumt Ihr, oder sind Euch Eure letzten zwei Sinne abhanden gekommen?“
    Der Gefragte richtete sich blitzschnell in die gerade Stellung empor, und es war eigentümlich, mit welchem Blick sich die beiden begegneten. Das tiefblaue Auge des Jägers bohrte sich förmlich stechend in das Gesicht seines Gegenübers, und das dunkle Auge des Letzteren leuchtete wie unter einem plötzlichen Erkennen auf und warf einen vernichtenden Strahl unter die zerwalkte Hutkrempe des in ein schmutziges und arg zerfetztes Lederhabit gekleideten Reiters.
    „Good day, Ladies und Mesch'schurs“, antwortete dieser mit voller, sonorer Stimme. „Ich träumte von dem Llano estacado und von abhanden gekommenen Stangen und Nuggets. Good bye!“
    Er machte Miene, seinen Weg fortzusetzen, Wilson aber verlegte ihm denselben.
    „Halt, nicht weiter, bis Ihr erklärt, was diese Antwort zu bedeuten hat!“
    Er war blaß geworden, aber seine Augen funkelten, und die Narbe auf seiner Stirn schwoll zu doppelter Dicke an.
    „Halt?“ fragte der andere mit einem überlegenen Lächeln. „Wer will es wagen, einem freien Mann unter freiem Himmel Halt zu gebieten? Wer will ihm das Wort befehlen, das er nur freiwillig gibt?“
    „Ich will es, Bursche! Was soll deine Rede bedeuten? Sprich sofort oder –“
    Er erhob drohend die Reitpeitsche. Die Absicht, den unscheinbaren Mann zur Zielscheibe eines mutwilligen Spaßes zu machen, hatte so schnell zur drohenden Gefahr geführt, daß keiner der Anwesenden Zeit fand, sie abzulenken.
    „Oder –?“ donnerte der Jäger, die langen wirren, blonden Locken schüttelnd, wie ein Löwe seine Mähne. Er nahm mit der Linken die Zügel empor, und in demselben Augenblick schien dreifaches Leben sein scheinbar zu keiner schnellen Bewegung fähiges Pferd zu durchströmen. „Hinweg mit der Peitsche!“
    „Heraus mit der Antwort!“ schallte es ihm entgegen.
    „Hier ist sie.“
    Ein leiser Schenkeldruck und der Mustang schnellte bis dicht an Wilson heran; im nächsten Augenblick sank dieser, von einem fürchterlichen Faustschlag getroffen, aus dem Sattel in das Gras hinab. Der kraftvolle Mann, der jetzt so plötzlich von Geist und Feuer sprühte, riß sofort das Roß

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