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41 - Unter heisser Sonne

41 - Unter heisser Sonne

Titel: 41 - Unter heisser Sonne Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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doppeltes Leben über sie.
    „Richard!“
    Er konnte den Angstruf unmöglich hören. Sie eilte ihm nach und erreichte ihn an der unteren Treppe.
    „Nicht so, nicht so!“ stieß sie hervor. Ihre Hand, welche die Korridorlampe ergriff, bebte, daß der Zylinder erklang. „Ihr dürft den Posten, auf welchen Papa Euch stellte, nicht verlassen, bis er zurückkehrt. Kommt, laßt uns ihn erwarten!“
    Er sah ihre Aufregung, ihre Bangigkeit und konnte nicht anders, er mußte ihr folgen. Sie trat in das Balkonzimmer, nachdem sie den Befehl erteilt hatte, die Flammen des Salons zu verlöschen.
    „Warum wolltet Ihr gehen, Sir! Ich hatte Euch noch so viel zu bitten.“
    „Sprecht, Miß!“
    „Ihr dürft nicht dem Leben entsagen; Ihr sollt den Ruhm festhalten und vergrößern, den Ihr Euch erworben habt!“
    „Der Ruhm ist kalt; kein Lorbeer wärmt, wenn das Herz erstarren will. Soll es leben, so braucht es Liebe, nichts als Liebe!“
    Sie faltete die Hände über die Brust und blickte zu Boden.
    „Liebe! Ich habe sie nie gekannt, denn Kindesliebe ist nicht die, welche Ihr meint. Das Frauenherz ist weich und kennt kein anderes Gefühl; aber kann sie auch das Herz des Mannes in so kurzer Zeit sich untertänig machen?“
    „Gott ist die Liebe, Miß, und beide sind allmächtig! Sie kommt, sie ist da und gebietet im Augenblick über die verborgensten Gedanken und die offensten Taten des Menschen. Wer sie aus dem Herzen reißt, vernichtet dieses und mit ihm sich selbst.“
    Sie legte ihre Hände auf seinen Arm.
    „Oh, tut das nicht; ich müßte mir ewig zürnen!“
    Noch ehe er zu antworten vermochte, hatte sie das Zimmer verlassen und war auf den Balkon getreten. Er folgte ihr und nahm neben ihr Platz, ohne zu ahnen, daß der entflohene Pfahlmann in seinem eigenen Zimmer stehe und ihn beobachte.
    „Nur zürnen, Miß? Wäre der Zorn das einzige, was Ihr fühlen würdet?“
    „Nein, noch viel, viel mehr!“ hauchte sie.
    „Was noch? O bitte, sagt es mir!“
    Sie fühlte, über das Geländer gebeugt, die Berührung seines Armes und machte keine Bewegung, sich demselben zu entziehen.
    „So Schreckliches, daß ich keinen Namen dafür finde.“
    „Marga, darf ich lieben und hoffen?“
    „Dort kommt Papa!“ Sie trat in das Zimmer zurück. Ihr Auge leuchtete, und ihre Wangen glühten. „Bin ich denn dieser Liebe, dieser Hoffnung wert?“
    „Marga, mein Leben, meine Seligkeit! Wäre ich der Größte unter den Großen der Erde, ich würde dennoch in Demut um das kleinste Wörtchen bitten, wie ich es hören möchte!“
    Der Bankier trat ein. Er war so aufgeregt, daß er die ungewöhnliche Haltung der beiden gar nicht beachtete.
    „Ihr habt recht gehabt, Sir!“ keuchte er mit fliegendem Atem. „Die Empfehlung war gefälscht. Wir müssen den Schurken haben!“
    „Wir werden ihn bekommen, selbst wenn es ihm gelungen wäre, für jetzt zu entwischen. Ist er aber nach seiner Wohnung gegangen, was er sicher getan hat, wenn er nicht vorher auf das Geschehene vorbereitet war, so wird Tim Summerland ihn sicher nicht aus dem Auge lassen. Ihr wäret doch jedenfalls schon beim Prokurator oder auf der Polizei?“
    „Nein, noch nicht! Ich habe in meinem Grimm und der Eile gar nicht daran gedacht.“
    „So müßt Ihr das Versäumte sofort nachholen. Ich gehe unterdessen zu Tim, um Euch dort zu erwarten. Wir haben es mit einem ebenso raffinierten wie verwegenen Mann zu tun und dürfen keine Zeit verlieren!“
    Sie gingen, und Marga blieb allein zurück. Sie nahm auf dem Sofa Platz und öffnete ihr Album. Hier war das Gedicht verborgen, welches sie aus der Zeitung geschnitten hatte. Sie las es wieder und immer wieder.
    „Ich undankbare Törin! Solch ein Glück, solch eine Seligkeit sich beinahe zu verscherzen! Ja, er hat recht, die Liebe kommt, sie ist da und gebietet; so war's bei mir, so war's bei ihm, und jedes Zagen ist Sünde. O Mutter, könntest du doch leben und sehen, wie froh, wie unendlich froh das Herz deines Kindes ist!“
    Sie bog sich in die weiche Lehne zurück, schloß die Augen und träumte süße, holde Bilder, die ihrem selig ahnenden Herzen entstiegen. So lag sie lange, lange. Da erklangen draußen Schritte; es klopfte, und ehe sie sich noch erhoben hatte, stand der Geliebte vor ihr. Er sah den Zeitungsausschnitt in dem geöffneten Album liegen und wußte nun, daß sie sich nur mit ihm beschäftigt habe.
    „Ich komme als Bote. Wilson ist seither nicht in seiner Wohnung gewesen. Die Policemen suchen ihn an den Orten,

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