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41 - Unter heisser Sonne

41 - Unter heisser Sonne

Titel: 41 - Unter heisser Sonne Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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Abwesenheit Olbers und Summerlands hatte ihm selige Augenblicke ermöglicht. Marga war vom Diwan aufgestanden und auf ihn zugetreten, um ihn zu fragen:
    „Ist wirklich keine Täuschung möglich, Sir?“
    „Nein. Er selbst hat ja durch sein Verhalten den Beweis geliefert, daß wir uns nicht irrten. Wer in einer solchen Lage keine andere Verteidigung kennt, als durch Messer und Revolver, muß sich seiner Schuld bewußt sein. Und durch seine Flucht hat er den Beweis vollständig besiegelt.“
    „Welch ein Mensch! Und in so gefährlicher Nähe haben wir uns so lange befunden, ohne alle Ahnung des Schlimmen, was uns drohte! Dieses Messer, es war fürchterlich!“
    Die Erinnerung an die blitzende Klinge hatte beinahe dieselbe Wirkung wie der furchtbare Augenblick selbst. Sie wankte, suchte mit der Hand eine Stütze und fand dieselbe nicht. Er trat näher und hielt sie mit seinem Arm aufrecht. Sie sank mit ihrem Köpfchen an seine Schulter und schloß die Augen. Er legte den Arm fester um sie und bog sich zu ihrem erbleichten Gesicht herab. Alle Pulse, alle Fasern klopften und bebten in ihm.
    „Miß Marga!“
    Es war ein wunderbar seliger Ton, in welchem diese beiden Worte erklangen. Ihre volle, weiche Gestalt zuckte leise zusammen; ihre Lider öffneten sich, und mit unbeschreiblichem Ausdruck traf ihr Blick seine nahen, vor Glück strahlenden Augen.
    „So möchte ich Euch halten und stützen jetzt und immerdar, so lange ein Gedanke mich bewegt und ein Hauch des Lebens in mir wohnt!“
    Er wagte es nicht, die Hohe, Reine inniger zu umschlingen; eine solche Bewegung dünkte ihm der unverzeihlichste Verrat an dem Vertrauen, mit welchem sie sich an ihn lehnte. Sie hatte die Augen wieder geschlossen; die Blässe ihres Gesichtes wich; es rötete sich vom zartesten Ton bis zum tiefsten Purpur. Die Schwäche war verschwunden; sie bedurfte der Stütze nicht mehr, und dennoch verweilte sie regungslos in ihrer jetzigen Stellung, und ein wonniges Lächeln kämpfte mit dem Zug holder Scham, der von den zarten Schläfen niederstieg. Da ergriff er ihre beiden Hände und geleitete sie zu dem Diwan zurück. Dort ließ er sie sanft in das samtene Polster gleiten und nahm an ihrer Seite Platz. Noch immer lag ihr Kopf an seiner Schulter; er strich ihr mit der Hand liebkosend über die glänzende, weiche Lockenfülle und ward nicht müde, ihre königliche Gestalt und ihre bezaubernden Züge mit einem Auge zu umfassen.
    So saßen sie lange, lange beieinander. Keines sprach ein Wort; es hätte wie eine Entweihung heiliger Herzenssabbatstille geklungen; aber beide wußten, daß ihre Seelen sich zu eigen seien von nun an und für alle Zeit.
    Da endlich rang sich ihr Blick in süßer Verwirrung unter den langsam sich hebenden Wimpern hervor, und zaghaft leise erklang es:
    „Papa muß bald kommen!“
    „Verzeihung, Marga! Die Wonne mißt nie den Augenblick; ich hatte ihn vergessen.“
    „Könntet Ihr doch auch das Gestern so vergessen!“
    „Nie, niemals werde ich dies vermögen, denn gestern ging der Stern mir auf, dessen Strahl den Reichtum einer heißersehnten Welt erschließt. Darf er mir auch ferner leuchten?“
    „Dem Dichter glänzen Sterne, die kein anderer kennt; ein Strahl des irdischen Himmels darf sich nicht zu ihm verirren!“
    „Und doch würde er eine solche Verwirrung mit tausend Leben bezahlen, wenn sie ihm zur Verfügung ständen. Marga, sei mein Strahl, mein Licht, mein Stern; ich will nur dich, nur dich und entsage allen Sonnen, die neben dir und um dich kreisen!“
    Sie schnellte empor, als wolle sie ihm entfliehen.
    „Marga verzeiht! Ich werde gehen!“
    Auch er erhob sich. Schon war sie fern von ihm; sein Wort zog sie zurück. Sie wandte sich, eilte auf ihn zu und ergriff seine Hände.
    „Ich bin für Euch zu arm, zu klein und gering; ich darf die Strophen lesen, die Ihr schreibt, und mich von ihrem Geist erheben, von ihrer Schönheit bezaubern lassen; doch das Recht an Eurer Schöpfung, an Eurem Ruhm, welches die Liebe gibt, ist mir versagt!“
    Sie fühlte seine Hände erkalten.
    „So fahre er hin, dieser Ruhm! Ich werfe ihn von mir und entsage allem außer der Erinnerung an den schönen Traum, aus dem ich jetzt erwache. Farewell, Hoffnung, Glück und Stern; der Dichter stirbt; der Jäger aber verschwindet im Westen wie das Licht, dem die finstere Nacht zu folgen hat!“
    Er zog seine Hände aus den ihrigen und schritt der Tür zu. Sie stand unbeweglich, bis er durch dieselbe verschwunden war. Da aber kam

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