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42 - Waldröschen 01 - Das Geheimnis des Bettlers

42 - Waldröschen 01 - Das Geheimnis des Bettlers

Titel: 42 - Waldröschen 01 - Das Geheimnis des Bettlers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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„Gott gab dir den prächtigen Gedanken, daß der Corregidor sich für einen Wirt ausgeben sollte, mein teurer Gasparino.“
    „Ich möchte sein Gesicht sehen, welches er macht, wenn er die Wahrheit erfährt“, lachte Alfonzo.
    Unterdessen fuhr die Kutsche eine Strecke auf der Straße von Manresa dahin; dann aber bog sie nach rechts ein und lenkte nach der Barceloner Chaussee hinüber.
    „Der Kutscher fährt falsch!“ bemerkte Sternau.
    „Er fährt richtig“, sagte der Fremde.
    „Nach Manresa?“
    „Nach Barcelona.“
    „Ah! Ich denke, daß wir nach Elbrida fahren!“
    „Nein. Wir fahren nach Barcelona.“
    „Señor, wer sind Sie? Was wollen Sie mit mir?“
    „Wer ich bin? Ich bin der Corregidor von Manresa. Was ich will? Sie nach Barcelona bringen.“
    „Ah, ein Polizist sind Sie! Was soll ich in Barcelona?“
    „Ich weiß es nicht. Der Delegados will mit Ihnen sprechen.“
    „Der Präfekt? Worüber?“
    „Ich weiß es nicht. Sie werden es hören.“
    „Sie haben mich belogen, Señor!“
    „Nur eine kleine List, die wir sehr oft anwenden, um Weitläufigkeit zu vermeiden.“
    „Und wenn ich mich weigere, Ihnen zu folgen?“
    „Das hilft Ihnen nichts. Blicken Sie durch das Wagenfenster nach rückwärts, so werden Sie sehen, daß uns vier berittene Gendarmen mit geladenen Gewehren auf dem Fuß folgen.“
    „Alle Teufel! Das sieht ja aus, als ob Sie einen schweren Verbrecher transportierten.“
    „O nein. Das ist nur eine kleine Formalität, Señor. Ich weiß bestimmt, daß Sie heute wieder zurückkehren; aber Sie sind ein Ausländer, und ich muß Sie bringen; daher die Begleitung.“
    „Ich selbst würde mich vor dieser Begleitung nicht fürchten, Señor Corregidor; aber ich habe ein gutes Gewissen und gehe also mit, ohne an eine Widersetzlichkeit zu denken.“
    „Das ist das beste, Señor. Man darf seine Lage niemals falsch beurteilen oder gar verschlimmern. Vielleicht fahren Sie gleich wieder mit mir zurück. Ich würde mich freuen, Ihre Gesellschaft auch auf dem Rückweg genießen zu können.“
    Der Beamte war überzeugt, daß sein Gefangener einer langen Haft entgegengehe, aber er mußte so sprechen, um sich die Ausübung seines Amtes möglichst leichtzumachen.
    „Weiß man in Rodriganda, wohin Sie mich führen?“ fragte Sternau.
    „Ja.“
    „Wem haben Sie es gemeldet?“
    „Einigen Dienern.“
    Auch dies war nicht wahr, denn außer den drei Verbündeten wußte kein Mensch, wohin der Wagen gegangen war. Übrigens hatte hiermit das kurze Gespräch ein Ende. Sternau versank in allerlei Vermutungen, und der Beamte schien gar keine Lust zu haben, eine neue Unterhaltung zu beginnen.
    Am späten Nachmittag kam man in Barcelona an, und die Kutsche hielt vor einem düstern, altertümlichen Gebäude, dessen wenige Vorderfenster mit dicken Eisenstäben vergittert waren.
    „Steigen Sie hier mit aus!“ sagte der Beamte.
    Als Sternau den Wagen verlassen hatte, bemerkte er zum erstenmal die vier Gendarmen, welche demselben gefolgt waren. Er wurde von ihnen durch einen Torgang in einen düstern Flur begleitet, dann eine enge, schmale Wendeltreppe emporgeführt und trat dann in ein großes, ödes Zimmer, welches nur ein Fenster, aber viele Seitentüren hatte.
    „Warten Sie!“ sagte der Corregidor.
    Dieser klopfte an eine der Türen und verschwand hinter derselben, während die Gendarmen zurück blieben, ohne ein Wort unter sich oder mit Sternau zu sprechen. Es dauerte lange, sehr lange, ehe der Beamte wieder erschien.
    „Treten Sie hier ein!“ sagte er kurz, auf die Tür deutend, aus welcher er gekommen war, und dieselbe dann hinter Sternau verschließend.
    Jetzt befand sich der Arzt in einem Zimmer, dessen zwei Fenster ebenso vergittert waren. An drei Wänden standen große Aktenrepositorien, und vor dem einen Fenster erblickte er einen mächtigen Schreibtisch, an welchem ein kleines, zusammengetrocknetes Männchen saß, welches ihn über eine mächtige Hornbrille hinweg mit giftigem Blick fixierte.
    Nach einiger Zeit nahm dieses Männchen einen Bogen Papier und eine Feder zur Hand und fragte:
    „Wie heißt Ihr?“
    „Sternau.“
    „Vorname!“
    „Karl Sternau.“
    „Aus?“
    „Mainz.“
    „Wo liegt das?“
    „In Deutschland.“
    „Ah! Also ein Deutscher! Was seid Ihr?“
    „Ich bin Arzt. Aber gestattet mir doch auch eine Frage!“
    „Welche?“
    „Wer Ihr seid und was ich hier soll.“
    „Ich bin Corregidor; so habt Ihr mich zu nennen, und was Ihr hier sollt, das werdet Ihr

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