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42 - Waldröschen 01 - Das Geheimnis des Bettlers

42 - Waldröschen 01 - Das Geheimnis des Bettlers

Titel: 42 - Waldröschen 01 - Das Geheimnis des Bettlers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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dann:
    „Der Wahnsinn, wie bei dem Grafen.“
    „Der Wahnsinn, ja, den Sternau heilen wird!“ sagte der junge Mensch sarkastisch.
    „Unsere fromme Stiftsdame würde dafür sorgen, daß kein Sternau Zutritt erhält! Also eile, mein Sohn; ich werde indessen die nötigen schriftlichen Arbeiten vornehmen und beendigen.“
    Diejenigen beiden, gegen welche diese teuflischen Anschläge gerichtet waren, saßen jetzt mit der Engländerin zusammen, um über das ihnen jetzt Wichtigste zu verhandeln. Als Sternau mit dem Kastellan von der Batería zurückkehrte, hatte er sich sogleich bei Rosa anmelden lassen. Er wurde angenommen und fand die Engländerin bei ihr, Rosa erhob sich. Sie war totenbleich und fragte, indem ihr die Augen überflossen:
    „O bitte, Señor, macht es kurz, denn ich leide entsetzlich, fürchterlich! Er ist tot, nicht wahr?“
    Er trat auf sie zu, faßte ihre Hand, die er an seine Lippen zog, und sagte in mildem Ton:
    „Weinen Sie nicht, Doña Rosa. Ich bringe Trost.“
    „Trost?“ fragte sie, während ihre Wangen sich wieder belebten.
    „Er lebt, er ist nicht tot!“
    „Nicht? O mein Gott, wo ist dann mein Vater?“
    „Ich weiß es nicht; ich weiß nur das, daß der Tote da draußen nicht Don Emanuel ist.“
    Er führte sie zum Fauteuil und bat:
    „Setzen Sie sich, und sagen Sie mir, ob Sie stark genug sind, mich ohne Aufregung anzuhören.“
    „O Carlos, fragen Sie nicht. An Ihrer Seite bin ich immer stark, denn ich vertraue Ihnen.“
    „So hören Sie! Als Sie mich von Paris herbeiriefen, kannte ich von den Bewohnern Rodrigandas nur Sie. Ich hatte keinem ein Leid getan, niemand beleidigt und wurde bereits in der ersten Zeit meiner Anwesenheit hier überfallen.“
    „Von Räubern?“
    „Nein, sondern von gedungenen Mördern. Ich erkannte sogleich, daß es nicht auf meine geringe Habe, sondern auf mein Leben abgesehen sei. Welchen Grund konnte dies haben, Doña Rosa?“
    „Ich weiß es nicht. Sie hatten doch keinen Feind hier.“
    „Das ist richtig. Aber da meine Person hier keinen Feind besaß, so mußte die Angelegenheit, in welcher ich nach Rodriganda kam, mir diesen Feind erweckt haben. Ich kam nur aus dem einen Grund, Ihren Vater zu retten; es mußte also jemanden geben, welcher wünschte, daß der Graf nicht gerettet werde.“
    Rosa zuckte vor Schreck zusammen.
    „Das ist ja ganz unmöglich! Mein Vater war so gut!“
    „Ja, er war gut, aber er war der Herr und Besitzer einer Grafschaft und vieler Millionen.“
    „Was sagen Sie da? Ich verstehe Sie nicht.“
    „Es ging Don Emanuel geradeso wie mir: Seine Person hatte keinen Feind. Daraus schloß ich, daß dieser Feind es auf Rodriganda abgesehen haben müsse.“
    „Auf Rodriganda? Das kann doch nur mein Bruder erhalten.“
    „Auch das sagte ich mir. Aber dieses Wort Bruder und der Umstand, daß Ihr Bruder seit den Tagen seiner Kindheit in Mexiko gewesen war, brachten mich auf einen kühnen Gedanken. Ich beobachtete scharf und unausgesetzt. Ihr Vater wurde von drei unfähigen Ärzten behandelt, die ihn zu Tode kuriert hätten; diese Ärzte wieder wurden ganz ausschließlich von nur drei Personen in einen ebenso fortgesetzten wie leidenschaftlichen Schutz genommen.“
    „Sie meinen den Notar?“
    „Ja.“
    „Die Schwester Clarissa?“
    „Ja.“
    „Und wer ist der Dritte?“
    „Ihr Bruder selbst.“
    „Alfonzo! Ah! Sie sagen schreckliche Dinge, Señor; aber Sie haben recht. Mein Bruder ist stets Ihr Feind gewesen; er hat nie gut von Ihnen gesprochen; er hat stets gegen Sie gekämpft.“
    „Dies sah ich. Ich beobachtete diese drei. Sie waren wenig bei Don Emanuel, sie waren stets beisammen; sie waren es – ich sage es frei und offen –, die den Tod Ihres Vaters wünschten.“
    „O mein Gott! Welch eine Kluft öffnen Sie vor meinen Augen!“
    Sie dachte jetzt nicht mehr daran, daß ihr Vater in der Batería liegen solle; ihre Gedanken wurden nur von dem Gegenstand ihres gegenwärtigen Gespräches in Anspruch genommen.
    „Ja, es ist eine tiefe, finstere, schaudervolle Kluft“, fuhr er fort, „aber ich habe auf den Grund dieser Kluft sehen müssen, um gegen das Verbrechen ankämpfen zu können. Gott gab mir die Gnade, Ihren Vater vom Tod zu erretten; aber er wurde wieder krank; er wurde wahnsinnig. Dieser Wahnsinn war künstlich durch ein Gift herbeigeführt worden. Wer hatte ihm dieses Gift gegeben? Sie nicht, ich nicht, Lady Lindsay nicht, der Diener nicht! Wer war sonst noch bei ihm gewesen? Ich weiß es nicht. Ich

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