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42 - Waldröschen 01 - Das Geheimnis des Bettlers

42 - Waldröschen 01 - Das Geheimnis des Bettlers

Titel: 42 - Waldröschen 01 - Das Geheimnis des Bettlers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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davon!“
    „Ja, ermordet, elendiglich erschossen und umgebracht!“
    „Wer ist denn der Mörder, he?“
    „Hm! Der Ludewig.“
    „Das ist nicht wahr!“ rief der Knabe eifrig. „Der Ludewig ist kein Mörder und kein Totschläger.“
    „Das habe ich auch gedacht, aber da sieht man, wie man sich sogar in seinem besten Freund irren kann. Er hat das Weibsbild ermordet und dann heimlich im Garten vergraben.“
    Da besann sich der Knabe endlich und rief lachend:
    „Ach, jetzt weiß ich es, welches Weibsbild du meinst!“
    „Nun?“
    „Die Waldina.“
    „Ja, die Waldina“, nickte der Hüter befriedigt. „Junge, ich wollte dich auf die Probe stellen, und du hast sie gut bestanden. Man darf seine Freunde nie blamieren, und du wolltest über den schandbaren Tod der armen Waldina schweigen, um der Ehre Ludewigs keinen Schaden zu machen. Das war recht von dir!“
    „Es hat ihm weh getan“, sagte der Knabe. „Ich glaube gar, er hatte eine Träne im Auge; es war ein Sauschuß.“
    „Ja, ein echter, richtiger Sauschuß. Ich hoffe, daß du niemals einen solchen tun wirst!“
    „Fällt mir gar nicht ein!“
    „Warum kamst du diese Tage nicht zu mir?“
    „Ich hatte keine Zeit. Als ich den Fuchs geschossen hatte, kam Besuch.“
    „Wer?“
    „Onkel Sternau.“
    „Wer noch?“
    „Die Gräfin Rodriganda nebst Cousin Alimpo und Cousine Elvira. Weißt du das noch nicht?“
    „Ich habe davon gehört! Wie gefallen sie dir?“
    „Wie sollen sie mir gefallen! Gut, sehr gut. Den Onkel Sternau habe ich sehr lieb, und die Cousine ist so dick und gut, daß man sie gleich gern hat, wenn man sie sieht.“
    Der Hüter lachte.
    „Also dick muß man sein, um dir zu gefallen! War die Gräfin nicht krank?“
    „Ja, sehr. Aber der Onkel hat sie schnell wieder gesund gemacht. Oh, er ist ein gescheiter Kerl, viel gescheiter sogar als der Herr Hauptmann; das sagen alle Leute!“
    „Auch gescheiter als du?“ fragte der Hüter scherzend.
    „Ja. Aber wenn ich einmal so groß bin wie er, dann nehme ich es mit ihm auf; darauf kannst du dich fest und getrost verlassen.“
    „Dann machst du keine Dummheiten mehr?“
    „Nein. Habe ich denn einmal welche gemacht?“
    „O bewahre!“ lachte Tombi. „Du errettest nur Gefangene und schießt Staatsanwälte tot!“
    Da stieg die Röte der Scham und des Zornes in das Gesicht des Knaben. Er sagte:
    „Du bist nicht gut, Tombi; du bist schlecht!“
    „Ah, warum?“
    „Hast du nicht erst vorhin gesagt, daß du mein guter Freund bist?“
    „Ja.“
    „Und daß gute Freunde sich nicht blamieren sollen?“
    Da machte der Hüter ein sehr ernsthaftes Gesicht und antwortete:
    „Du hast recht, Kurt! Aber gute Freunde können unter sich auch einen Spaß verstehen!“
    „Diese Art Spaß liebe ich nicht. Komm, wir wollen schießen!“
    Er sagte das mit einer so indignierten Miene, als ob ihm die größte Beleidigung widerfahren sei. Der Hüter nickte schweigend mit dem Kopf, nahm sein Gewehr zur Hand und trat mit ihm aus der Hütte, wo auf der Lichtung ein Schießstand errichtet war. Hier pflegten sich die beiden zu üben, und meist hier hatte sich der Knabe seine Treffgeschicklichkeit geholt.
    Sie nahmen auch heute ihre gewöhnlichen Übungen auf. Tombi erwies sich als ein ganz vorzüglicher Schütze, aber der Knabe gab ihm wenig nach. Während der Übung bedienten sie sich einer fremd und eigentümlich klingenden Sprache, von welcher kein Bewohner der Umgegend ein Wort hätte verstehen können. Kurt hatte sie spielend gelernt. Als die Übung beendet war, kehrte der Knabe zum Schloß zurück, und der Hüter begleitete ihn. Er hatte sich den Rehbock über die Schulter geworfen, um ihn nach dem Schloß zu bringen.
    Was sie sich für heute zu sagen gehabt hatten, das war gesagt worden, darum schritten sie nun schweigsam hintereinander her. Sie mochten etwas über die Hälfte des Weges zurückgelegt haben, als sie Stimmen vor sich hörten.
    „Komm herein!“ sagte der Hüter.
    Er faßte den Knaben und zog ihn in das dichte Gebüsch, welches von hohen Eichen und Buchen überragt wurde. Dort blieben sie schweigsam und lauschend stehen. Vielleicht ertappten sie auf diese Weise Leute, welche in irgendeiner verbotenen Absicht den Wald aufsuchten. Solche Leute gab es in der Umgegend genug.
    Sie hatten noch nicht lange gestanden, so bemerkten sie, daß sie sich getäuscht hatten, denn die beiden, welche des Weges kamen, waren keine anderen als Sternau mit der Gräfin Rosa de Rodriganda.
    „Donneritta!“

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