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42 - Waldröschen 01 - Das Geheimnis des Bettlers

42 - Waldröschen 01 - Das Geheimnis des Bettlers

Titel: 42 - Waldröschen 01 - Das Geheimnis des Bettlers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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er leugnen? Nein!
    „Señorita“, sagte er mit einem Blick, so hoheitsvoll, als ob er aus dem Himmel herabkomme, „haben Sie einmal gehört, daß Harun al Raschid durch Bagdad gegangen ist?“
    „Ja.“
    „Daß Friedrich der Große dasselbe getan hat?“
    „Ja, aber nicht in Bagdad.“
    Er überhörte die Berichtigung und fuhr fort:
    „Ebenso Joseph der Zweite, Napoleon und alle bedeutenden Fürsten. Auch ich tat es am Tag des Karnevals. An einem solchen Tag fallen die Schranken, und wenn ich Sie da als Privatmann beleidigte, so wollte ich Sie als Fürst entschädigen. Sie sollten Erzieherin meines Kindes werden. Verstehen Sie mich nun?“
    Sie verneigte sich. Ihr Gesicht war kalt und ruhig; es verriet nicht im geringsten den Gedanken, den sie hegte.
    „Sie haben“, fuhr er fort, „die Ihnen angebotene Stellung angenommen, und ich bin überzeugt, daß Sie mein Vertrauen rechtfertigen werden. Den Lehr- und Stundenplan besprechen wir später. Für jetzt wollte ich Ihnen nur meine Vokation erteilen und Sie fragen, ob Sie mir vielleicht einen Wunsch vorzutragen haben.“
    „Es gibt allerdings eine Bitte, welche ich mir gestatten möchte.“
    „Sprechen Sie!“
    „Ich ersuche Durchlaucht um die Erlaubnis, die Zimmer, welche Mademoiselle Charoy bewohnt hat, beziehen zu können.“
    „Warum?“
    „Ich glaube, daß sowohl die Lage als auch die Ausstattung dieser Wohnung meiner Stellung angemessener ist.“
    „So gefallen Ihnen Ihre jetzigen Zimmer nicht?“
    „Ich bin solchen Glanz nicht gewöhnt. Die Eleganz dieser Wohnung blendet, und ihre Lage beängstigt mich.“
    Der Herzog nagte an der Unterlippe, und seine Augen funkelten, aber er bezwang sich und sagte:
    „Das ist Sache des Haushofmeisters. Wenden Sie sich an ihn. Haben Sie ein Weiteres?“
    „Ich fühle mich gedrungen, Durchlaucht meinen Dank abzustatten dafür, daß ich in den Stand gesetzt worden bin, den Meinen eine Unterstützung in die Heimat zu senden. Ich werde mich eifrig bemühen, durch Treue im Amt und strenge Ausführung meines Wollens und Handelns mich dieser Gnade würdig zu machen.“
    Seine Faust knitterte die Zeitung zu einem Ball zusammen, aber er beherrschte sich abermals und sagte möglichst gleichmütig:
    „Ich hoffe es. Sie sind entlassen.“
    Sie verbeugte sich und ging. Kaum hatte sie das Zimmer verlassen, so sprang der Herzog mit wutverzerrten Zügen empor und ballte beide Fäuste.
    „Cortejo!“ rief er.
    Die Tür zu dem Nebengemach war nur angelehnt gewesen; sie ließ jetzt den Haushofmeister ein, den der Herzog dort postiert hatte – als Zeugen seines Triumphes.
    „Was sagst du dazu?“ fragte der letztere.
    „Exzellenz, ich bin ganz fassungslos!“
    „Ich auch, bei allen Teufeln, ich auch!“
    „So eine kleine Person!“
    „Eine wahre Katze!“
    „Ein kleiner Teufel!“
    „Eine richtige Hexe! Noch nie, nie, nie ist mir so etwas Tolles geboten worden!“
    Er ging mit weiten, dröhnenden Schritten im Gemach hin und her.
    „Das war ja eine förmliche Blamage! Diese Frage, wohin ich verreist gewesen sei!“
    „Und dann gar die strenge Ausführung des Wollens und Handelns!“ bemerkte Cortejo.
    „Bei Gott, dieses Mädchen hat Gift!“
    „Sie ist eine richtige Kröte!“
    „Also diese Gouvernante fühlte sich durch die Lage ihrer Wohnung beängstigt. Deutlicher konnte sie allerdings nicht sein.“
    „Man sollte sie hängen!“
    „Unsinn. Sie ist prächtig, sie ist einzig! Das ist's ja eben, daß sie nun zehnfach soviel wert ist als erst. Ich muß sie haben, Cortejo, hörst du? Ich muß sie haben!“
    „Wir haben sie ja schon.“
    „Schweig. Was verstehst du von der Liebe. Was ist dein Fleischklumpen von Clarissa gegen diesen teuflischen Engel! Woher aber muß sie das alles wissen.“
    „Daß Durchlaucht nicht verreist waren?“
    „Daß ich der Perser bin.“
    „Daß ihre Wohnung nicht ganz fest ist.“
    „Sie muß es mir gestehen. Oh, diese Deutschen scheinen Haare auf den Zähnen zu haben. Cortejo, du wirst sie auf keinen Fall ausquartieren. Ich gebe meine Zustimmung nicht.“
    Da kratzte es draußen an der Tür.
    „Herein!“ befahl der Herzog.
    Ein Diener trat ein.
    „Verzeihung. Señorita Wilhelmi wünscht den Herrn Haushofmeister sofort zu sehen.“
    Cortejo blickte den Herzog fragend an, und als dieser zustimmend nickte, sagte er:
    „Führen Sie die Dame nach meiner Wohnung.“
    „Sie läßt den Herrn Haushofmeister zu sich bitten“, bemerkte der Diener.
    „Ah! Hm. Gut, ich komme.“
    Der

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