42 - Waldröschen 01 - Das Geheimnis des Bettlers
Diener ging.
Als er sich entfernt hatte, lachte der Herzog laut auf.
„Köstlich! Der Herr Haushofmeister ist gezwungen, zu ihr zu gehen, anstatt sie zu ihm.“
„Ein Gouvernantchen“, meinte Cortejo ärgerlich.
„Ja, aber dieses Gouvernantchen ist ein ganzes Weib. O diese Deutschen! Eine Spanierin, und wenn sie eine Fürstin wäre, würde ganz glücklich sein, das Wohlgefallen des Herzogs von Olsunna zu besitzen, und diese kleine Deutsche wehrt sich wie ein Fischotter. Das hat Geist, das hat Charakter und Energie! Sieh, was sie will. Ich erwarte dich wieder.“
Als Cortejo zu der Deutschen kam, war sie beschäftigt, ihre Sachen wieder in die Koffer zu verpacken. Sie erhob sich aus ihrer gebückten Stellung und bat höflich:
„Entschuldigung, Herr Haushofmeister, daß ich nicht zu Ihnen kam! Aber das, was ich mit Ihnen zu reden habe, muß hier gesprochen werden.“
„Warum?“
„Weil es sich auf diese Zimmer bezieht.“
„Ich höre, Sie waren bei Serenissimus?“
„Ja, und er hat mich an Sie gewiesen. Señor.“
„In welcher Angelegenheit?“
„Ich bat, diese Zimmer mit der früheren Wohnung der Gouvernante vertauschen zu dürfen.“
„Das wird wohl nicht gehen. Señorita.“
„Darf ich den Grund erfahren?“
„Es ist bereits anderweitig darüber verfügt.“
„So wird sich wohl an einem anderen Ort Raum für mich finden. Hier kann ich unmöglich wohnen.“
„Aber der Grund, der Grund?“ fragte er ärgerlich.
„Der Grund ist sehr einfach. Hören Sie diese Bretterwand, an welche ich klopfe? Sehen Sie dieses kleine Loch in der Rosette? Und da draußen gibt es gar eine Tapetentür! Hier kann unmöglich eine Dame wohnen. Ich weiß jetzt genau, daß wir beide gestern hier durch dieses Loch beobachtet worden sind.“
„Aber da drüben wohnt ja doch nur Serenissimus, kein Mensch weiter.“
„Das ist gleich. Eine Dame wird sich selbst von einem Herzog nicht beobachten lassen. Ich bitte wirklich mit aller Energie um eine andere Wohnung, Herr Haushofmeister.“
„Es ist keine da.“
„So tut es mir leid, auf meine Stellung verzichten zu müssen.“
Sie ließ ihn stehen, wo er war, drehte sich um und fuhr fort, ihre Sachen einzupacken.
„Aber Señorita, Sie werden doch nicht Ernst machen?“ fragte er ganz bestürzt.
„Ich gebe Ihnen mein Wort, daß ich in einer halben Stunde das Palais verlassen habe.“
„Sind Sie toll? Sie zwingen mich wahrhaftig, Ihretwegen Serenissimus um Rat zu fragen.“
„Tun Sie das, Señor. Aber wie gesagt, in einer halben Stunde würden Sie mich nicht mehr hier treffen.“
„Ich eile; ich werde Sie nicht so lange warten lassen.“
Er rannte fort. So energisch hatte er sich die Gouvernante denn doch nicht gedacht.
„Nun?“ fragte der Herzog.
„Sie packt ein“, lautete die eilige Antwort.
„Sie packt ein? Was denn?“
„Ihre Sachen. Wenn sie keine andere Wohnung bekommt, hat sie in einer halben Stunde das Palais verlassen.“
„Ist das ihr Ernst?“
„Ihr völliger Ernst. Als ich ihr den Wunsch abschlug, sah sie mich gar nicht mehr an. Sie hat die Tapetentür bemerkt und auch das Loch in der Rosette; sie wird auf keinen Fall bleiben.“
„Was ist da zu tun?“
„Ich getraue mir da kaum einen Vorschlag zu machen, denn sie ist unberechenbar, wie es scheint.“
„Es wird doch geraten sein, wir lassen ihr die gewöhnliche Wohnung der Gouvernanten.“
„Soll ich es ihr sagen?“
„Ja. Gehe schnell, denn sie ist wirklich imstande, das Palais zu verlassen, ehe du kommst.“
Der Haushofmeister kehrte zu ihr zurück; er fand sie beschäftigt, einen der Koffer zu schließen.
„Señora“, meldete er, „Serenissimus haben auf meine Vorstellung hin geruht, Ihren Wunsch zu erfüllen. Sie werden also die Zimmer haben, welche Demoiselle Charoy bewohnt hat.“
„Ich danke. Kann ich sie sehen?“
„In fünf Minuten. Ich eile, den Schlüssel zu holen.“
In der angegebenen Zeit holte er sie ab, um ihr die Wohnung zu zeigen. Sie bestand aus drei kleinen Zimmern, welche nach dem Garten hinaus lagen, und zwar nicht fein, aber recht wohnlich eingerichtet waren. Sie gefielen ihr besser als die Prachträume, in denen man sie hatte einquartieren wollen.
„Ist Ihnen das gut genug?“ fragte er.
„Ich bin vollkommen zufriedengestellt“, antwortete sie. „Darf ich erfahren, wer nebenan wohnt, Señor?“
„Rechts die Bonne und links habe ich meine Räumlichkeiten.“
Er bemerkte, daß ihr Blick die betreffende Wandseite musterte, und
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