42 - Waldröschen 01 - Das Geheimnis des Bettlers
Ihr habt alles Geräusch vermeiden wollen und den Leuten verboten, zu schießen. Habe ich recht oder nicht?“
„Ihr habt unrecht.“
„Pah! Ich weiß, was ich sage, und lasse mich nicht täuschen. Henricord und Juanito sind bei einer anderen Gelegenheit gefallen. Was sie veranlaßte, die Contezza anzugreifen, das ist mir ein Rätsel, doch will ich annehmen, daß nicht Ihr die Schuld daran tragt. Aber an dem Tod der anderen, deren Leichen hier im Park gerichtlich aufgehoben wurden, seid Ihr schuld. Ihr zahlt mir für jeden Mann tausend Ducatos, und dann wollen wir über die Angelegenheit weiterverhandeln.“
„Daß ich ein Esel wäre!“
„Ah, Ihr wollt nicht?“
„Nein. Ich kann nicht dafür, daß diese Unvorsichtigen so dumm waren, sich töten zu lassen.“
„Ich habe Euch bereits gesagt, wem ich die Schuld erteile, und dabei bleibt es! Wollt Ihr zahlen oder nicht?“
„Keinen Pfennig!“
„Gut. Lebt wohl, Señor!“
Der Hauptmann wandte sich, um zu gehen; der andere hielt ihn jedoch fest und fragte:
„Was habt Ihr vor?“
„Das werdet Ihr bald erfahren, Señor!“
„Ihr verlangt das Unmögliche!“
„Ihr sollt sehen, daß es sehr möglich ist. Die Männer sind in Eurem Dienst gestorben, und Ihr habt zu zahlen. Ich schwöre es Euch, daß mich nichts von dieser Forderung bringen wird. Ihr kennt mich, und jeder Einwand wird nur die Folge haben, daß ich meine Forderung erhöhe.“
Der Notar schien nachzudenken. Dann sagte er langsam und lauernd:
„Vielleicht würde ich auf diese Forderung eingehen, wenn –“
„Nun, wenn?“
„Wenn ich auch von Euch eine Gefälligkeit erlangen könnte.“
„Welche?“
„Es gibt außer dem Arzt noch einen, der mir im Weg ist.“
„Ah! Der verschwinden soll?“
„Verschwinden“, nickte der Notar.
„Das heißt, sterben?“
„Allerdings.“
„Wer ist es?“
„Ein Offizier.“
„Donnerwetter, das scheint interessant zu werden! In welcher Garnison steht der Señor?“
„Er steht in keiner Garnison, sondern befindet sich jetzt auf Urlaub. Auch ist er kein Spanier, sondern ein Franzose.“
„Alle Wetter“, meinte der Hauptmann überrascht, und es war dem Ton seiner Stimme anzuhören, daß er zu ahnen begann, um wen es sich handelte. „Ein Franzose? Was habt Ihr mit so einem Ausländer zu schaffen?“
„Verschiedenes! Es ist ein Husarenlieutenant.“
„Wo ist er zu finden?“
„Hier auf Rodriganda.“
„Und wie heißt er?“
„Alfred de Lautreville.“
„Alfred de – hm!“ brummte der Hauptmann. „Diesen Mann kenne ich nicht!“
„Das glaube ich“, bemerkte der Notar sarkastisch. „Übrigens habt Ihr, trotzdem er Euch unbekannt sein muß, doch ein Hühnchen mit ihm zu rupfen.“
„Inwiefern?“
„Er ist derselbe, der Henricord und Juanito ermordet hat. Wollt Ihr ihn laufenlassen?“
„Laufenlassen? Fällt mir nicht ein!“ sagte der Capitano zögernd. „Aber was ist es, was Ihr mit ihm zu schaffen habt?“
„Ich sagte es Euch ja bereits. Er ist mir im Weg.“
„Warum?“
„Das geht Euch nichts an! Wollt Ihr dieses Geschäft übernehmen?“
„Hm, das muß überlegt werden.“
„So überlegt es schnell! Wenn ich mich nicht auf Euch verlassen kann, so werde ich mich an einen anderen wenden, der mich besser bedienen wird als Ihr und Eure Leute.“
„Den möchte ich kennen! Ich dulde keine Konkurrenz; das sage ich Euch, Señor! Übrigens gehört dieser Franzose bereits mir, da er zwei meiner Männer getötet hat, und wer mir hier in das Handwerk pfuscht, der hat es mit mir zu tun. Das könnt Ihr Euch merken!“
„Gemach! Heißt das etwa, daß dieser Kerl sich unter Eurem Schutz befindet?“
„Nein“, antwortete der Hauptmann; „es heißt im Gegenteil, daß er meiner Rache verfallen ist, und diese lasse ich mir nicht nehmen. Er soll verschwinden!“
„Das heißt mit anderen Worten, er soll sterben?“
„Sterben? Nein, auf keinen Fall. Ich habe mit ihm anderes vor; aber ich gebe Euch mein Wort, daß er Euch nicht lästig fallen soll.“
Der Notar wußte jetzt, woran er war, aber er ließ es nicht merken, daß er den Hauptmann durchschaute, und sagte also:
„Ich will Euch vertrauen, Capitano. Ich werde Euch also tausend Ducatos für jeden Toten geben, verlange aber dafür, daß der Deutsche stirbt und der Franzose verschwindet.“
„Ihr sollt Euren Willen haben, habt aber dann für den Deutschen die betreffenden fünfhundert nachzuzahlen und für den Franzosen ebensoviel zu
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