Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
42 - Waldröschen 01 - Das Geheimnis des Bettlers

42 - Waldröschen 01 - Das Geheimnis des Bettlers

Titel: 42 - Waldröschen 01 - Das Geheimnis des Bettlers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
Vom Netzwerk:
Geringste an ihr zu ändern“, erklärte Sternau.
    „Oho! Wer hat hier zu befehlen?“ fragte Alfonzo. „Ich meine doch, hier mehr zu gelten als jeder andere!“
    „Und ich als Sachwalter Seiner Erlaucht bin auch nicht gewohnt, überhört zu werden!“ fügte Cortejo hinzu.
    Sternau machte eine abwehrende Handbewegung und sagte sehr ernst und nachdrücklich:
    „Señores, ich gebe Ihnen zu bedenken, daß nur der Arzt zu befehlen hat, kein anderer! Die Operation wird in zehn Minuten beginnen. Ich werde jede Störung energisch zurückweisen.“
    „Das wollen wir sehen!“ rief Alfonzo.
    „Ja, das werden wir sehen!“ erklang die scharfe Antwort. „Ich mache Sie darauf aufmerksam, daß die kleinste Aufregung dem Grafen gefährlich werden muß, und mache Sie verantwortlich für alles, was geschehen könnte!“
    „Wir werden beiwohnen!“ meinte der Graf Alfonzo.
    „Ich werde einiger Handreichungen bedürfen; wer dieselben zu leisten hat, habe nur ich zu bestimmen. Ich erkläre mit Aufrichtigkeit, daß es mir scheint, als ob es hier Personen gebe, welche an eine Wiederherstellung Seiner Erlaucht keinen Gefallen finden, und werde demnach meine Maßregeln treffen. Contezza Rosa, darf ich Sie bitten, mir bei der Operation behilflich zu sein?“
    „O wie gern werde ich das tun, wenn es in meinen Kräften steht“, antwortete sie.
    „Es wird nicht über Ihre Kräfte und Gefühle gehen. Damenhilfe ist notwendig. Vielleicht ist Miß Amy so freundlich, sich Ihnen anzuschließen?“
    „Ich danke Ihnen, daß Sie mir dieses Vertrauen schenken!“ antwortete die Engländerin zustimmend.
    „Und ich?“ fragte die Schwester Clarissa.
    „Sie darf ich nicht bemühen, Señora!“ antwortete Sternau kurz und kalt.
    „Warum?“ fragte sie scharf.
    „Ihre Nerven entbehren der notwendigen Festigkeit.“
    „Wie wollen Sie mir dies beweisen?“ fragte sie in einem geradezu herausfordernden Ton.
    „Sie wurden beim Anblick meiner kleinen Wunde so schwach, daß ich Sie stützen mußte. Wie wollen Sie bei einer lange Zeit in Anspruch nehmenden Operation aushalten!“
    „Aber ich muß ganz entschieden darauf dringen, dabeizusein!“ sagte Alfonzo.
    „Und ich muß es Ihnen ganz entschieden verweigern. Ich brauche keine Herren. Nur einen einzigen werde ich um eine Gefälligkeit ersuchen. Señor de Lautreville, darf ich mich an Sie wenden?“
    „Ich stelle mich zur Verfügung!“ antwortete Mariano schnell.
    „Ich habe Ihnen eine eigentümliche Bitte vorzutragen, aber ich bin überzeugt, daß Sie mir dieselbe erfüllen werden.“
    „Sprechen Sie!“
    „Sie kennen die Fenster, welche zu den Zimmern Seiner Erlaucht führen!“
    „Ja.“
    „Dann bitte, richten Sie es ein, unter diesen Fenstern während der Operation einen kleinen Spaziergang zu machen. Ihre Anwesenheit wird mir die beste Bürgschaft sein, daß jede Störung von dieser Seite abgehalten wird.“
    Der Lieutenant verneigte sich mit einem verständnisvollen Blick und sagte:
    „Ich errate, was Sie meinen, und stelle mich gern zur Verfügung, denn es kann nur eine Ehre für mich sein, einen Vorgang in Schutz zu nehmen, welcher einem edlen Mann das kostbare Gut des Augenlichtes wiedergeben soll.“
    „Eine Ehre?“ fragte Alfonzo höhnisch. „Eine Schande ist es vielmehr, ja geradezu eine Schande, sich als Kettenhund eines Arztes brauchen zu lassen.“
    Da trat Mariano mit zwei raschen Schritten auf ihn zu und fragte:
    „Werden Sie dieses Wort augenblicklich zurücknehmen?“
    „Nein!“ lautete die zornige Antwort. „Ich wiederhole es sogar!“
    „Wohl, so werden Sie mir diejenige Antwort geben, welche unter Kavalieren gebräuchlich ist!“
    „Sie? Ein Kavalier?“ rief Alfonzo. „Sie sind ja –“
    Er konnte nicht weiterreden, denn der Notar trat auf ihn zu und legte ihm die Hand fest auf den Mund.
    „Halt, Graf!“ warnte er. „Wir haben weder die richtige Zeit noch den rechten Ort zu einem solchen Gespräch.“
    „Das ist auch meine Meinung“, erklärte der Arzt. „Übrigens, Señor de Lautreville, wenn Sie eines Sekundanten bedürfen, so stelle ich mich Ihnen gern zur Verfügung. Ich ersuche Sie und die Damen, mir zu folgen.“
    Die beiden Mädchen waren so bestürzt und erschrocken, daß sie ihm wortlos folgten; auch der Lieutenant ging, ohne einen einzigen Blick auf die Zurückgebliebenen zu richten. Diese warteten lautlos, bis die Schritte der sich Entfernenden verklungen waren, dann sagte der Notar:
    „Unvorsichtiger! Fast hättest du alles

Weitere Kostenlose Bücher