42, weiblich, Single ... sucht jungen Lover (Renée Corrillas Erotikreihe) (German Edition)
Herr, denn sie weiß nicht, was sie spricht. Mein Ex hat Klavier gespielt. Mein Ex hat Liszt geliebt. Dieses Stück, ca. 5 Minuten lang, hat er immer und immer wieder gespielt. Nur wegen mir. Nur weil ich es liebte.
Ich vermisse meinen Ex. Nur deswegen. Wegen nichts sonst. Aber wegen „O lieb so lang' du lieben kannst“ vermisse ich ihn. Und wegen Sex vielleicht. Aber die Vorstellung, ihn zu küssen, ekelt mich.
Als das Stück zu Ende ist, gehe ich auf die Toilette, weil ich das Gefühl habe, mich übergeben oder weinen zu müssen. Ich spritze mir Wasser ins Gesicht, sehe die Fältchen um meine Augen und frage mich, wie mein Leben verlaufen wäre, hätte ich den Seitensprung meines Ex-Mannes nicht entdeckt. Wäre die Liebelei weitergegangen und vielleicht irgendwann (bin ich naiv?) zu Ende gegangen. Ohne diesen Streit, diesen Krieg, der alle verletzt hat, Chantel, mich, ihn, auch seine Geliebte, die einen Selbstmordversuch (halbherzig nur, aber immerhin) unternommen hat. Am Ende haben wir alle verloren, keiner ist ohne Wunden ausgestiegen.
Ich will die Toilette gerade verlassen, da höre ich Flüstern. Ich drehe mich um, eine der Türen ist versperrt, ich warte, lausche, vernehme leise Stimmen, ein Liebespärchen, oh mein Gott, die Toilette ist zwar gewiss die sauberste der Innenstadt, aber Sex auf dem Klo ist für mich undenkbar. Aus dem Flüstern wird ein heftiges Atmen, und mit dem heftigen Atmen kommen auch Geräusche, die zweifellos zu einem Liebesakt gehören (ich tippe mal: von hinten im Stehen?), das heftige Atmen geht über ein Stöhnen (weiblich und männlich), leise noch, aber nicht zu überhören. „Oh Gott, ja!“, seufzt die weibliche Stimme. - „Ist es gut so?“, fragt der Mann. - „Perfekt! Das ist perfekt! Mach weiter!“ - Ich stelle mir vor, was so perfekt ist, ist es seine Hand, die sie an der gewissen Stelle streichelt, oder ist sein Penis so tief, dass er ihre Vagina ausfüllt (Penis, Vagina, ich versuche es so kühl wie möglich zu beschreiben, ansonsten werde ich noch schwach und bitte die beiden, mich mitmachen zu lassen) … Langsam, aber sicher, wird das Tempo erhöht, werden die Stöße härter, das Stöhnen heftiger. - „Gut! Ja! So!“ - sie scheint zufrieden - „Spürst du ihn in dir? Spürst du, wie hart ich bin? So hart war ich noch nie!“ - Ich platze beinahe los vor Lachen, lege meine rechte Hand (soeben gewaschen!) auf meinen Mund. Warum bin ich so böse? Warum mach ich mich lustig? Wäre nicht ich gerne die Frau? Würde ich nicht gerne genommen werden, irgendwo, egal wo, aber Hauptsache einen Kerl, der weiß, wie er umzugehen hat mit seinen Händen, mit seinem Schwanz? - „Das ist es, Tom! Das ist es jetzt! Nicht mehr lange … nicht mehr lange!“ - Jetzt gibt der Typ alles, ich höre, wie sein Becken auf ihren Hintern klatscht, ich frage mich, ob sie sich selber streichelt oder ob er das erledigt (sollte er derjenige sein, hat er zweifellos großes Talent), und schon setzt die Frau an zum Höhepunktgeschrei: „Ja! Ja! Ja! Ja! Ja!“ - mit jedem Stoß gibt es ein Ja!, und mit jedem Ja! wird ihre Stimme lauter, sie überschlägt sich, ich habe das Gefühl, das ganze Restaurant müsste sie hören, und ich möchte ihr helfen, ich stimme mit ein: „Ja! Ja! Ja! Ja! Ja!“ und so schreien wir beide, bis sie kommt. Danach ist es totenstill. Für ein paar Sekunden. Leises Kichern dann. Ich verlasse die Toilette. - „Gab es ein Problem?“, fragt mich mein Chef, als ich mich wieder an den Tisch setze. - „Nein“, sage ich. „Ich hab mich nur auf dem Klo von einem hübschen Kerl durchbürsten lassen.“ - Quatsch. Sag ich natürlich nicht, denke ich mir nur. Auf die Idee, dass seine Frage fehl am Platz ist, ja, geradezu unverschämt ist, kommt jemand wie Holger nicht. Beruflich ist er erfolgreich, privat ist er daneben. Sagt Gerlinde immer. Ich glaube, sie hat Recht.
Ich behalte die Treppe im Auge, die zu den Toiletten führt. Und schließlich sehe ich das Pärchen, das da unten zugange war. Sie ist jung, 20 vielleicht, keine Schönheit, er ist etwas älter, aber nicht viel. Es ist der Typ, der Arcimboldo zu nahe kam. Und jetzt bin ich wirklich neidisch. - „Der Sohn vom Bürgermeister“, flüstert mir Christine zu. - „Wer?“ - „Den jungen Knilch, den du so anstarrst. Der Typ mit der Tussi.“ - „Wirklich? Wie alt ist er denn?“ - „Der Bürgermeister?“ - „Der Sohn.“ - „Och, 24, glaube ich. Clemens heißt er.“ - „Hübsch.“ - „Zu jung für
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