43 - Der Triumph von Scorpio
Es war nichts anderes als ein Schiffsbug!
Als sich das Gefährt weiter durch die massive Steinmauer schob, wurde der Bug größer. Das Schiff war nicht besonders groß; der doppelte Kiel beschrieb einen anmutigen Bogen und endete schließlich in einem hohen Heck. Das Schiff schwebte in der Luft, drehte eine Kurve und landete.
Jetzt konnte ich auf das Gefährt herabsehen. Auf dem flachen Deck drängten sich mit glitzernden Rüstungen bekleidete, schwerbewaffnete Katakis. Sie runzelten die Stirn und richteten bedrohliche Blicke auf die Chuliks. Dann sah ich die Gestalt am Heck. Sie war einschüchternd, gebieterisch und hatte die Situation voll im Griff.
Sein Gewand bauschte sich an den gepolsterten Schultern wie eine düstere, rauchrote Wolke. Das Kettenhemd funkelte im Licht, und die knochenweißen Hände hielten den Schaft einer Doppelaxt. Er hatte ein bleiches Gesicht und trug einen dicken, braunen Kinnbart. Der lippenlose Mund enthüllte raubtierähnliche, nichtmenschliche Zähne, und die Nasenlöcher waren einfache Schlitze. Ja – dieses Teufelsantlitz kannte ich!
Er hatte bei dieser Gelegenheit auf seine Anhängerschaft verzichtet. Die nackten oder halbnackten angeketteten Mädchen waren nicht dabei. Es fehlten auch die seltsamen Kreaturen aus anderen Dimensionen – die wurmähnlichen Wesen, die geschwänzten, sich windenden kleinen Ungeheuer, die nur aus Klauen und Zähnen bestanden. Er saß auf einem einfachen, fellbedeckten Stuhl und strahlte eine überwältigende Verachtung und absolute Macht aus.
Ich zwang mich dazu, mir seine Axt anzusehen. Sie hatte einen doppelhändigen Griff, ähnelte aber keinesfalls der Sachsen-Streitaxt, die Inch benutzte. Die Hälften der Doppelklinge waren meisterlich gerundet und liefen am Ende in sägezahnähnliche Zacken aus. Gewiß eine eindrucksvolle und angeberische Waffe. Doch war sie auch das richtige Handwerkszeug für einen Kämpfer? Als ich ihn das letztemal bezwungen hatte, hatte er eine praktischere Axt verwendet. War die neue Waffe einer anderen Kategorie zuzuordnen? Hatte sie magische Kräfte? War er unbesiegbar, wenn sie gegen den kalten Stahl eines Sterblichen antrat?
Das Schiff kam endgültig zur Ruhe. Die Katakis hoben die klingenbewehrten Schwänze über den Kopf und sprangen auf das Podest zu.
Als wir seinerzeit die kleine Rauferei ausgetragen hatten, war seine Axtkunst in meiner Achtung entscheidend gesunken. Jetzt stellte ich seine taktischen Fähigkeiten in Frage. Die Katakis schwärmten auf das Podest zu, und die Chuliks stellten sich ihnen mit einer Wildheit entgegen, die der ihren gleichkam oder sie sogar noch übertraf. Es wäre wirkungsvoller gewesen, wenn er den Höhenvorteil ausgenutzt hätte. Warum hatte er die Katakis nicht von oben herabspringen lassen?
Er trug einen Helm, der einen Betrachter leicht verwirren konnte. Die zahlreichen Dreizacke verliehen ihm das Aussehen einer Krone, und das zugespitzte Visier erinnerte an einen goldenen Barrakudakopf. Die Helmmitte bestand aus einem zornig fauchenden Fischkopf mit entblößten nadelspitzen Zähnen. Wieder einmal kam mir der Gedanke, daß ein kurzer, angstvoller Blick einen Beobachter schnell in Verwirrung stürzen konnte. Schaute ich auf einen Mann mit einem fischgesichtigen Helm hinab, oder saß da ein Fisch, der ein Menschengesicht als Halsschmuck trug? Ob Carazaar nun Mensch oder Fisch war – auf jeden Fall hatte er diesmal nur Katakis für die Drecksarbeit mitgebracht. Die Shanks hatte er zurückgelassen.
Chuliks und Katakis lieferten sich einen erbitterten Kampf. Ich ging zurück auf die Galerie und band den Langbogen los, den Chido mir besorgt hatte.
Ich spannte einen Pfeil ein und ließ ihn fliegen. Er traf mitten in Carazaars nichtmenschliches Gesicht, prallte von der fellbedeckten Stuhllehne ab und zerbrach in der Luft. Auch diesmal war Carazaar nur eine Illusion. Er projizierte sein Bild mit Hilfe des Kharma. Er hatte sich irgendwo auf Kregen ins Lupu versetzt, saß dort auf seinem Thron und befand sich gleichzeitig hier, um seine Diener anzuführen.
Ich verspürte ohnmächtige Wut. Der Teufel hatte endlich seine wahren Absichten gezeigt. Carazaar trachtete nach dem Skantiklar.
Ich wußte nicht, wozu er es benötigte oder welche Absichten er verfolgte. Jedoch war mir klar, daß daraus nichts Gutes entstehen würde.
Chido stieß einen Schrei aus, dem sofort das Geräusch klirrenden Stahls nachfolgte. Ich wirbelte herum. Vier Krieger waren auf die Galerie gestürmt. Zwei
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