43 Gründe, warum es AUS ist
stolperte zur Tür hinein. Die wenigen Leute blickten auf, als sie ein heulendes Mädchen hereinkommen sahen, und Al, ernst und bleich, stand auf von dem Tisch bei Federico, an dem wir möglichst immer sitzen, während ich heulte und heulte und mit der ganzen Wahrheit herausrückte.
Und die Wahrheit ist. Ich bin es nicht, Ed. Das war’s, was ich dir sagen wollte. Ich bin nicht anders. Ich bin nicht intellektuell, auch wenn alle, die mich nicht kennen, das behaupten, und auch nicht musisch begabt, ich male nicht, ich kann nicht zeichnen, ich spiele kein Instrument, ich kann nicht singen, ich spiele nicht Theater, das wollte ich sagen. Und ich schreibe auch keine Gedichte. Ich kann nicht tanzen, höchstens auf irgendeinem Fest, wenn ich beschwipst bin.
Ich bin nicht sportlich. Ich bin weder Goth noch Cheerleader. Ich bin kein Schatzmeister und auch kein Co-Kapitän. Ich bin nicht schwul und oute mich stolz, nicht die Schülerin aus Sri Lanka, bin kein Drilling, keine elitäre Tussi von einer teuren Privatschule, keine Säuferin, kein Genie, kein Hippie, keine Christin, keine Schlampe, nicht einmal eines dieser superjüdischen Mädels mit Kippa, die vor dem Laubhüttenfest jedem frohe Feiertage wünschen. Ich bin gar nichts, wie ich gerade weinend zu Al gesagt habe, während meine Hände die Blütenblätter fallen lassen, das andere aber ganz fest halten. Ich mag Filme, das weiß jeder, ich liebe sie, aber ich werde nie selbst einen drehen, weil die Ideen in meinem Kopf alle blöd und verkehrt sind. Nichts an mir ist anders, faszinierend, interessant, sehenswert. Ich hab langweiliges Haar, blöde Augen und alles andere als eine gute Figur. Ich bin zu fett, und mein Mund ist hässlich. Meine Klamotten sind ein Witz und meine Witze verzweifelt und kompliziert; außer mir lacht kein Mensch darüber. Ich rede lauter Schwachsinn, nie fällt mir irgendwas ein, was ich zu Leuten sagen könnte, damit sie mich mögen, die Worte kommen aus mir heraus wie aus einer kaputten Fontäne. Meine Mutter hasst mich, ich kann ihr nichts recht machen. Mein Vater ruft nie an, und wenn doch, dann immer im falschen Moment, er schickt bombastische Geschenke oder gar keine, und wegen alldem bin ich immer sauer auf ihn. Außerdem hat er mir den Namen Minerva gegeben. Ich rede schlecht über alle und bin dann unglücklich, weil sie mich nicht anrufen, meine Freunde fallen von mir ab, als hätte ich sie aus einem Flugzeug gestoßen, selbst mein Ex hält mich an Halloween für Hitler. Ich kratze mich an den unmöglichsten Stellen, ich schwitze überall, ich bin ein Trampel und lasse ständig irgendwas fallen, meine Noten sind durchschnittlich, meine Interessen blöd, ich habe Mundgeruch, kneifende Hosen, einen zu langen Hals. Ich mag Heimlichkeiten und lass mich prompt erwischen. Ich bin ein Snob und tu gern so als ob, ich gebe Lügnern recht, ich benutze gern irgendwelchebesonderenAusdrücke und bilde mir ein, das sei wer weiß wie schlau. Ich kann nicht viermal um den Block rennen und auch keinen Pullover gescheit zusammenlegen. Beim Küssen stelle ich mich blöd an, beim Knutschen noch blöder, ich hab meine Jungfräulichkeit verloren und nicht einmal das gut hingekriegt, erst bin ich einverstanden, und dann bin ich traurig und nervig und klammere mich an einen Jungen, von dem jeder weiß, was er ist – ein Idiot, ein Dreckskerl, ein Arschloch, ein Kotzbrocken –, ich liebe ihn, als wäre ich gerade mal zwölf und alles, was ich vom Leben wüsste, hätte ich aus diesen verdammten Girlie-Zeitschriften. In der Liebe bin ich ein Vollidiot, jemand aus einer drittklassigen, billigen Liebeskomödie, ein zu stark geschminktes Dummchen, das einem gut aussehenden Mann, dem der Sender gerade die eigene Comedy-Show weggenommen hat, irgendwelche blöden Sätze aus einem peinlichen Drehbuch sagt. Ich bin keine Romantikerin, ich bin einfach nur schwachsinnig. Nur dumme Leute halten mich für schlau. Es lohnt sich nicht, mich zu kennen. Ich bin eine arme Irre, die durch die Gegend zieht und um Almosen bettelt. Ich bin wie all diese elenden Dummköpfe, über die ich mich je lustig gemacht habe und in denen ich mich nicht erkennen wollte. Ich bin sie alle, noch das allerletzte hässliche Etwas in einem hässlichen, in letzter Minute zusammengeschneiderten Kostüm. Ich bin nicht anders, nicht das allerkleinste bisschen, ich bin ein mangelhafter Mangel, ein ruinierter Ruin, ein rostiges Wrack, ich bin so ein Fehlschlag, dass ich nicht einmal mehr weiß, was
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