43 - Waldröschen 02 - Der Schatz der Mixtekas
lieber Mann, und jeder Augenblick meines Lebens soll nur dir allein gewidmet sein.“
Da legte auch er seine Arme um sie und flüsterte, fast betend:
„Herrgott, ich danke dir! Das ist des Glückes fast zuviel für einen armen Jägersmann.“
Ihre Lippen suchten sich, und als sie sich in einem langen, seligen Kuß fanden, da hörten sie nicht, daß sich an der anderen Seite des Bassins etwas zu bewegen begann. Es war Mokaschi-motak, der Häuptling ‚Büffelstirn‘, welcher sich an die Palisaden zurückschlich, um sich über dieselben hinüberzuschwingen und sich dann zur Ruhe zu legen.
Um diese Zeit saß in einem abgelegenen Tal, vielleicht zwei Stunden von der Hacienda del Erina entfernt, eine Anzahl von vielleicht zwanzig Männern um ein Feuer. Es waren lauter wilde, verwegene Gestalten, deren jedermann zutrauen könnte, daß sie einen Mord oder so etwas ähnliches auf dem Gewissen habe. Das Viertel eines Kalbes briet am Spieß, und die Reste des Tieres, welche daneben lagen, bewiesen, daß man bereits seit längerer Zeit tüchtig geschmaust hatte.
„Also wie wird's Capitano?“ fragte einer mit unmutiger Stimme. „Warten wir noch länger?“
Der Gefragte lag neben ihm auf dem Ellbogen. Er hatte ein echtes Banditengesicht, und sein Gürtel strotzte von Waffen.
„Wir warten“, sagte er finster und bestimmt.
„Aber wie lange noch?“
„Solange es mir gefällt.“
„Oho, ich habe es satt!“
„Schweig!“
„Du wirst mir wohl erlauben, zu reden. Wir liegen bereits seit vier Tagen hier und wissen nicht, ob man uns nur für Narren hält.“
„Hältst du dich für einen Narren, so habe ich nichts dagegen. Wie ich mit dir dran bin, das weiß ich glücklicherweise ganz genau.“
„Aber wie wir mit diesem sogenannten Grafen dran sind, weißt du das auch?“
„Auch das weiß ich.“
„Nun, wie denn?“
„Er bezahlt uns gut, und wir warten also, bis er erklärt, was wir tun sollen.“
„Das halte der Teufel aus! Was hätten wir während dieser Zeit tun und verdienen können!“
„Schweig!“
„Oho! Ich bin ein Mann und habe zu reden!“
„Und ich bin der Capitano und verbiete es dir!“
„Wer hat dich zum Capitano gemacht? Doch erst wir!“
„Richtig! Und weil ich es nun einmal bin, so weiß ich es auch zu sein! Iß dein Fleisch und halte dein Maul, sonst kennst du die Gesetze!“
„Du willst drohen?“ fragte der andere, indem er an das Messer griff.
„Drohen? Nein, sondern handeln!“
Der Capitano sagte dies im kalten, gleichgültigen Ton, aber mit blitzschnellem Griff riß er die Pistole aus dem Gürtel und drückte ab. Der Schuß krachte, und der widersetzliche Sprecher stürzte mit zerschmettertem Kopf zu Boden.
„So, das gehört dem Ungehorsam. Schafft ihn zur Seite!“
Mit diesen Worten begann der Capitano, seine Pistole gleichmütig wieder zu laden.
Es erhob sich ein leises, mißbilligendes Gemurmel, doch verstummte es sofort, als der Hauptmann den Kopf erhob.
„Wer murrt?“ fragte er. „Ich habe noch mehrere Kugeln. Was soll werden, wenn es keinen Gehorsam mehr gibt? Dieser Graf Rodriganda zahlt einem jeden von uns ein Goldstück für den Tag. Ist dies nicht genug? Er läßt uns warten, ja, aber er wird uns schon noch Arbeit bringen, denn eine solche Summe gibt selbst ein Graf nicht umsonst aus.“
Die Leute beruhigten sich, und der Tote wurde zur Seite geschafft. Das Feuer warf seine ungewissen Schatten über die Gruppe. Man verzehrte den Rest des Fleisches, stellte eine Wache auf und hüllte sich dann in die Decken. Schon begann der Schlaf sich über die Männer zu legen, als man den Hufschlag eines Pferdes hörte. Sofort erhoben sich alle aus ihrer liegenden Stellung. Ein Reiter nahte.
„Wer da?“ fragte die Wache.
„Der Richtige.“
„Kann passieren.“
Der Angekommene gab sein Pferd der Wache und kam dann herbei. Es war Graf Alfonzo de Rodriganda. Er ließ sich neben dem Capitano nieder, zog seinen Tabak hervor und drehte sich eine Zigarette. Man sah ihm schweigend zu, als er aber die Zigarette angebrannt hatte und noch immer schwieg, fragte der Hauptmann:
„Bringen Sie uns endlich Arbeit, Don Rodriganda?“
„Ja.“
„Was für welche? Wir tun alles, was uns gut bezahlt wird.“
Er deutete dabei mit einer sprechenden Gebärde auf seinen Dolch. Der Graf schüttelte den Kopf und antwortete:
„Es ist nichts derartiges. Ihr sollt mir nur als Arrieros (Maultiertreiber) dienen.“
„Als Arrieros?“ sagte der Capitano. „Señor, wir sind
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