43 - Waldröschen 02 - Der Schatz der Mixtekas
murmelte:
„Es mag ein Verbrechen sein, pah! Ich heiße es gut, denn es bringt mir eine Grafenkrone. Wie gut, daß ich bereits zur Abreise gerüstet bin. Ich bringe einen Reichtum mit, um den mich Könige und Kaiser beneiden werden!“
Der Brief lautete folgendermaßen:
„Lieber Neffe!
Dein Vater hat geschrieben. Du mußt nach Rodriganda. Zuvor jedoch stirbt der alte Ferdinando, ganz so, wie es verabredet wurde. Komm! Der Kapitän Landola wartet bereits am Hafen.
Dein Oheim
Pablo Cortejo.“
Wenn es einen gab, dessen Beifall die Verlobung Helmers mit der Mexikanerin nicht ganz hatte, so war dies ‚Bärenherz‘, der Häuptling der Apachen. Er hatte den Deutschen sehr liebgewonnen, wenn er es sich bei seiner schweigsamen Natur auch nicht anmerken ließ. Er hatte geglaubt, noch lange Zeit mit ihm durch Wald und Prärie streifen zu können, und mußte nun diese Hoffnung aufgeben. Darum fühlte er sich unmutig und vereinsamt. Er fing sich also eines der halbwilden Pferde, setzte sich darauf und jagte in die Weite hinaus.
Dort trieb er sich einige Stunden im tollen Jagen herum, bis er endlich doch daran dachte, daß man ihn vermissen und suchen werde. Er kehrte also zurück. Dabei suchte er sich aber nicht etwa den geradesten und bequemsten Weg aus, sondern folgte den Tälern, Schluchten und Gründen, wie sie ihm gerade in die Richtung kamen, bis er, in einer Vertiefung reitend, plötzlich zankende Stimmen vernahm. Gleich darauf ertönte ein Schuß und ein Schrei.
Ein solches Vorkommnis ist verdächtig, besonders einem vorsichtigen Indianer. Er stieg ab, band sein Pferd an, griff zur Büchse und pirschte sich der Gegend zu, in welcher der Schuß gefallen war. Es war nicht weit. Er kroch eine Böschung empor, deren Höhe mit wilder Myrthe besetzt war. Als er diese Büsche erreichte, erblickte er zwischen diesen hindurch ein kleines, aber tiefes Tälchen, in welchem sich um ein abgebranntes Feuer herum achtzehn Männer und zwei Leichen befanden. Dabei lagen eine Menge Kisten, Säcke und Packsättel auf einem Haufen. Einer der Männer hatte eine Pistole in der Hand, welche er lud.
„Es bleibt dabei“, sagte er; „wer widerspricht, der wird einfach erschossen.“
„Werden uns die Schüsse nicht verraten?“ fragte ein anderer schüchtern.
„Schwachkopf, wer wird sich an uns wagen!“
‚Bärenherz‘ verstand das Gemisch von Spanisch und Indianisch, das an der Grenze gesprochen wird, sehr gut; diese Leute hier aber redeten ein reines Spanisch, welches er nicht verstand. Er hielt diese Leute für eine Jagdtruppe, deren Mitglieder untereinander in Streit geraten waren und auf sich geschossen hatten. Das kommt in Mexiko häufig vor, ohne daß es groß beachtet wird. Er zog sich also leise wieder zurück, bestieg sein Pferd und ritt nach der Estanzia.
Dort hatte man ihn allerdings vermißt, und als er nun anlangte, mußte er sofort an der Tafel erscheinen, wo er keine Zeit fand, der Begegnung mit den Fremden zu gedenken.
Der Freudentag verlief ungestört, zumal sich der Graf ganz und gar nicht sehen ließ; doch ermüdet die Freude den Menschen ebenso wie der Schmerz, und man legte sich zeitig schlafen.
Nun erst verließ der Graf sein Zimmer und ging zu den Olivenbäumen, wo er die Indianerin bereits seiner wartend fand. Nicht die Sehnsucht der Liebe führte ihn zu ihr, aber er mußte ihr Vertrauen wenigstens so lange aufrechterhalten, bis er den Schatz gehoben hatte. Er heuchelte also Zuneigung und Zärtlichkeit, versuchte aber so schnell wie möglich von ihr fortzukommen.
„Warum willst du schon gehen?“ fragte sie ihn.
„Weil ich einen Ausflug unternehme.“
„Wohin?“
„Nach der Höhle des Schatzes.“
„Willst du ihn schon holen?“
„Nein. Ich will nur sehen, ob er wirklich noch da ist.“
„Er ist noch da. Mein Bruder hat ihn vor kurzem erst gesehen.“
„Ich muß mich dennoch selbst überzeugen. Diese Sache ist ja zu wichtig für mich.“
„Wann kommst du wieder?“
„Noch vor Abend.“
„So schlafe wohl!“
Sie umschlang ihn, küßte ihn zum Abschied und ging dann fort. Er folgte langsam. Als er seine Zimmer erreichte, waren bereits seine beiden Diener beschäftigt, diejenigen seiner Sachen einzupacken, welche er mitzunehmen hatte. Es war nicht viel, und darum kamen sie bald zu Ende damit.
„Tragt es leise hinab und sattelt die Pferde. Draußen bei der großen Zeder treffen wir uns!“
Er ging hinab, um langsam voranzuschreiten. Dabei bemerkte er ein helles Licht, welches
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