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43 - Waldröschen 02 - Der Schatz der Mixtekas

43 - Waldröschen 02 - Der Schatz der Mixtekas

Titel: 43 - Waldröschen 02 - Der Schatz der Mixtekas Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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Stelle nehmen und für ihn aufbewahren?“
    „Gern“, antwortete sie. „Was ist es denn, was Ihr bringt?“
    „Seht es selbst!“
    ‚Büffelstirn‘ breitete bei diesen Worten die Decken so auseinander, daß die Goldbrocken und das Geschmeide im hellen Strahl der Sonne am Boden lagen. Da vergaß Emma einen Augenblick lang den kranken Verlobten und all ihre Betrübnis, schlug die Hände zusammen und rief:
    „O Dios, welche Pracht, welcher Reichtum! Und das soll Señor Helmers gehören?“
    „Es ist sein“, erwiderte der Mixteka einfach.
    „O Madonna, so ist er ja reicher als ich und als mein Vater!“
    Der Häuptling warf einen ernsten Blick auf den Kranken.
    „Nicht wahr, Señorita, ‚Donnerpfeil‘ wird Euer Gemahl werden?“ fragte er.
    „Ja“, antwortete sie, doch ein wenig errötend.
    „Und Ihr werdet ihn nie verlassen?“
    „Niemals!“ beteuerte sie. „Warum fragst du so?“
    „Weil er es vielleicht sehr bedürfen wird, daß Ihr ihn nicht verlaßt. Hat er nicht von seiner Heimat zu Euch gesprochen?“
    „Ja.“
    „Woher ist er?“
    „Aus der Gegend von Mainz, in Deutschland.“
    „Hat er Verwandte?“
    „Einen Bruder.“
    „Was ist dieser?“
    „Steuermann.“
    „Uff! Wenn ‚Donnerpfeil‘ dieses Geldes nicht bedarf, so wünsche ich, daß sein Bruder es bekommt. Wollt Ihr dies besorgen?“
    „Gern. Es ist ein großer Reichtum, aber er blendet mich nicht. Mein Vater ist reich genug, um mich und Señor Helmers glücklich und sorgenlos zu machen; der Bruder in Deutschland wird das Gold erhalten.“
    „Und auch die Schmucksachen?“
    „Alles. Übrigens wird Señor Helmers sich nicht sträuben, diese Sachen nach Deutschland zu schicken; ich glaube mich da nicht zu täuschen.“
    ‚Büffelstirn‘ warf abermals einen Blick auf den Kranken und erwiderte: „Nein, er wird sich sicherlich nicht sträuben. Also Ihr versprecht mir, das Gold zu schicken?“
    „Ich werde es fortsenden.“
    „Und ihn nie verlassen?“
    „Nein! Aber was bezweckst du mit diesen Fragen?“
    „Ich habe dazu meine guten Gründe, die Ihr sicher noch erfahren werdet. Ist der Arzt noch nicht angekommen, nach dem Ihr gesandt habt?“
    „Nein.“
    „So bin ich begierig, zu wissen, was er sagen wird.“
    Der Indianer trat abermals zu dem Kranken, um ihn zu betrachten. Emma aber bückte sich nieder und ließ die Ketten und Ringe funkelnden durch ihre Finger gleiten. Dadurch entstand ein leiser, golden-metallischer Klang, der einen eigentümlichen Eindruck auf den Kranken hervorbrachte. Sobald dieser Klang sich hören ließ, öffnete nämlich Helmers die Augen und blickte im Kreis umher. Sein Blick hatte nichts Gestörtes oder Stieres an sich; er war nur unendlich traurig; Helmers schien die anwesenden Personen zwar zu sehen, aber nicht zu erkennen.
    „Ich bin erschlagen!“ flüsterte er.
    „O Dios, er redet“, rief da Emma und eilte mit raschen Schritten zum Bett. „Was sagtest du, mein Lieber?“ fragte sie mit zitternder Stimme.
    Der Kranke blickte sie an und antwortete:
    „Ich bin erschlagen worden.“
    „Ah, er phantasiert!“ rief jetzt das Mädchen ängstlich. „Antonio, kennst du mich denn nicht?“
    „Ich kenne dich“, antwortete er.
    „So sage meinen Namen!“ bat sie.
    „Ich weiß ihn nicht.“
    „O Madonna, er weiß ihn nicht. Kennst du denn deine Emma nicht?“
    „Ich kenne sie; aber ich bin erschlagen worden.“
    Da strömte ihr das Wasser aus den Augen, und sie fragte unter Tränen:
    „Und diese beiden Häuptlinge?“
    „Auch sie kenne ich, weiß aber nicht, wer sie sind.“
    „Oh, ‚Büffelstirn‘ und ‚Bärenherz‘ sind dir doch bekannt?“
    „Ja, ich kenne sie; aber ich bin erschlagen worden.“
    „Er redet irre; er hält sich für tot!“ jammerte Emma.
    Da trat ‚Büffelstirn‘ zu ihr heran, legte ihr die Hand auf den Arm und fragte:
    „Señorita, wollt Ihr mir eine Frage beantworten, und so wahr, als ob Euch der Große Geist selber fragte?“
    „Ja.“
    „Was werdet Ihr tun, wenn unser Freund ‚Donnerpfeil‘ stets so bleibt, wie er jetzt ist?“
    „Oh, ich werde ihn nicht verlassen, nie, nie! Aber er wird zu sich selbst kommen.“
    „Es ist möglich, daß er wieder gesund wird, aber sein Gehirn ist erschüttert. Gebt uns die Hand darauf, daß Ihr ihn nicht verlassen wollt!“
    Das schöne Mädchen zerfloß fast in Tränen. Sie reichte den beiden Indianern die Hand und sagte in energischem Ton:
    „Ich bin seine Verlobte; ich werde sein Weib sein, mag er nun so

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