43 - Waldröschen 02 - Der Schatz der Mixtekas
Ferdinando?“ fragte Embarez sarkastisch.
„Mein Leben steht in Gottes Hand“, antwortete der Gefragte ruhig.
„Welche Waffen wählen Sie?“
„Als Stellvertreter meines Neffen muß ich an seiner Wahl festhalten, also Degen, auch den Ort bestimme ich, den mein Neffe gewählt hat.“
„Der Sekundant?“
„Welcher Herr diente meinem Neffen?“
„Vicomte de Lorriére.“
„Ich werde Ihnen diesen Herrn sofort senden.“
„Und ich werde ihn erwarten.“
„So sind wir zu Ende, und ich bitte Sie, mich zu entlassen.“
Don Ferdinando ging und fuhr nach der Wohnung des Vicomte de Lorriére. Dieser war fürchterlich darüber aufgebracht, daß Alfonzo nicht erschienen war, doch nahm er Rücksicht auf die Ehrenhaftigkeit Don Ferdinandos und erklärte sich bereit, worauf der Graf Rodriganda nach Hause zurückkehrte.
Er schrieb noch während des ganzen Nachmittags und ließ am Abend die treue Maria zu sich rufen. Sie glaubte, daß er sie wieder wegen des Kindestausches sprechen wolle, fand sich aber enttäuscht.
„Maria“, sagte er, „ich werde dir ein Geheimnis anvertrauen, und du wirst es nicht verraten!“
„O Herr, ich werde gewiß schweigen“, erwiderte sie.
„Du weißt doch, was ein Duell ist?“
„Ja.“
„Ich werde mich morgen früh schlagen.“
„Ist's wahr?“ fragte sie erschrocken. „O mein lieber Don Ferdinando, das werden Sie nicht tun.“
„Ich muß“, antwortete er. „Dieser Alfonzo hat eine Forderung erhalten und ist feig entflohen. Um nun die Ehre meines Namens zu retten, muß ich für ihn eintreten.“
„O mein Gott, er wird der Mörder seines Oheims sein.“
„Nein. Ich verstehe den Degen gut zu führen, wenn ich auch kein Raufbold bin. Ich hoffe, daß ich unverletzt bleibe. Aus Vorsicht aber habe ich mein Testament gemacht –“
„Ich denke, das ist bereits längst fertig?“ fragte sie naiv.
„Ja, das, worin ich Alfonzo zum Universalerben einsetzte. Das wird jedoch jetzt anders. Ich habe Mißtrauen gefaßt und andere Bestimmungen getroffen. Hier ist das neue Schriftstück. Du sollst es mir aufbewahren.“
„Ich? Ach, gnädiger Herr, ich armes Weib –!“ sagte sie weinend.
„Du bist treu und die einzige, auf die ich mich verlassen kann. Kehre ich morgen zurück, so gibst du es mir wieder. Bleibe ich aber, so übergibst du es dem Gouverneur, der dann die nötigen Schritte tun wird. Gute Nacht.“
Die Alte wollte Widerspruch erheben, er aber schob sie hinaus, um nicht in eine weiche Stimmung zu geraten, die ihm ja nichts nützen konnte. –
Als Pablo Cortejo vorher den Grafen verließ, fertigte er zunächst die beiden Kuriere ab, dann begab er sich nach seiner Wohnung.
Er war verheiratet gewesen, und sein längst verstorbenes Weib hatte ihm ein einziges Kind, eine Tochter, hinterlassen. Diese war sein Abgott, obgleich sie überhaupt nichts Göttliches an sich hatte.
Sie war lang und hager wie ihr Vater, starkknochig, mit scharfen Gesichtszügen und eckigen Bewegungen. Ihr Teint war wachsgelb, die Zähne fehlten ihr bereits zur Hälfte, und ihre Augen glichen den Augen der Eule, wenn sie im Sonnenlicht sitzt und gezwungen ist, sie zu öffnen.
Pablo Cortejo ging nicht in seine Arbeitsstube, sondern suchte seine Tochter auf, die auf dem Hofgang des Hauses, wo eine erquickende Kühle herrschte, in einer Hängematte lag und Zigaretten rauchte.
„Ah, Papa, was wollte der Graf zu so ungewöhnlicher Stunde?“ fragte sie.
„Mir die Faust in das Auge schlagen“, antwortete er grimmig.
„Worum handelte es sich denn?“
„Um was anderes als um Alfonzo?“
„Hm! Er ist doch sein Neffe!“
„Wie es scheint. Oh, wüßte der Alte, wie es steht. Ich möchte ihn sehen. Zunächst kam die Spielschuld aufs Tapet, dann diese verdammte Abfindungssumme für die damalige Liebelei und endlich gar die Duellgeschichte, an der nur du allein die Schuld trägst.“
„Ich?“ fragte das Mädchen verwundert. „Habe ich etwa zu der Forderung Veranlassung gegeben?“
„Nein, aber du gabst nicht zu, daß Alfonzo sich stellte, dir war um sein teures Leben bange – und ihm selbst wohl noch mehr.“
„Was hat dies mit der heutigen Affäre zu tun?“
„Graf Embarez hat Don Ferdinando geschrieben.“
„Donnerwetter!“
Dem Sekretär fiel dieser unweibliche Fluch seiner Tochter nicht auf, er fuhr fort:
„Ja, das Donnerwetter habe ich bekommen. Er sprach vom Absetzen, Fortjagen und allem möglichen.“
„Das wagt er nicht!“ sagte sie geringschätzig.
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