44 - Die Intrige von Antares
nebeneinander hergingen. Das Fackellicht beleuchtete ihre Gewänder, die alle die gleiche düstere dunkelrote Farbe aufwiesen. Die Gesichter lagen in den Schatten der Kapuzen verborgen.
Regen verdampfte zischend in den Flammen der Fackeln.
Ich konnte nicht genau verstehen, was sie sangen. Ein Wort wurde oft wiederholt. Oltomek. Es konnte auch Altamek sein. Der Regen fiel, die Fackeln zischten, die Gestalten sangen und schritten weiter nebeneinander her. Der Vermummte an der Spitze trug eine vergoldete Stange, auf deren Spitze die vergoldete Statue eines Ungeheuers hockte, das nur einem Alptraum entsprungen sein konnte. Das Ding verfügte über große Schwingen, Krallen und Reißzähne, und die aus Rubinen bestehenden Augen funkelten im Fackelschein. Der Götze verbreitete eine Aura des gestaltgewordenen Bösen.
Der vergoldeten Blasphemie folgte eine zweite, diesmal versilberte Stange, auf der ein Symbol hin und herschwankte. Es schien sich um die stilisierte, ovale Nachbildung eines ausgebreiteten Schwingenpaares zu handeln, dessen Spitzen sich am unteren Ende fast berührten.
Die Prozession sang Ultumak oder Oltomek, überquerte den Hof und verschwand auf der anderen Seite. Der ekelerregende Weihrauchgestank blieb noch einen Augenblick lang in der Luft hängen, dann wurde sie durch den Regen gereinigt. Der Fackelschein verschwand.
»Notor ...«, sagte Palfrey zitternd.
»Verrückte«, sagte Dagert von Paylen. Sein unbeschwertes Lachen klang diesmal ernster als gewöhnlich. »Hanitcha der Verheerende soll sie holen! Bei Krun! Mit denen will ich nichts zu tun haben!«
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»Brassud!« fauchte Dagert von Paylen. »Oder ich werde dir den Hintern versengen, bei Malahak!«
Palfrey versuchte, sich zusammenzureißen. »Notor«, winselte er. »Möge Kaerlan die Gnädige nun auf uns herablächeln! Verschwinden wir von diesem schrecklichen Ort, bevor uns die ganze Verderbtheit von Kuerden dem Gnadenlosen befällt.«
Einer der Leibwächter murmelte: »Das ist wahr, Notor, bei Havil dem Grünen.«
»Los! Los!« befahl Dagert. »Bratch!«
Palfrey bratchte, sprang wie ein aufgeschrecktes Reh auf und lief in das dunkle Gebäude. Augenblicke später schwebte ein kleiner viersitziger Flieger durch den Torbogen und setzte neben Dagert auf.
Palfrey saß hinter der winzigen Windschutzscheibe vor den Kontrollen, und seinem Gesicht war abzulesen, daß ihm übel war. Die Leibwächter warteten ab.
»Steigt ein!« befahl Dagert. Er wandte sich mir zu und lächelte, und die weißen Zähne hoben sich deutlich von der Dunkelheit ab. »Ich muß mich nochmals bei dir bedanken, Tyr Drajak. Ich werde dich nicht vergessen. Nun muß ich losfliegen, und zwar so schnell, wie es Wheesh-Amakler, der Geist der Winde, es erlaubt.«
»Falls du nach Westen fliegst, könntest du mich ...«
Bevor ich zu Ende gesprochen hatte, war er über die polierte Reling des Vollers gesprungen und sah mich mit einem spöttischen Lächeln an. Er versetzte Palfrey einen Stoß.
»Nach Westen? Ah – nein. Wir fliegen nach Norden.«
Ich bin mir bis zum heutigen Tage nicht darüber im klaren, ob genug Zeit gewesen wäre, um auf den Flieger aufzuspringen. Palfrey war verdammt schnell. Das kleine Flugboot hob geräuschlos ab, wobei es nur ein paar am Boden liegende verwelkte Blätter durcheinanderwirbelte, und schoß in den wolkenverhangenen Himmel. Ein kaum verständliches »Remberee, Drajak!« ertönte. Dann war der Voller mitsamt Dagert, Palfrey und den beiden Leibwächtern verschwunden.
»Remberee!« flüsterte ich angewidert. »Bei Makki-Grodnos verseuchter Leber und seinem fehlenden Augenlicht! Du läßt nach, Dray Prescot, du läßt verdammt noch mal nach!« fügte ich dann hinzu.
Also, ich hatte ein einigermaßen vernünftiges Schwert, das nicht in die Scheide paßte und sowohl das feuchte Leder wie auch das angebrochene Holz zerschnitten hatte. Ich trug einen roten Lendenschurz, ein vernünftiges Gewand und ein Paar ordentlicher Stiefel. In der Vergangenheit hatte ich, Dray Prescot, Lord von Strombor und Krozair von Zy, mich mit weniger Ausrüstung ins Abenteuer gestürzt. Weitaus weniger, bei Djan!
Und so marschierte ich los. Die Jungfrau mit dem Vielfältigen Lächeln tauchte im Westen hinter den Horizont. Dafür erschienen jetzt ein paar von Kregens kleineren Monden am Himmel, doch ich konnte sie wegen der Wolken nicht sehen. Die Nacht würde bald vorüber sein, und ich wollte den Fluß vor Einbruch der Morgendämmerung überquert
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