44 - Waldröschen 03 - Der Fürst des Felsens
in jedem der wenigen Worte, welche er sprach. Der Rittmeister nahm sich vor, bei diesem Mann sein Heil nur in der List zu suchen.
Im Laufe der Unterhaltung während der Tafel machte Arbellez eine Bemerkung, welche der Rittmeister sofort aufgriff.
„Es ist uns nicht nur eine Freude, sondern auch eine Beruhigung, Sie hier zu sehen, Señores“, sagte der Haziendero. „Noch gestern erst drohte uns eine große Gefahr.“
Verdoja kannte diese Gefahr aus seiner Unterredung mit Cortejo, aber er tat doch so, als ob er gar nichts davon wisse.
„Eine Gefahr? Welche war es?“ fragte er.
„Wir sollten überfallen werden“, antwortete Arbellez.
„Nicht möglich! Von wem?“
„Von einer Schar von Freibeutern oder Briganten.“
„Dann muß diese Schar eine bedeutende gewesen sein.“
„Über dreißig Mann.“
„Alle Wetter! Wenn sich solche Banden zusammentun, so ist es notwendig, die Zügel fester anzuziehen. Galt es Ihrer Hacienda, oder hatte man es nur auf Personen abgesehen?“
„Eigentlich wohl das Letztere, aber da diese Personen sich in meinem Haus in Sicherheit befanden, so plante man, dasselbe zu überfallen, zu zerstören und alles zu töten.“
„Teufel! Darf man erfahren, welche Personen das sind?“
„Gewiß. Es sind die Señores Sternau, Mariano und Helmers.“
„Sonderbar! Wie haben Sie sich der Spitzbuben erwehrt?“
„Unser Señor Sternau hat sie alle niedergeschossen.“
Der Rittmeister blickte überrascht zu dem Genannten hinüber, und auch die anderen Offiziere lächelten überlegen und ungläubig.
„Die ganze Bande?“ fragte Verdoja.
„Nur einige wenige ausgenommen.“
„Und das hat Señor Sternau ganz allein fertiggebracht?“
„Ja. Er hatte nur einen Begleiter mit, welcher vielleicht zwei der Feinde erschossen hat, die anderen kommen alle auf Señor Sternaus Rechnung.“
„Das klingt unglaublich. Dreißig Mann sollten sich so ohne alle Gegenwehr von einem einzigen Mann niederschießen lassen? Ihr irrt!“
„Es ist wahr“, sagte der Haziendero begeistert. „Lassen Sie es sich erzählen.“
Da warf Sternau einen ernsten Blick auf Arbellez und sagte:
„Bitte, lassen wir das. Was geschah, ist keine Heldentat.“
„Es ist eine Heldentat, dreißig Mann zu töten“, sagte der Rittmeister, „und ich hoffe, Señor, daß Sie nichts dagegen haben, daß wir uns diese interessante Tatsache erzählen lassen.“
Sternau zucke die Achseln und ergab sich in das Unvermeidliche. Pedro Arbellez machte den Berichterstatter, und er erzählte so lebendig, daß die Offiziere mit ihren Blicken bis zu seinem letzten Wort an seinem Mund hingen.
„Kaum glaublich!“ rief der Rittmeister. „Señor Sternau, ich gratuliere Ihnen zu einer solchen Tat.“
„Danke“, sagte dieser ziemlich kühl.
„Solche Tapferkeit ist nicht zu verwundern“, meinte Arbellez. „Haben Sie einmal von dem Indianerhäuptling ‚Büffelstirn‘ gehört, Señor Verdoja?“
„Ja. Er ist der König der Büffeljäger.“
„Und kennen Sie vielleicht einen nördlichen Jäger, den man den ‚Fürst des Felsens‘ nennt?“
„Ja. Er ist der stärkste und verwegenste Jäger, den es geben soll.“
„Nun, Señor Sternau ist dieser Jäger, und ‚Büffelstirn‘ war sein Begleiter nach der Schlucht des Tigers.“
Die Offiziere stießen einen Ruf der Überraschung aus. Sie hatten nicht geahnt, daß sie sich einem so berühmten Mann gegenüber befanden.
„Ist dies wahr, Señor Sternau?“ fragte der Rittmeister.
„Ja“, antwortete dieser, „obgleich es mir lieb wäre, meine Person nicht in dieser Weise in den Vordergrund gedrängt zu sehen.“
Verdoja war ein kluger Kombinist. Er sagte sich, dieser Mariano ist die Hauptperson des Geheimnisses, und wenn sich dieser ‚Fürst des Felsens‘ seiner annimmt, so muß das Geheimnis ein wertvolles sein. Er beschloß, kurz zu handeln, und fragte daher:
„Aber wie kommt es, daß man es gerade auf diese drei Señores abgesehen hat?“
„Das kann ich Ihnen erklären“, antwortete der Haziendero.
Aber ehe er seine Erklärung beginnen konnte, fiel Sternau ein:
„Das ist eine Privatangelegenheit, von der ich nicht glaube, daß sie Señor Verdoja interessieren wird. Brechen wir ab.“
Arbellez nahm diese verdiente Zurechtweisung schweigend entgegen, der Rittmeister aber gab sich nicht zufrieden. Er fragte:
„Liegt die Schlucht des Tigers weit von hier?“
„Sie ist in einer Stunde zu erreichen“, antwortete Sternau.
„Ich bin begierig, diesen Ort
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