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44 - Waldröschen 03 - Der Fürst des Felsens

44 - Waldröschen 03 - Der Fürst des Felsens

Titel: 44 - Waldröschen 03 - Der Fürst des Felsens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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Sternaus Brauner stieg. Jeder glaubte, der Arzt müsse stürzen und unter die stampfenden Hufe geraten, aber er hatte den rechten Augenblick ersehen; gerade als sein Pferd sich bäumen wollte, war er herab in den Sattel geglitten, in dem er nun fest saß, wie mit dem Pferd zusammengewachsen.
    Ein „Ah“ der Erleichterung erscholl, aber dennoch war die Situation gefährlich. Die durch den Schuß auf das äußerste aufgeregten Pferde jagten nämlich wie toll im Hof herum. Sternau dirigierte jedoch den Braunen in eine Ecke, musterte mit scharfem Auge den wirren Knäuel, der im Galopp umhersetzte, und gab endlich seinem Pferd die Sporen.
    „Herr Gott, was fällt ihm ein!“ rief der Großherzog.
    Die Damen aber schrien aus den Fenstern, und die Herren standen steif vor Schreck. Sternau flog gerade auf die rasenden Pferde zu; es sah aus, als müsse er ganz unvermeidlich mit ihnen zusammenprallen, aber da nahm er den Braunen empor und setzte in einem wilden, verwegenen Satz über zwei nebeneinander galoppierende Pferde hinweg.
    Es hatte ganz den Anschein, als ob er gegen die Mauer springen müsse, aber mitten im Sprung riß er sein Pferd herum, das kühne Wagnis gelang, und frei galoppierte er nun hinter dem vor ihm fliehenden Pferdetrupp her.
    „Bravo! Hurra!“ rief der Großherzog, ganz hingerissen von dieser Verwegenheit.
    Die Herren und Damen stimmten ein. So etwas hatten sie noch nie gesehen, selbst in einem Zirkus nicht. Sternau nickte dankend mit dem Kopf und schwang den Lasso. Dieser schwirrte durch die Luft und flog mitten im Jagen dem Rapphengst um den Hals. Sofort riß er sein Pferd herum in die entgegengesetzte Richtung – ein fürchterlicher Ruck, sein Pferd ward auf die Hinterbeine niedergerissen, aber der Rappe flog zu Boden und schlug mit den Hufen in der Luft herum, der Lasso schnürte ihm den Hals zusammen und raubte ihm den Atem.
    Jetzt sprang Sternau aus dem Sattel und erlöste den Hengst.
    Ein erneuter Beifall erscholl.
    „Ma foi, Doktor, sind Sie ein Reiter!“
    Sternau übergab mit einem Wink den Knechten die Pferde und trat hinzu. „Was ich tat, tut jeder Indianerknabe“, sagte er.
    „Aber Sie hatten die beiden Gewehre auf dem Rücken!“
    „Die legt ein Präriejäger niemals ab. Soll ich Ihnen zeigen, wie man mit ihnen umgeht?“
    „Ja, tun Sie das, wir bitten darum!“
    „Dann möchte ich wünschen, Kurt sei wieder da.“
    „Sogleich!“
    Der Großherzog teilte Sternaus Wunsch seiner Gemahlin mit, und sogleich wurde der Knabe, der oben von den Damen mit Liebkosungen überhäuft worden war, von ihr entlassen.
    „Nimm dein Gewehr“, sagte Sternau zu ihm. „Es gilt zu zeigen, daß du auch noch anderes treffen kannst, als einen Hasen.“
    Der Knabe hatte sein Gewehr vorhin gegen die Mauer gelehnt, er nahm es jetzt und trat zu Sternau.
    „Die Krähe auf dem Dachfirst!“ sagte dieser.
    Hoch oben auf dem steilen First des Daches daß eine einsame Krähe. Kurt legte an und drückte ab. Sie fiel herunter, und als man sie beobachtete, ergab es sich, daß sie mitten durch den Leib geschossen war.
    „Vortrefflich!“ rief der Großherzog.
    „Verzeihung, Hoheit, das ist ein schlechter Schuß“, sagte Sternau.
    „Warum?“
    „Eine Krähe ist ein so großes Objekt, daß man sie billiger Weise nur durch den Kopf schießen wird.“
    „Ah, bringen Sie das fertig?“
    „Ich?“ fragte Sternau lächelnd.
    „Ja.“
    „Dieser Knabe tut es bereits!“
    „Aber in welcher Nähe!“
    Sternau wandte sich gegen die Burschen:
    „Ludewig, gehen Sie hinaus nach der Tanne und bringen Sie die Krähe, die Kurt jetzt herabschießen wird.“
    Der Bursche ging.
    Draußen vor dem Schloß stand eine hohe Tanne, deren Äste über die Mauer emporragten. Auf ihren Zweigen saß eine ganze Schar von Krähen. Sie hatten sich durch den einen Schuß nicht erschrecken lassen, denn sie waren in der Nähe des Försters das Schießen gewöhnt.
    „Welche?“ fragte Kurt.
    „Auf dem dritten Ast die äußerste.“
    „Ungezählt?“
    „Nein, das wäre zu leicht.“
    „Gut, ich bin fertig.“
    „Eins – zwei – drei!“
    Sternau sprach diese Zahlen nicht etwa langsam, sondern schnell hintereinander aus. Bei Eins erhob Kurt das Gewehr, und bei Drei krachte sein Schuß. Die Krähe fiel herab, und die anderen erhoben sich kreischend in die Luft.
    „Aufpassen!“ rief Sternau.
    Dann riß er das kleinere seiner beiden Gewehre vom Rücken und zielte. Eins, zwei, drei, vier, fünf, sechs Schüsse krachten, fast

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