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44 - Waldröschen 03 - Der Fürst des Felsens

44 - Waldröschen 03 - Der Fürst des Felsens

Titel: 44 - Waldröschen 03 - Der Fürst des Felsens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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anders als so, wie er es jetzt zeigen will. Ich gehe.“
    „Nein, du bleibst!“
    Da trat der Hauptmann vor und sagte:
    „Hoheit, lassen Sie die zwei. Die wissen, was sie wollen und können.“
    „Aber ich trage keine Verantwortung.“
    „Es gibt hier faktisch keine.“
    Kurt eilte nun nach dem Tor und hielt dort mit beiden Händen das Lineal quer über den Kopf empor.
    „Wie viele Schüsse?“ fragte er.
    „Zehn“, antwortete Sternau.
    Dieser war inzwischen an das entgegengesetzte Ende des Hofes gegangen und nahm dort den Henrystutzen empor. Die Damen, die von oben die Unterhaltung der Herren nicht bis in das einzelnste verstehen konnten, merkten erst jetzt, um was es sich handelte.
    „Mein Gott, was geht da vor!“ rief die Großherzogin herab.
    „Ein Tellschuß!“ antwortete ihr Gemahl empor.
    „Nein, zehn Tellschüsse!“ fügte der Oberförster hinzu.
    Da wollte die hohe Frau Einspruch erheben und sagte:
    „Das soll nicht sein, das darf –“
    Doch sie wurde unterbrochen, denn Sternaus sonore Stimme erklang soeben: „Fertig, Kurt?“
    „Ja.“
    „Halt fest und still!“
    Dann fielen ein, zwei, drei, fünf – sieben – neun, zehn Schüsse so schnell hintereinander, daß man sie kaum zu zählen vermochte; darauf kam Sternau rasch herbeigeschritten und hielt, ohne sich um Kurt und das Lineal zu bekümmern, dem Großherzog den Stutzen hin.
    „Hoheit, sehen Sie, welch eine Arbeit dieses Gewehr ist. Zehn Schüsse so schnell hintereinander abgegeben, und doch ist der Lauf noch nicht erhitzt.“
    „Das wäre allerdings fast ein Wunder.“
    Das Gewehr ging von Hand zu Hand, und alle überzeugten sich von der vortrefflichen Konstruktion desselben. Endlich fragte der Großherzog:
    „Und das Lineal?“
    „Hier, Hoheit!“ rief Kurt, der bereits herbeigekommen war und hinter ihm gewartet hatte.
    Der Fürst nahm ihm das Lineal aus der Hand und sah zu seinem Erstaunen in demselben zehn Schußlöcher, eins neben dem anderen, in einer so geraden Linie, als sei sie mit dem Lineal gezogen, und so gleich weit voneinander entfernt, als ob die Distanzen mit einem Zirkel abgemessen worden seien.
    Natürlich gab es Ausrufe der Verwunderung und verschiedene Lobeserhebungen, aus denen sich aber Sternau nicht viel zu machen schien. Er wandte sich ruhig an den Major:
    „Mein Herr, Sie sagten vorhin, daß ein Sperling im Fluge nicht zu treffen sei?“
    „Ich behaupte es“, antwortete dieser.
    „Oh, man schießt sogar die Schwalbe.“
    „Zufall!“
    „Ich will Ihnen keine Wette anbieten, und Schwalben gibt es hier nicht; aber warten wir, den ersten Sperling, der wieder über den Hof kommt, den hole ich herab.“
    „Da bin ich doch neugierig!“ entgegnete der Major zweifelnd.
    Von jetzt an hingen aller Augen in der Höhe. Sternau hielt das Gewehr in beiden Händen, aber nicht angelegt. Eine, zwei, drei Minuten vergingen.
    „Da – da – da – da!“ rief es endlich aus aller Mund.
    Ein Sperling kam schnell wie der Blitz über das eine Dach herüber und schwippte nach dem anderen. Aber ehe er es erreichte, blitzte der Schuß, und er stürzte zur Erde herab.
    „Erstaunlich, ganz erstaunlich!“ rief der Großherzog.
    „O“, antwortete Sternau, „ein leidlicher Schuß garantiert für jeden Sperling. Es ist ja nichts Schweres.“
    „Sie sind ein ausgezeichneter Schütze, auf Ehre!“ ließ sich da eine Stimme vernehmen, die man noch nicht gehört hatte.
    Sie gehörte einem Herrn an, dessen Verhalten bisher ein sehr reserviertes gewesen war. Er hatte noch kein Wort gesprochen, aber als er jetzt aller Blicke auf sich gerichtet sah, fuhr er fort:
    „Habe kürzlich viel von Prärie erzählen hören. In Berlin, bei amerikanischem Gesandten. Sprachen von Savanne, von Trapper und Squatter, von Rothaut und Bleichgesicht. War interessant, sehr interessant, auf Ehre.“
    „Das ist etwas für Sie gewesen, mein lieber Graf“, versetzte der Großherzog. „Sie sind ja unser Sportsmann comme il faut.“ Und sich an Sternau wendend, sagte er vorstellend: „Graf Walesrode, bester Doktor.“
    Die beiden Herren verbeugten sich, dann fuhr der Graf fort:
    „Habe viele Romane gelesen, Reisebeschreibungen, Cooper, Marryat, Möllhausen, Gerstäcker. Habe gedacht, alles Schwindel. Aber doch anders. Hörte in Berlin beim Gesandten, daß alles wahr. Gesandter früher selbst in Prärie gewesen. Berühmte Häuptlinge und Jäger gesehen. Allerberühmteste Häuptlinge in Neumexiko. Sollen heißen ‚Bärenherz‘ und

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