45 - Waldröschen 04 - Verschollen
diese frohen Botschaften verschwiegen hätte. Na komm herein! Heute soll's hoch hergehen auf Schloß Rheinswalden!“
„Verzeihung, Herr Hauptmann, meine Mutter –“
„Papperlapapp! Die wird geholt, die gehört mit zur Sippschaft. Ich werde doch meinen Paten, den Herrn Oberleutnant der Gardehusaren, Kurt Helmers, bei mir haben dürfen! Heute ist ein Freudentag, und der wird gefeiert!“
Und er wurde gefeiert.
Am anderen Nachmittag stellte sich Platen ein, welchen Kurt zum Hauptmann führte, der den Freund seines Lieblings mit seiner gewöhnlichen derben Freundlichkeit empfing. Man setzte sich zur vollen Flasche und erst als der Oberförster sich in einer dienstlichen Angelegenheit entfernen mußte, fanden die beiden Offiziere Zeit, über ihre Angelegenheit zu sprechen.
„Hast du rekognosziert?“ fragte Kurt.
„Es gibt nichts zu rekognoszieren“, antwortete Platen. „Es ist uns alles leichter gemacht, als ich dachte. Der Oheim ist geschäftlich abwesend. Er reiste heute morgen nach Köln und wird erst nach Mitternacht zurückkehren. So steht uns also der ganze Abend zur Verfügung, der Sache nachzuforschen.“
„Ich reite mit.“
„Du gehst mit zu mir. Es kann nicht auffallen, daß ein Offizier, ein Kamerad mich besucht. Dann gehen wir in den Garten.“
„Nein. Ich mag mich im Haus nicht sehen lassen. Wir reiten miteinander. Du zeigst mir den Garten, und dann bestimmen wir die Zeit, in welcher wir uns treffen.“
„Gut, das mag vorsichtiger und sicherer sein. Aber wie kommen wir in das Gartenhaus? Es ist stets verschlossen.“
„In welcher Weise?“
„Es liegt ein starkes Quereisen schräg über die Tür, an welchem sich ein großes Hängeschloß befindet, und außerdem ist diese Tür noch mit einem gewöhnlichen Schloß versehen. Das Häuschen besitzt drei Räume, welche alle auch verschlossen sind. Woher Schlüssel nehmen? Ich weiß nicht, wo der Oheim die seinigen aufbewahrt.“
„Da ist leicht geholfen. Wir haben hier im Dorf einen ganz tüchtigen Schlosser, der alle Arten Dietriche besitzt; er wird sie mir gern borgen. Bei mir weiß er ja ganz sicher, daß es sich nicht um ein Verbrechen handelt.“
„Das wohl. Aber weißt du denn auch mit diesem Handwerkszeug umzugehen?“
„Hm! Man muß sehr geräuschlos verfahren, und ich habe natürlich keine Übung, ich würde viel kostbare Zeit verlieren. Wenn man den Mann mitnehmen könnte. Das dürfte das beste und klügste sein.“
„Ist er sicher und verschwiegen?“
„Ich stehe für ihn.“
„Gut, so nehmen wir ihn mit.“
„Ich werde zu ihm gehen, während du den Hauptmann unterhältst, denn dieser darf einstweilen noch nichts erfahren.“
Dies geschah. Der Schlosser ging auf Kurts Vorschlag sofort ein. Er wurde bedeutet, sogleich aufzubrechen und in einem bestimmten Gasthof in Mainz zu warten. Der Oberförster hielt es, als Platen später aufbrach, für ganz in der Ordnung, daß Kurt ihn begleitete. Beide erreichten Mainz, als der Abend herein zu brechen begann.
Sie ritten durch einige Straßen, bogen in ein Seitengäßchen ein und gelangten an eine Gartenmauer, in welcher sich ein verschlossenes Pförtchen befand.
„Über diese Mauer müßt ihr steigen, wenn ihr es nicht vorzieht, die Pforte zu öffnen“, sagte Platen.
„Das letztere ist zu auffällig; wir werden übersteigen“, antwortete Kurt.
Nun trennten sie sich. Platen ritt nach seiner Wohnung, Kurt nach dem Gasthof, in welchem der Schlosser auf ihn wartete. Er fand ihn leicht, und beide verließen ihn zu der Zeit, welche Kurt mit dem Freund vereinbart hatte.
Es war ein sehr dunkler Abend, und sie gelangten unbeobachtet an die Mauer. Es gelang ihnen sehr leicht, diese zu übersteigen. Jenseits derselben trafen sie auf Platen.
„Kommt!“ sagte dieser leise.
„Sind wir sicher?“ fragte Kurt.
„Vollständig. Es kommt niemand mehr in den Garten, und von mir denkt man, daß ich ausgegangen bin.“
Er führte sie durch gewundene Gänge bis zu einigen hohen Bäumen, welche ihre Wipfel auf das Dach des Gartenhauses neigten, welches sie suchten.
„Hier ist das Häuschen“, sagte Platen.
Kurt betrachtete es, so weit dies bei der Dunkelheit möglich war. Es war sehr massiv gebaut und mit starken Fensterläden versehen. Auch die Tür bestand aus starker Eiche, und die Eisenstange davor war wohl über einen Zoll dick.
„Also hier soll ich öffnen?“ fragte der Schlosser.
„Ja“, lautete die leise Antwort.
Er befühlte das Schloß sorgfältig, drehte es
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