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45 - Waldröschen 04 - Verschollen

45 - Waldröschen 04 - Verschollen

Titel: 45 - Waldröschen 04 - Verschollen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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hin und her und meinte:
    „Das wird rasch gehen; ich merke bereits, daß ich einen passenden Schlüssel habe.“
    Er hatte eine Ledertasche umhängen, in welcher sich die Dietriche befanden. Er griff hinein. Man hörte ein leises Klingen, dann ein ebenso leises Knirschen und Drehen, und dann sagte der Mann:
    „Das Schloß ist los. Nun zur Haustür!“
    Er brauchte kaum zwei Minuten, um diese zu öffnen. Sie traten ein und schlossen hinter sich zu. Platen zog ein Licht hervor und brannte es an. Man befand sich in einem kleinen Raum, welcher mit Gartenmöbeln ausgestattet war. Eine zweite Tür, welche auch leicht geöffnet wurde, führte in ein Zimmer, welches eingerichtet war, um hier, in der Luft des Gartens, ein Frühstück oder anderes Mahl einzunehmen. Jetzt wurde die dritte Tür aufgeschlossen, die in das letzte Gemach führte. Es enthielt die Ausstattung eines einfachen Arbeitszimmers, Schreibtisch, Tisch, ein Sofa, einige Stühle, sogar einen Ofen, Waschtisch, eine Uhr, nämlich die erwähnte Schwarzwälder, und einen Spiegel. Der ganze Raum ließ vermuten, daß er sehr oft in Gebrauch genommen werde.
    „Dort ist die Uhr“, sagte Platen, auf die Schwarzwälder deutend.
    „Nehmen wir sie herab“, bat Kurt.
    Sie wurde von der Wand genommen; man erblickte ein kleines schwarzeisernes Türchen, an dessen beiden freien Ecken man ein Schlüsselloch bemerkte.
    „Ah, zwei Schlösser!“ meinte der Schlosser. „Wollen sehen, ob wir sie öffnen können!“
    Es gelang. Und nun sah man eine tiefe Öffnung, in welcher ein Kästchen stand. Kurt nahm es heraus und bemerkte, daß hinter demselben noch mehrere Papiere lagen.
    Das Kästchen war verschlossen und hatte ein Gewicht, welches auf einen metallenen Inhalt schließen ließ. Der Schlosser versuchte mehrere Schlüssel, ehe er den passenden fand; als dann aber der Deckel zurückgeschlagen wurde, trat der einfache Handwerksmann zurück und rief:
    „Herrgott, so eine Pracht und Herrlichkeit habe ich in meinem Leben noch nicht gesehen!“
    Er hatte recht, denn, im Schein des Lichtes, welches Platen hielt, erfunkelten hunderte von Diamanten und edlen Steinen in tausenden von Facetten. Das Kästchen schien von sprühenden Funken erfüllt zu sein, die in allen möglichen Farben schillerten und brillierten.
    Kurt griff hinein und zog die einzelnen Gegenstände heraus, um sie auf den Tisch zu legen. Fast ergriff ihn jenes Fieber, von welchem ‚Büffelstirn‘ geredet hatte, ehe er mit ‚Donnerpfeil‘ die Höhle des Königsschatzes betrat.
    „Das ist ein Wert von vielen Millionen!“ sagte er mit hörbar bebender Stimme. „Wenn das alles wirklich mir gehörte!“
    „So einen Reichtum hatte ich allerdings nicht erwartet!“ gestand Platen, die vor ihm liegende Pracht mit den Augen verschlingend. „Man kann es begreifen, daß ein sonst ehrlicher Mann hier zum Verbrecher werden mag. Ist dies mexikanische Arbeit?“
    „Ganz sicher und gewiß!“ antwortete Kurt. „Da, blicke her!“
    Sie betrachteten die Gegenstände näher und kamen allerdings zu der Überzeugung, daß Kurt recht hatte. Platen holte schwer und tief Atem und sagte:
    „Lieber Helmers, jetzt bin ich überzeugt, daß dein Verdacht der richtige war. Mein Oheim konnte einen Ring, ein einzelnes Armband erwerben, aber diesen Schatz hier konnte er unmöglich bezahlen. Er ist ein – ein – Dieb!“
    „Noch dürfen wir ihn nicht verurteilen“, entgegnete Kurt, „denn wir können noch nicht sagen, wie er zu den Kostbarkeiten kam. Ah, was ist das?“
    Während er beschäftigt war, das Kästchen bis auf den Boden zu leeren, erblickte er tief unten etwas Weißes. Es waren zwei Briefe, welche er hervorbrachte. Er öffnete den einen und blickte nach der Unterschrift.
    „Benito Juarez!“ rief er. „Es ist der Brief des Oberrichters!“
    „So ist keine Täuschung mehr möglich“, sagte Platen. „Bitte, lies den Brief vor.“
    „Verstehst du spanisch?“
    „Nein.“
    „So werde ich dir die Zeilen übersetzen; sie sind spanisch geschrieben.“ Er trat nahe an das Licht heran und las folgenden Inhalt vor:
    „Herrn Bankier Wallner, Firma Voigt und Wallner in Mainz.
    Ich übersende Ihnen das beifolgende Kästchen, enthaltend Juwelen und sonstige Schmuckgegenstände nebst einem genauen Verzeichnis seines Inhalts. Dieser Inhalt gehört einem Knaben, dessen Vater Seemann ist und Helmers heißt. Der Knabe wohnt in der Nähe von Mainz auf einem Schloß, welches einem Hauptmann von Rodenstein gehört. Vater und

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