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45 - Waldröschen 04 - Verschollen

45 - Waldröschen 04 - Verschollen

Titel: 45 - Waldröschen 04 - Verschollen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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Oheim dieses Knaben sind leider hier in Mexiko verschollen; darum ist er Erbe der Kostbarkeiten. Sie wollen die Güte haben, ihm dieselben nebst dem noch beifolgenden Brief zu übergeben, wenn Sie ihn ausfindig gemacht haben. Sollte Ihnen dies nicht gelingen, so ersuche ich Sie, mich davon sofort zu benachrichtigen und Kästchen samt Inhalt bei Ihrer Regierungsbehörde zu deponieren.
    Der inliegende Brief ist an eine Frau Sternau, geborene Gräfin Rosa de Rodriganda adressiert, welche auf demselben Schloß wohnt. Ihre Auslagen werden Sie vom Empfänger vergütet erhalten, und bemerke ich zum Schluß noch, daß ich eine Abschrift des Inhaltsverzeichnisses besitze und den Wert der Gegenstände in Versicherung gegeben habe.
    Benito Juarez, Oberrichter, Mexiko.“
    „Es ist kein Zweifel mehr, der Oheim ist ein Dieb!“ sagte Platen, dessen Gesicht die Blässe einer Leiche zeigte. „Nach diesen Angaben mußte er dich finden. Er hat das Kästchen der Behörde nicht übergegeben. Er ist ein Dieb. Lies den zweiten Brief.“
    Kurt öffnete denselben und durchflog ihn.
    „Er ist von Miß Amy Lindsay an Frau Sternau“, sagte er dann. „Sein Inhalt ist privater Natur! Er kann dich nicht interessieren.“
    „Es ist gut; ich weiß genug! Die Sachen gehören dir. Was wirst du tun?“
    „Ich werde sie an ihren Ort stellen und bis morgen überlegen, was ich beginnen werde“, sagte Kurt ruhig. „Dein Oheim soll geschont werden, und möglicherweise will ich die Sache in der Weise arrangieren, daß er nicht ahnt, daß ich durch dich aufmerksam geworden bin. Aber noch fehlt das Inhaltsverzeichnis. Da liegen noch Papiere. Erlaubst du mir, sie durchzusehen?“
    „Tue, was du willst. Ich bin ermattet; ich bin zerschmettert: ich mag nichts lesen und nichts sehen.“
    Er gab das Licht dem Schlosser, um zu leuchten, und warf sich auf das Sofa nieder. Kurt griff in das Loch und zog die Papiere hervor. Sie waren in ein Paket zusammengebunden; er löste die Schnur und öffnete das erste Schreiben. Kaum hatte er einen Blick auf den Inhalt desselben geworfen, so wandte er sich ab, damit der Ausdruck seines Gesichtes nicht von Platen bemerkt werden könne. Es waren zwölf einzelne Dokumente; er las sie alle durch, legte dann die Schnur wieder um sie und sagte:
    „Das ist Gleichgültiges. Das Verzeichnis fehlt.“
    Er warf noch einen Blick in das Loch und bemerkte ein Papier, welches durch das Kästchen ganz nach hinten geschoben worden war. Als er es öffnete, sah er, daß es das Gesuchte war. Jetzt verglich er die Gegenstände mit dem Verzeichnis und bemerkte, daß nichts fehlte, als nur der Ring, welchen Platen trug.
    „Ich mag ihn nicht haben“, sagte dieser; „ich mag gestohlenes Gut nicht tragen; es brennt mir am Finger. Hier hast du ihn!“
    „Behalte ihn!“ bat Kurt. „Ich schenke ihn dir.“
    „Nachdem ich ihn unrechtmäßigerweise getragen habe? Nein, ich danke dir! Hier ist er.“
    Kurt jedoch wies den Ring zurück und erklärte:
    „Wenn du ihn nicht annehmen willst, so behalte ihn wenigstens für einstweilen noch. Dein Onkel darf nicht wissen, daß du von der Sache weißt!“
    „Nun gut; ich will dir den Willen tun“, meinte der Offizier, indem er den Ring wieder ansteckte; „aber ich ersuche dich dringend, ihn mir möglichst bald wieder abzunehmen. Willst du dein Eigentum wirklich hier zurücklassen?“
    „Einstweilen, ja. Morgen wird sich das weitere finden.“
    Es wurde alles genau in seine vorherige Ordnung und Lage gebracht; dann verschloß der Schlosser das Türchen und hing die Uhr wieder davor. Die beiden Offiziere verließen das Gartenhaus, dessen Türen sorgfältig verschlossen wurden. Draußen sagte Platen:
    „Verzeihe mir, Kurt; ich kann ja nichts dafür!“
    „Bah, gräme dich nicht!“ lautete die Antwort. „Ich hoffe, daß sich alles glücklich lösen lassen wird.“
    „Tue, was du für das Richtige hältst; jetzt aber verabschiede mich. Ich muß allein sein. Ihr findet den Weg aus dem Garten auch ohne mich.“
    Er reichte dem Freund die Hand und entfernte sich leise. Kurt schlich sich mit dem Schlosser nach der Mauer zu. Dort angekommen, horchten beide, ob jenseits alles sicher sei. Da vernahmen sie Schritte, welche sich näherten. Man konnte ganz deutlich hören, daß zwei Personen sich Mühe gaben, so unhörbar wie möglich das Pförtchen zu erreichen.
    „Halt, man kommt!“ flüsterte Kurt. „Warten wir!“
    Es wurde ein Schlüssel in die Pfote gesteckt. Sie öffnete sich, und zwei Männer

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