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45 - Waldröschen 04 - Verschollen

45 - Waldröschen 04 - Verschollen

Titel: 45 - Waldröschen 04 - Verschollen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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und entfernte sich.
    Erst nach einigen Stunden kehrte er zurück und meldete, daß der Gouverneur seine Erlaubnis, zu verweilen und Handel zu treiben, gegeben habe, dagegen aber die Entrichtung der hier gebräuchlichen Abgabe und eines guten Geschenkes für ihn erwarte.
    „Der Gouverneur“, fuhr er fort, „wird euch einige Soldaten senden, um euch vor allen Gefahren zu schützen. Diese Soldaten habt ihr zu bezahlen und zu beköstigen.“
    „Wir bedürfen dieser Soldaten nicht“, sagte der Kapitän. „Wenn wir uns in Gefahr befänden, wären sie doch nicht imstande, uns zu schützen.“
    „Oh, sie sind sehr tapfer“, meinte der Hafenmeister.
    „Das glaube ich nicht, denn ich habe das Gegenteil gesehen. Sie sind anmaßend leichtsinnig und würden uns mehr Schaden als Nutzen bringen.“
    „Wie willst du sie kennen, du hast mir ja gesagt, daß du noch nie hier gewesen bist!“
    „Du wirst bald erfahren, woher ich sie kenne. Ich werde den Gouverneur benachrichtigen und ihm beweisen, daß ich mich selbst zu schützen verstehe.“
    Der Hafenmeister wurde bewirtet, erhielt ein Geschenk, welches seine ganze Zufriedenheit zu erregen schien, und kehrte dann nach der Stadt zurück.
    Jetzt ließ der Kapitän einen der Gefangenen zu sich bringen.
    „Wir sind vor Zeyla angekommen“, ließ er ihm mit Hilfe des Dolmetschers sagen, „ich gebe dir die Freiheit zurück, doch nur unter der Bedingung, daß du zum Gouverneur gehst und ihm meldest, was geschehen ist. Er mag selbst an Bord kommen und mit mir über das Schicksal deiner Gefährten verhandeln. Sage ihm, daß ich ein friedlicher Mann sei und bereit, mich in Güte mit ihm zu verständigen, er muß aber selbst kommen, denn mit Unterhändlern werde ich nicht sprechen. Mein Rang ist wenigstens ebenso hoch wie der seinige. Einigen wir uns nicht, so werde ich die Gefangenen mitnehmen und auf das Strengste bestrafen lassen!“
    Der Mann gab kein Wort zur Antwort, aber an seinem Gesicht und seinen Blicken war zu erkennen, daß sein Bericht feindselig lauten werde. Er stieg über Bord und glitt an einem Tau in das noch dranhängende Boot hinab, auf welchem gestern die drei Araber das Schlepptau an Deck gebracht hatten. Als er langsam nach der Stadt ruderte, sagte der Dolmetscher zu dem Kapitän:
    „Dein Spiel ist ein gefährliches. Der Gouverneur ist mächtig; er wird dich infolge deiner Botschaft sicherlich als Feind betrachten und behandeln.“
    „Er mag es versuchen!“
    Diese kurzen Worte zeigten, daß der Deutsche seiner Sache sicher sei, und er traf auch sofort die Maßregeln, welche er für geeignet hielt, seinen Willen durchzusetzen. Er gebot seinen Leuten, sich zu bewaffnen, und ließ die Enternetze rings um das Schiff befestigen. Es sind dies Drahtnetze, welche es sehr schwer, wo nicht unmöglich machen, daß der Feind an Bord gelangt.
    Die Brigg war nicht mit einem Wall-, sondern nur mit einem Seeanker befestigt, den man im Notfall sofort aufnehmen konnte. Alle Boote befanden sich an Bord, und die Mannschaft hielt sich bereit, die Segel zu ziehen, um gegebenenfalls das Schiff schnell manövrierfähig zu machen. Das Haus, in welchem der Gouverneur wohnte, war deutlich zu sehen, der Kapitän ließ es sich von dem Dolmetscher, welcher bereits einmal in Zeyla gewesen war, zeigen und beschloß, es bei einer ausbrechenden Feindseligkeit als erstes Ziel zu benutzen.
    Ob sich in Zeyla mehrere Kanonen befanden, wußte er nicht; eine aber war jedenfalls vorhanden, sie stand am Strand, und man hatte mit ihr die Begrüßungsschüsse der Brigg beantwortet. Fremde Schiffe gab es nicht, es waren kaum zehn Fahrzeuge vorhanden, welche nicht zu fürchten waren, denn sie waren klein und ähnlich gebaut wie das Wachtschiff, welches gestern so wenig Effekt gemacht hatte.
    Es verging unter aufmerksamen Warten eine längere Zeit, bis man aus dem Nordtor der Stadt, welches zum Meer führt, eine Schar Bewaffneter kommen sah. Sie verteilten sich auf einzelne Boote und kamen nach der Reede gerudert. Es konnte kein Zweifel sein, daß dieser Besuch der Brigg galt.
    Die Schar mochte dreißig Mann stark sein. Sie war mit Luntenflinten, Spießen und Yatagans bewaffnet. Im vordersten Boot schien der Anführer zu sitzen, denn die anderen hielten sich in respektvoller Entfernung hinter ihm.
    Als dieses erste Boot in solche Nähe gekommen war, daß man sich verstehen konnte, erhob sich der Anführer und rief:
    „Bist du der Mann, der unsere Gefährten gefangenhält?“
    „Ja“, antwortete der

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