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45 - Waldröschen 04 - Verschollen

45 - Waldröschen 04 - Verschollen

Titel: 45 - Waldröschen 04 - Verschollen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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vollständig tot. Die gefühllosen Kerls machten sich nicht viel daraus, denn nun avancierten sie ja um einen Grad. Die Leiche wurde in einen Sack gesteckt und ohne Zeremonie in das Wasser geworfen. Der Hauptzeuge war unschädlich gemacht. Nun blieben die anderen übrig.
    Er rief sie zusammen und teilte ihnen mit, daß nun das eigentliche Geschäft erst beginnen solle, und aus diesem Grund habe er sich die hier befindliche Bemannung eines verunglückten Walfischfahrers engagiert.
    „Sie halten uns für friedliche Kauffahrer und müssen erst nach und nach eingeweiht werden. Darum müßt ihr zunächst verschwiegen und vorsichtig gegen sie sein. Sie dürfen jetzt meinen Namen noch gar nicht ahnen.“
    Sie versprachen ihm, schlau zu sein. Als dann die Walfischfahrer an Bord kamen, wurden sie von der Bemannung des Schiffes freundlich empfangen. Der Kapitän nahm den Steuermann zu sich in die Kajüte und sagte:
    „Ich habe Euch bereits gesagt, daß meine Leute revoltiert haben. Sie töteten mich nur deshalb nicht, weil ich der einzige bin, der die Seerechnung versteht. Wollt Ihr mir behilflich sein, so seid Ihr morgen Steuermann. Der meinige hat sich vorhin unvorsichtigerweise erschossen.“
    „Ich bin bereit“, lautete die Antwort.
    „Gut. Ich gebe Euch als Willkommen einen tüchtigen Trunk. Ihr macht sie total betrunken, fallt dann mit Euren Leuten über sie her und wir fesseln sie im Kielraum fest. Dann übergeben wir sie dem nächsten Kriegsschiff oder Konsulat zur Verurteilung.“
    Von diesem Vorschlag wurde die erste Hälfte ausgeführt. Die Piraten wurden in der Betrunkenheit überwältigt, aber einer nach dem anderen erhielt von Landola Gift, so daß in acht Tagen keiner mehr lebte. Der Kapitän hatte alle Zeugen beiseite geschafft. Er galt bei seiner neuen Bemannung für einen ehrlichen Mann und ließ sich auch nicht merken, daß er das Gegenteil sei.
    Er fuhr nach dem Mendana-Archipel. Dort gelang es ihm, zu veräußern, was er bei sich hatte, und eine gute Ladung einzunehmen, mit welcher er nach Valparaíso ging. Dort brachte er es durch seine Schlauheit fertig, sich als Eigentümer des Schiffes zu legitimieren. Er verkaufte es mitsamt der Ladung und bestieg dann mit einer bedeutenden Summe einen Dampfer, um über Rio de Janeiro nach Spanien in seine Heimat zu gehen, wo er auch glücklich anlangte.

ZWEITES KAPITEL
    Die Blume des Waldes
    „Um Tannen schlingt sich eng die Ranke,
   Sie trägt ein Röschen, zart und mild;
Der Unschuld lieblichster Gedanke
   Verkörpert sich in ihrem Bild.
Du fragst, was man der Holden, Lieben
   Für einen Namen geben mag?
Die Antwort ist sehr bald geschrieben:
   ‚Waldröschen‘ ist's im grünen Hag!
    Es wohnt im stillen Heiligtume
   Des Forsts ein zartes, frohes Kind
Wie eine Menschenblume,
   Um die des Märchens Zauber spinnt.
Welch Name soll dies Duftbild preisen
   Dort in der Tannen dunklen Schlag?
‚Waldröschen‘, ja, so soll es heißen,
   ‚Waldröschen‘ ist's, im grünen Hag!“
    Während Henrico Landola mit seinen Gefangenen nach dem großen Ozean segelte, um die Unglücklichen zur tiefsten Einsamkeit und Verlassenheit zu verurteilen, erwartete man in der Heimat vergebens ein Lebenszeichen von ihnen. Aber auch noch andere warteten, und zwar ganz ebenso vergebens.
    Da waren zunächst Lindsay und Amy, welche sich nach einer Nachricht von Mariano und seinen Gefährten sehnten. Und da waren ferner Pablo Cortejo und seine häßliche Tochter Josefa, denen ganz außerordentlich daran lag, über das Schicksal dieser Männer etwas zu erfahren.
    Und dennoch vergingen Wochen und Monate, ohne daß eine Kunde kam. Das lag nun zwar daran, daß man sie hatte verschwinden lassen, aber selbst wenn dies nicht der Fall gewesen wäre, lagen die höchst verwickelten politischen Verhältnisse Mexikos so im Argen, daß die Sicherheit von Sendungen und Nachrichten eine höchst problematische war, denn das an und für sich so schöne Land war von Wirren heimgesucht, deren Lösung bisher noch keiner Hand gelungen war.
    Einen freilich gab es, welcher das Geschick dazu hatte; das war Benito Juarez, der Indianer aus dem Stamme der Zapoteken, dem wir im Verlauf unserer Erzählung ja bereits begegnet sind. Viele kennen ihn nicht und beurteilen ihn falsch. Darum ist es die Pflicht des unparteiischen Beobachters, sein Bild der reinen Wahrheit nachzuzeichnen.
    Ein gerechter Beurteiler vermag in Juarez freilich nicht einen außerordentlichen Träger jenes Genies

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