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45 - Waldröschen 04 - Verschollen

45 - Waldröschen 04 - Verschollen

Titel: 45 - Waldröschen 04 - Verschollen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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tatkräftig seien. Ich mußte viel erzählen, von Spanien, von Rodriganda, alles, alles, und nun will der König mit dem Großherzog sprechen. Jedenfalls werden Sie alle vorgestellt, und wir dürfen unter königlichem Schutz hoffen, daß unsere Nachforschungen endlich Erfolg haben werden.“
    „Das gebe Gott!“ sagte Rosa de Rodriganda. „Aber du gingst, um mit dem Kapitän zu sprechen. Wo ist er? Wo hat du ihn gelassen?“
    „Er wird in diesem Augenblick gefangen sein“, antwortete Kurt.
    Aber er irrte sich. Während er den seinen über sein Gespräch mit Parkert und sein Verweilen im ‚Magdeburger Hof‘ so viel erzählte, als sich mit der angelobten Diskretion vereinigen ließ, hatte der Kapitän das Gasthaus wieder betreten. Die Unterredung mit dem Gesandten Rußlands war nur von kurzer Dauer gewesen. Er kehrte zurück und dachte, als er sein Zimmer betrat, sofort an das wichtige Dokument.
    Er öffnete das Handköfferchen, um es noch einmal genauer durchzulesen, als es in Gegenwart des französischen Generales möglich gewesen war. Er fuhr erschrocken zurück – das Dokument war verschwunden. Er suchte im Köfferchen mit fliegender Hast nach – es fand sich nicht mehr. Er suchte im Zimmer, obgleich er genau wußte, daß er die Schrift in das Köfferchen eingeschlossen hatte, da ihn ja auch der General gefragt, ob sie da sicher aufgehoben sei – vergebens. Nun klingelte er. Die Kellnerin erschien. Sie hatte den Hauptschlüssel wieder an seinen Ort gebracht und auch das reiche Geldgeschenk gefunden.
    „War während meiner Abwesenheit jemand hier?“ fragte er sie.
    „Nein, es hat niemand nach Ihnen gefragt“, antwortete sie.
    „Ich meine, ob jemand hier in diesem Zimmer war?“
    „Nein.“
    „Und doch muß irgendwer hier gewesen sein.“
    „Wie wäre das möglich? Sie verschließen ja Ihr Zimmer.“
    „Es wird wohl einen Hauptschlüssel geben, an den ich früher nicht gedacht habe. Ich bin bestohlen worden, schändlich bestohlen!“
    „Bestohlen?“ fragte sie, indem sie vor Schreck erbleichte.
    Das muß ein Versehen sein. Sie konnte Leutnant Helmers unmöglich für einen Dieb halten.
    „Sie erschrecken, Sie erbleichen!“ rief der Kapitän. „Sie sind es selbst gewesen! Sagen Sie, wo Sie das Dokument haben! Ich muß es wieder haben, sogleich, sogleich!“
    Bei dem Wort ‚Dokument‘ faßte sich das Mädchen sofort. Es handelte sich also nicht um einen gewöhnlichen Diebstahl. Es war eine Schrift abhanden gekommen. Hatte der Leutnant dieselbe an sich genommen, so war er jedenfalls berechtigt dazu gewesen; aber verraten wollte sie ihn nicht.
    „Ich?“ sagte sie. „Was fällt Ihnen ein! Auf diese Art und Weise kommen Sie mir nicht, Herr Kapitän! Wo haben Sie das Dokument gehabt?“
    „Hier in dem kleinen Koffer.“
    „War er denn nicht verschlossen?“
    „Ja doch.“
    „Und Sie bilden sich ein, daß ein ehrliches Mädchen Ihren Koffer aufsprengt –“
    „Aufgesprengt ist er nicht, sondern aufgeschlossen“, fiel er ein.
    „Woher soll man den Schlüssel haben, der gerade an Ihren Koffer paßt!“
    „Einen Dietrich –“
    „Lassen Sie sich nicht auslachen! Ein Kellnermädchen wird einen Dietrich haben! Ich werde sogleich zum Wirt gehen und ihm sagen, daß Sie mich, seine Verwandte, zur Diebin machen wollen!“
    „Ja, gehen Sie! Rufen Sie den Wirt. Das Dokument muß auf alle Fälle wieder herbeigeschafft werden.“
    Sie ging, während er in höchster Erregung und Verlegenheit im Zimmer umherlief. Eben als sie den Hausflur erreichte, traten mehrere Herren ein, und ein Blick, den sie zufällig durch das Tor warf, zeigte ihr, daß sich einige Polizisten vor dasselbe postiert hatten. Einer der Herren fragte sie:
    „Sie sind hier Kellnerin?“
    „Ja“, antwortete sie.
    „Wo ist der Wirt?“
    „In der Küche.“
    „Zeigen Sie mir ihn!“
    Sie führte den Herrn in die Küche und sagte ihm, welcher der Anwesenden der Besitzer des Gasthofes sei. An ihn wendete sich der Herr:
    „Bei Ihnen logiert ein Fremder, welcher sich als Kapitän Parkert eingetragen hat?“
    „Ja, mein Herr.“
    „Das stimmt. Sie haben Ihre Meldung richtig eingegeben; ich habe im Fremdenverzeichnis der Polizei nachgesehen. Hier ist eine Medaille, welche mich als Beamten der Polizei legitimiert. Ist der Kapitän anwesend?“
    Der Wirt sah die vorgezeigte Medaille an, nickte und antwortete:
    „Er ist soeben nach Hause gekommen. In Nummer zwölf, eine Treppe höher, finden Sie ihn.“
    „Gut. Ich hole ihn ab.

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