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46 - Waldröschen 05 - Rebellen der Sierra

46 - Waldröschen 05 - Rebellen der Sierra

Titel: 46 - Waldröschen 05 - Rebellen der Sierra Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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sein Unrecht nicht eingestehen; es sandte seine Legionen, gegen welche ich augenblicklich zu schwach war; es borgte für seine Horden Hunderte von Millionen Dollars zusammen, welche wir bezahlen sollten und leider gezwungenermaßen bezahlen müssen. Und nun der Mexikaner dies nicht dulden will, wird er zu einem Banditen gemacht, welchen man stranguliert. Ist denn aller Sinn für Recht und Gerechtigkeit in Euch erloschen? Kann eine fremde Stadt den Bürgermeister einer anderen absetzen? Kann ein französischer Regent, der sich selbst rechtlos auf den Thron geschwungen hat, einen amerikanischen Regenten absetzen? Nein! Niemals! Man kann der Macht der Roheit, der Gewalt der Waffen weichen, man kann seine Zeit abwarten, aber wer mir sagt, daß ich nicht mehr Präsident von Mexiko sei, der ist entweder unzurechnungsfähig oder er hat kein Gewissen und gehört zu den Räubern unseres rechtmäßigen Eigentums. Im alten Testament steht: ‚Auge um Auge, Zahn um Zahn!‘ Soll ich dieses Gesetz auf Sie anwenden, Señores? Soll ich die Toten rächen, die gefallen sind, seit Sie den Fuß in mein Land setzten? Soll ich die Unschuldigen rächen, die infolge dieses Dekrets ermordet worden sind? Soll ich den Inhalt des Dekrets auf seine Verfasser zurückfallen lassen? Soll ich Sie, Bazaine, und den, welchen Sie den Kaiser von Mexiko nennen, sobald sie in meine Hand fallen, zur gerechten Vergeltung als Banditen behandeln und strangulieren oder erschießen lassen? Sie nennen sich Kinder eines Volkes, das an der Spitze der Zivilisation steht, mich aber nennen Sie den Indianer, den Zapoteken, die Rothaut. Sie, die Söhne der Zivilisation, säen Mord. Was werden Sie von dem Zapoteken ernten? Sie dauern mich. Ich schenke Ihnen mein Mitleid, denn die Selbstliebe und die Ruhmsucht haben Ihre Begriffe verwirrt, und Sie wanken am Gängelband eines Mannes, welcher einer der größten Schauspieler und Egoisten der Weltgeschichte ist. Aber die Weltgeschichte ist das Weltgericht. Nicht das Jahrtausend, nicht dieses Jahrhundert und auch nicht dieses Jahrzehnt, sondern das gegenwärtige Jahr wird über Sie zu Gericht sitzen und Ihre Sucht nach Glorie, Ihre Selbstsucht, Ihre Mißachtung aller Gesetze und Rechte mit einem Urteil belegen, welches den rothäutigen Zapoteken seinem Volk wiedergibt und den Völkern in das Gedächtnis rufen wird, daß Gott noch immer der Gerechte ist, welcher zu belohnen und zu bestrafen weiß. Werden Sie aber von der Weltgeschichte gerichtet, so brauche nicht ich Ihr Richter zu sein. Der Zapoteke steht vor den Mördern seines Volkes und den Verwüstern seines Landes. Wollen Sie meine Stimme hören, ist es gut, wenn nicht, wird meine Hand mit aller Schwere auf Ihnen ruhen. Ich bin jetzt Herr von Chihuahua. Wollen Sie mich als solchen anerkennen und sich nach dem Hauptquartier Bazaines zurückziehen, natürlich mit dem Versprechen, daß weder Sie noch die hiesigen Truppen wieder gegen mich kämpfen werden, so gewähre ich Ihnen und den Ihrigen, nachdem die Soldaten entwaffnet worden sind, freien Abzug. Gehen Sie nicht darauf ein, so vernichte ich die Besatzung, Sie selbst aber werden zu derselben Stunde nicht erschossen, sondern im Fluß ertränkt, zu welcher Stunde und an welchem Ort die Bürger dieser Stadt erschossen werden sollten. Ich gebe Ihnen zehn Minuten Zeit, sich zu besprechen. Ich werde mich bis dahin zurückziehen und Ihre Knebel entfernen lassen; aber neben einem jeden steht ein Indianer mit dem Messer in der Hand. Wer mehr als halblaut redet oder gar einen Versuch wagt, sich zu befreien, der hat im nächsten Augenblick die Klinge in der Brust. Ich biete Ihnen die Hand zur Rettung und bitte Sie um Gottes willen, sie nicht zurückzuweisen. Denken Sie nicht, daß ich ein Jota von meiner Forderung abgehe. Trete ich wieder ein, so verlange ich ein kurzes Ja oder Nein; weiteres höre ich gar nicht an!“
    Der Mann mit dem glühend patriotischen Herzen und dem eisernen Willen gab den Indianern einen Befehl. Sofort stand je einer von ihnen neben jedem Offizier, und mit der Linken dieselben von ihren Knebeln befreiend, zogen sie mit der Rechten die Messer, sie zum Stoß bereithaltend. Hierauf verließ Juarez das Zimmer und ging nach der Wachtstube. Dort lagen dreißig Soldaten gefesselt am Boden. Sternau saß, den Präsidenten erwartend, am Tisch, in seiner Nähe, teils auch im Flur, standen Apachen, in tiefer Schweigsamkeit die Fortsetzung der Ereignisse erwartend.
    Sternau erhob sich, als Juarez eintrat.
    „So

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