Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
46 - Waldröschen 05 - Rebellen der Sierra

46 - Waldröschen 05 - Rebellen der Sierra

Titel: 46 - Waldröschen 05 - Rebellen der Sierra Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
Vom Netzwerk:
einen Vorgeschmack Ihres Schicksales geben.“
    „Sacré! Was wollen Sie tun?“ fragte der Kommandant.
    Es wurde ihm jetzt wirklich angst.
    „Oberst Laramel“, antwortete der Präsident, „ist der Mörder von Hunderten meiner Landsleute. Er hat selbst im ehrlichen Kampf niemals Pardon gegeben; er trägt die Schuld, daß in dieser Nacht abermals eine Massenexekution gegen wackere Bürger stattfinden sollte. Er hat sich wie ein Bandit betragen und wird wie ein solcher behandelt. Ich werde ihn ohne vorheriges Gericht und Urteilsspruch an diesem Haken aufhängen lassen.“
    „Das werden Sie nicht wagen!“ rief der Kommandant.
    „Ah! Warum nicht?“
    „Ein französischer Oberst!“
    „Ist unter diesen Verhältnissen ein größerer Schurke als jeder andere Bösewicht. Er hat auf seinem Gewissen die Grausamkeiten aller seiner Untergebenen.“
    „Ich verlange ein ordentliches Gericht!“
    „Über einen Banditen? Pah! Wenn ich ein Gericht konstituierte, so würde das Urteil aufhängen lauten, darauf können Sie sich verlassen.“
    Er wendete sich an den Indianer, der neben dem Oberst stand und sagte ihm in der Mundart der Apachen:
    „Ni ti selkhi lariat akaya – hänge diesen mit dem Lasso da hinauf!“
    Bei diesen Worten deutete er nach dem krummen Haken, welcher in der Mitte der Zimmerdecke zu dem Zweck eingeschraubt war, bei festlichen Gelegenheiten einen Leuchter zu tragen.
    „Uff!“ antwortete der Apache.
    Im Nu hatte er sein Lasso losgeschlungen und an dem einen Ende desselben eine Schleife gebunden. Dann erfaßte er den Oberst und schob ihn in die Mitte des Zimmers. Mit derselben Geschwindigkeit legte er ihm die Schlinge um den Hals. Da rief der Kommandant:
    „Halt! Das ist Mord! Ich erhebe allen Ernstes Widerspruch!“
    „Dieser Ernst kommt mir lächerlich vor!“ antwortete Juarez. „Sie können ihn nur dadurch retten, daß Sie erklären, sich ergeben zu wollen.“
    Der Kommandant warf einen fragenden Blick auf Laramel. Dieser antwortete dadurch, daß er unter den Fesseln die Fäuste ballte und mit dem Kopf schüttelte. Dieser verblendete Mensch hielt es jetzt noch für unmöglich, daß man es wagen werde, einen französischen Oberst aufzuknöpfen.
    „Wir ergeben uns nicht, werden aber eine solche Behandlung nicht länger dulden“, erklärte der ebenso verblendete Kommandant.
    „Das ist geradezu eine Verrücktheit. Hier meine Antwort darauf!“ sagte Juarez.
    Er gab dem Apachen einen Wink. Dieser warf den mittleren Teil des Lassos mit solcher Geschicklichkeit empor, daß der achtfach zusammengeflochtene Riemen in den Haken zu liegen kam. Dann zog er den Lasso an – ein Ruck, ein zweiter und dritter, und der Oberst hing an der Decke. Seine konvulsivischen Bewegungen boten einen schauderhaften Anblick dar.
    „Mord! Mord! Mord!“ rief der Kommandant.
    Auch die anderen bewegten sich im höchsten Grimm unter ihren Fesseln.
    „Dieses Schreien will ich Ihnen unmöglich machen“, sagte Juarez.
    Ein Wink von ihm genügte, und der Kommandant bekam den Knebel wieder in den Mund. Der Apache aber, welcher sein Lasso mit beiden Händen festhalten mußte, band das Ende desselben an das Kamingitter fest, so daß er sich nicht mehr anzustrengen brauchte.
    Jetzt verließ Juarez das Zimmer, um Sternau aufzusuchen. Er fand ihn nicht in der Wachstube, hörte aber dort, daß er nach dem Gewölbe gegangen sei, um die Gefangenen zu befreien. Er stieß auf die letzteren, als diese eben zur Treppe heraufkamen.
    Der Schein von der Laterne des Schließers war nicht hinreichend, den weiten Flur zu erleuchten; darum wurde der Präsident nicht erkannt.
    „Ah, diese braven Leute waren hier im Haus eingesperrt?“ fragte er.
    „Glücklicherweise, ja“, antwortete Sternau. „Es ist uns da ohne allzugroße Mühe gelungen, sie zu befreien.“
    „Wurden sie bewacht?“
    „Von fünf Soldaten und drei Beichtvätern. Diese acht Señores befinden sich jetzt, selbst gebunden an dem Ort, den sie vorher bewachten.“
    „Gut. Aber ich sehe ja hier einige, welche Gewehre tragen?“
    „Ich habe die Absicht, diese Señores mit den Gewehren der Soldaten zu bewaffnen. Sie sind bereit, für Sie zu kämpfen und zu sterben.“
    „Ich danke Ihnen Señores!“ sagte der Präsident. „Das ist eine große, willkommene Hilfe, welche wir wohl noch nötig haben werden.“
    Er streckte ihnen die Hände entgegen, und nun merkten sie, wer vor ihnen stand. Ausdrücke der Freude und Ehrfurcht erschollen aus aller Munde, und alle Hände griffen

Weitere Kostenlose Bücher