46 - Waldröschen 05 - Rebellen der Sierra
nach den seinigen, um sie zu drücken. Aber diesem Enthusiasmus konnte keine lange Frist gestattet werden. Juarez sagte:
„Bewaffnen sie sich zunächst, Señores, und dann werde ich ihnen zeigen, wie ich die an ihnen begangene Unbill zu bestrafen weiß.“
Er führte sie nach dem Wachlokal, wo die Mexikaner mit Flinten und Seitengewehren versehen wurden. Die dort postierten Indianer erhielten den Auftrag, die von ihnen bewachten Franzosen nach dem Gewölbe zu schaffen, und dann begab sich Juarez mit Sternau und den Mexikanern nach oben zurück, wo sich die Offiziere befanden.
Dort konnten die Eintretenden einen Ausruf des Entsetzens nicht unterdrücken, als sie den Oberst an der Decke hängen sahen. Sein Todeskampf war vorüber. Er hing steif und ohne zu zucken an dem Lasso.
„Hier, Señores, sehen sie den Beginn des Gerichtes, welches ich halten werde“, sagte Juarez. „Dieser tote Franzose ist unser erbittertster Feind gewesen; er trug den größten Teil der Schuld daran, daß sie erschossen werden sollten. Dennoch war ich bereit, ihm und diesen anderen das Leben zu schenken; sie waren aber so verblendet, meine Forderung, die Stadt zu verlassen, nicht anzunehmen, und so habe ich ihn hängen lassen, um ihnen zu zeigen, daß ich nicht gesonnen bin, Scherz mit ihnen zu treiben.“
Trotz des schauderhaften Anblickes, welchen der Gehängte bot, ließen sich doch nur Ausdrücke der Befriedigung hören.
„Diese anderen“, fuhr Juarez fort, „werden in kurzer Zeit ertränkt werden, und zwar in derselben Krümmung des Flusses, an welcher Sie erschossen werden sollten. Diesen Akt der Gerechtigkeit bin ich denen schuldig, die unter den Händen der französischen Mörder sich verblutet haben, und ebenso allen, welche sich noch in der Gefahr befinden, für gemeine Banditen ausgegeben zu werden, weil sie von dem uns allen angeborenen Recht Gebrauch machen, sich zu wehren, wenn man ihnen ihren heimatlichen Herd zerstören und ihr wohl erworbenes Eigentum gewaltsam rauben will.“
Diese Worte machten einen tiefen Eindruck auf alle Anwesenden. Sternau sagte:
„Sie nennen die gefangenen Offiziere verblendet, Señor? Es ist mehr als Verblendung; es ist Wahnsinn, sich gegen uns zu sträuben. Wir haben das Hauptquartier in unserer Gewalt, wir haben die Stadt besetzt. Was haben die zwei Hände voll Franzosen zu bedeuten gegen unsere fünfhundert Apachen, von denen jeder mehrere Franzosen spielend auf sich nimmt, wie wir bewiesen haben. Rechnen wir noch dazu unsere weißen Jäger und Waldläufer, ebenso die guten Bürger der Stadt, welche nur unseres Rufes warten, um die Waffen zu ergreifen, so ist ein Widerstand unklug. Hier stehen dreißig Bürger, und wie schwer ein Jäger wiegt, das haben die Herren Franzosen an dem ‚Schwarzen Gerard‘ bemerkt.“
Diese Worte, welche Sternau nicht zwecklos ausgesprochen hatte, verfehlten ihre Wirkung nicht. Der Kommandant deutete durch sein Mienenspiel und eine Bewegung seines Körpers an, daß er sprechen wolle.
Auf einen Wink des Präsidenten nahm ihm ein Indianer den Knebel ab.
„Was wollen Sie sagen?“ fragte ihn Juarez.
„Werden Sie Ihre Drohung, uns zu ertränken, wirklich ausführen?“
Auf diese Frage des Offiziers zuckte Juarez mitleidig die Achsel.
„Wenn Sie jetzt noch daran zweifeln“, antwortete er, „so bin ich berechtigt, ebenso zu zweifeln, nämlich an der Gesundheit Ihres Verstandes.“
„Bedenken Sie, welche Verantwortung Sie auf sich laden.“
Da ging die Geduld des Präsidenten zu Ende.
„Schweigen Sie!“ rief er mit donnernder Stimme. „Sie haben mein Land überfallen und mein Volk ermordet. Wer kann hier von Schuld und Verantwortung reden, ich oder Sie? Spielen Sie nur um Gottes willen nicht den gerechten Pharisäer, sonst gebe ich Ihnen mein Wort, daß ich Sie peitschen lasse, bevor Sie ertränkt werden. Sie sind nicht nur unklug, sondern Sie sind sogar dumm, mich in Ihrer Lage noch zur Rede stellen und mir drohen zu wollen. Glauben Sie, ich fürchte die Abenteurer, welche sich erdreisten, uns Gesetze vorzuschreiben? Mexiko ward nur einmal erobert; aber ich bin kein vertrauensseliger Montezuma, und Ihr Bazaine mag sich nicht einbilden, ein Ferdinando Cortez zu sein. Die Vereinigten Staaten und England senden mir Millionen, und sie werden es nicht dabei bewenden lassen, sondern vielmehr Ihren flittergekrönten Kaiser Napoleon zwingen, die Hand von einem Volk zu lassen, dem er nicht das mindeste zu gebieten hat.“
Nicht bloß die Worte,
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