47 - Die Geißel von Antares
weiter.
Sollten sich diese Wesen über ganz Balintol, ganz Paz ausbreiten, war das das Ende der Welt.
Die Menschenmassen, die die Straßen Oxoniums füllten, setzten sich vermutlich aus Bürgern, Wachen, Banden aus den Gräben, Dieben und panikerfüllten Kaufleuten, deren Flucht gescheitert war, zusammen. Sobald sich die Ibmanzys auf sie stürzten, würde der Verlust an Leben astronomische Höhen erreichen. Diese Menschen waren nicht wie die Shanks. Die bedauernswerten, zum Untergang verurteilten Fischköpfe da unten hatten den Kampf ihres Lebens gekämpft, denn sie hatten vor ihrem Tod drei der Dämonen getötet und den vierten böse zugerichtet.
»Was hat er denn jetzt vor?« brüllte Molar.
Das tobende Ungeheuer schlurfte über den Kyro. Es versuchte nicht einmal, den Leichen auszuweichen. Es trampelte einfach über sie hinweg und hielt auf die nächste Allee zu.
Der Dämon mußte sich dem Ende seiner Existenz im verwundeten Körper seines Opfers nähern. Trotz all meiner Jahre auf Kregen stellte ich mir unwillkürlich vor, daß der Ibmanzy einfach wie mit Sprengstoff gefüllt explodieren würde. Aber bis der opazverdammte Dämon dies tat, würde er alles verstümmeln und vernichten, was sich ihm in den Weg stellte.
»Molar!« Meine ohrenbetäubende Vordecksstimme ließ meine Männer auf der Himmelsstürmer zusammenzucken. »Armbrüste! Erschießt den verdammten Blintz!«
»Quidang!«
Die Himmelsstürmer vollführte eine perfekte Hundertachtzig-Grad-Drehung, und der an den Kontrollen stehende Nalan positionierte sie schräg über dem Dämon. Das Ungeheuer sah auf. Sein Gesicht verzerrte sich zu einer Maske sinnloser Wut. Rotwogende Zerstörungslust belebte jede seiner Zellen. Der noch funktionierende Arm hieb durch die Luft, sein Kiefer knirschte, weißer Schaum schoß zwischen den gelben Reißzähnen hervor. Seine Augen waren Abgründe entfesselten Zorns. Er verströmte fast greifbaren Ekel.
Dann spickten meine Jungs den verdammten Ibmanzy mit ihren Bolzen.
Jeder Schuß war ein Treffer. Doch die Armbrustbolzen hätten nichts erreicht, hätte der Dämon nicht mit der unausweichlichen Zerstörung des von ihm übernommenen mißgestalteten Körpers begonnen.
Der Ibmanzy blähte sich auf, gelbe Rippen bohrten sich durch die Haut, Augen zerplatzten, dann brach er endlich zusammen und schrumpfte; zurück blieb die entstellte Leiche eines jungen Mädchens.
Zwischen den toten Shanks auf dem Kyro lagen bereits die entsetzlich verstümmelten Leichen zweier junger Männer und eines jungen Mädchens. O ja, die Priester Dokertys und ihr größenwahnsinniger Mentor Kov Khon der Mak erzeugten Haß in mir.
Ich schüttelte den Kopf angesichts dieser düsteren Gedanken, aber dabei entging mir nicht, daß diese vier Dämonen ihre Wirtskörper nicht sehr lange behalten hatten. Ob das von irgendeiner Bedeutung war, vermochte ich in diesem Augenblick nicht zu sagen, allerdings war die Frage nach der Lebensspanne eines Ibmanzy von großer Wichtigkeit.
Die Sonnen leuchteten am Himmel, ein paar Wolken trieben vorbei, und unglaublicherweise flatterte ein Vogelschwarm um einen zerstörten, ausgebrannten Turm. Bei all diesen entsetzlichen Geschehnissen, die diese Stadt zerstört hatten, konnten die Vögel noch singen. Erstaunlich!
Die Himmelsstürmer schwang herum und hielt auf die Botschaft zu, um weitere Flüchtlinge aufzunehmen. Ich dachte an Erwin das Plappermaul. Er war ebenso ein Opfer der wahnsinnigen Begierden der Dokerty-Freunde wie die Toten unten auf dem Kyro. Sie hatten seinen Tod verschuldet – sie und meine eigene verrückte Besessenheit, die Ibmanzys aufzuhalten. Es war ein düsterer, vielleicht ungerechter Gedanke, aber ich konnte ihn nicht unterdrücken.
Doch das Gedenken an Erwin hatte mich zu einer Entscheidung gebracht. Ich konnte den verdammten Dokerty-Tempel sofort mit den restlichen Feuertöpfen bombardieren. Aber nein! O nein! O nein, bei Krun! Ich drehte den Schweber auf die Botschaft zu. Ich würde eine ganze Ladung Feuertöpfe besorgen, zurückkehren, sie alle auf diesen stinkenden Tempel werfen und dieses dämonenausbrütende Höllenloch bis auf die Grundmauern niederbrennen.
Allerdings war dabei eines von entscheidender Bedeutung: Ich mußte mit aller Gewalt die unwidersprochene Tatsache unterdrücken, daß ich in meiner Arroganz und um meiner Ziele willen bereit war, zur weiteren Zerstörung Oxoniums beizutragen. Ich mußte mich dazu zwingen, diese Handlungsweise wie die Entfernung eines
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