47 - Die Geißel von Antares
Krebsgeschwulstes zu betrachten – eine leichtfertige Entschuldigung, die oft für Akte der Zerstörung herhalten muß. Trotzdem, bei Vox, in diesem Fall war es die Wahrheit, so sicher, wie Zim und Genodras jeden Morgen über Kregen aufsteigen.
In der Botschaft erwartete mich eine Überraschung. Ich war noch nicht richtig gelandet, als sich jemand außer sich vor Wut auf mich stürzte. Veda trommelte sogar mit den Fäusten gegen meine Brust. Sie keuchte.
»Du bist ein undankbarer Kerl ohne einen Funken Mitgefühl oder Verständnis, der es verdient hätte, von den Dämonen in Stücke gerissen zu werden!« schrie sie.
Meine Befürchtungen wegen der Art und Weise, wie sie sich in Oxonium kleiden würde, fanden sich nun bestätigt, denn sie war in einen hellblauen Shamlak mit goldenen Schnüren geschlüpft. Der Ausschnitt klaffte weit auseinander – sogar sehr weit. Als sie mir ihre geballten Fäuste gegen die Brust schlug, geriet der Shamlak ins Rutschen.
»Was zum Teufel ...«, fing ich an und schnappte mir ihre Fäuste. »Beruhige dich, du kleines Leem-Weibchen!«
»Du hast mich nicht mitgenommen! Du hast mich zurückgelassen!« schrie sie erbost mit wehendem Haar und atmete keuchend durch den offenstehenden Mund. »Du hättest ...«
»Aber ich habe nicht.« Ich sah den Botschafter herbeieilen. Daß ich mich wie der größte aller Onker fühlte, muß ich sicher nicht eigens erwähnen. Elten Larghos Inverdun, der Botschafter Vallias in Oxonium, war der perfekte vallianische Koter. Er befreite mich von Veda, und zwar auf eine so geschickte und freundliche Weise, die mich sofort mit Bewunderung erfüllte. Sie wich zurück, seinen Arm um ihre Taille.
»Wenn du glaubst, diese Blintze würden ...«, schrie sie.
Larghos fiel ihr gewandt ins Wort. »Wir werden mit ihnen abrechnen, teure Veda, keine Sorge. Wie wäre es mit einem Glas Wein?«
Vedas Kleidung war an einigen Stellen notdürftig mit ihrem Körper in Kontakt. Ihr sonst so blasses Gesicht war hochrot. »Ich hasse dich, Drajak der Schnelle!« schluchzte sie. »Ja! Das tue ich wirklich!«
»Ja«, antwortete ich. »Das kann ich sogar verstehen. Nach alledem, was du durchmachen mußtest. Aber ...«
Sie trat zu; ihre nackten Beine fuhren durch die Luft, aber Larghos hatte sie fest im Griff. »Du redest immer nur! Wenn Dray Prescot hier wäre, würde er handeln, wie man es von einem großen Herrscher erwarten kann! Er würde nicht einfach losfliegen und mich zurück ...«
Ich muß tatsächlich zugeben – unter Berücksichtigung der dieser Situation durchaus innewohnenden Komik –, daß mich die Worte dieses wunderschönen, leidenschaftlichen Mädchens tatsächlich leicht schmerzten und ich Onker genug war, mich zu einer spontanen Antwort hinreißen zu lassen. »Beim Schwarzen Chunkrah, junge Dame! Also gut! Es reicht! Ich werde diesen verfluchten Tempel niederbrennen!« Ich holte tief Luft. »Wenn du sie mit Feuertöpfen bombardieren willst, bist du willkommen, mich zu begleiten.«
Sie schob sich gerade den einen Träger des Shamlaks wieder über die Schulter; bei meinen Worten ruckte ihr Kopf nach oben. Sie starrte mich an, ihre Lippen öffneten und schlossen sich, dann richtete sie ihr Gewand weiter. Störrische junge Veda. Wie gewöhnlich war sie nur notdürftig bekleidet. Sie strich sich mit der einen Hand das Haar zurück und griff mit der anderen schnell zu und verhinderte, daß eine Windböe den blauen, von goldenen Schnüren zusammengehaltenen Shamlak hochwehte.
»Also gut, Drajak! Und ob ich mit Feuertöpfen werfen werde!« Sie hatte ihr Haar gebändigt und warf den hübschen kleinen Kopf verächtlich in den Nacken. »Aber wenn du glaubst, das würde dich zu einem Dray Prescot machen – vergiß es, Fambly.«
Von ganzem Herzen dankbar, diesem Schlamassel ohne Verletzungen entronnen zu sein, sparte ich mir jede Erwiderung, sondern begab mich zum Waffenarsenal der Botschaft. Larghos begleitete mich. Er sagte, er würde mit uns fliegen und die Köpfe der gottlosen Blintze mit Feuertöpfen eindecken. Er meinte es ernst und war nicht abzuweisen.
»Diese Rasts«, sagte er, »müssen aus ihrem verpesteten Nest gebrannt werden, jawohl, bei Vox!«
Kurze Zeit darauf flogen wir drei auf den Tempel zu.
Erstaunlicherweise gelang es Veda, eine voluminöse Fliegerpelzjacke anzubehalten – allerdings hätte ich mein Geld nicht darauf verwettet, wie lange sie das schaffen würde.
Die Straßen waren noch immer belebt. Oxonium war eine reiche Stadt, und es
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