47 Ronin: Der Roman zum Film (German Edition)
herab.
Yasuno starrte sie fassungslos an. Oishi schaute in Mika-
himes
Augen und legte seine Hand auf Yasunos Schulter.
»Es wird bei unserer Abreise auf die ansässigen Dorfbewohner verteilt werden, Sir Yasuno«, sagte sie. Ihr Lächeln war gleichzeitig beruhigend und zutiefst befriedigt. »Es sollte den Leuten zurückgegeben werden, von denen es gestohlen wurde ... bevor es in der Schatzkammer des
bakufu
endet.« Sie schaute Kiras frühere Bedienstete an. »Und die andere Hälfte wird gleichmäßig auf die Bewohner dieser Burg verteilt. Sie haben es verdient.«
»Ja, Madame!« Yasuno verbeugte sich tief. Oishis Lächeln sprang auf die Gesichter der Kira-Ronin über, die sich vor dem einstigen Gefangenen ihres früheren Fürsten noch tiefer verbeugten als Yasuno.
Dieser stand neben der Dame Mika und beobachtete, wie Yasuno und Kawatake sich mühten, mit Kiras Männern Schritt zu halten. Diese waren losgerannt, um jemanden mit einem Schlüsselbund zu finden. Er bezweifelte, dass das Aufteilen von Kiras Reichtümern ihre Abreise lange verzögern würde.
Zur Überraschung der Ronin verließen die Schauspieler sie nicht, nachdem sie ihre Bezahlung erhalten hatten. Kawatake war es offenbar ernst mit seiner Aussage, man solle sich gegenseitig helfen. Da die Besitztümer der Darsteller die Nacht zum größten Teil nicht überstanden hatten, halfen sie dabei, die Verwundeten den rutschigen, gefährlichen Pfad von der Bergfestung hinunter zu transportieren.
Die Schauspieler reisten mit ihnen durch das Hinterland von Kiras Ländereien und halfen, wo immer sie konnten. »Keine Straße ist zu lang in der Gesellschaft fröhlicher Begleiter.« Darauf bestand Kawatake, als könnten die Schauspieler jetzt, da die Gefahr vorüber war, der Versuchung, in gefährlicher Begleitung zu reisen, nicht widerstehen.
Oishi hoffte, dass Kawatake die Darsteller meinte, wenn er »fröhlich« sagte. Das war das letzte Wort, das ihm angesichts seiner übel zugerichteten, erschöpften Männer in den Sinn kam. Doch ihr Zustand bewog ihn, zuzugeben, dass jede Hilfe zu diesem Zeitpunkt willkommen war. Außerdem schien die Anwesenheit der Wanderschauspieler die Stimmung zu heben, besonders bei den Schwerstverwundeten, die von ihrer Übermüdung und ihren Schmerzen abgelenkt wurden.
Nachdem sie das Hochland, in dem Kiras Burg lag, hinter sich gelassen hatten, blieb auch der Winter zurück. Die ersten schwachen Boten des Frühlings kehrten ins Land zurück, während sie Päckchen mit Kiras Gold und Silber in den Dörfern, die sie durchquerten, an die Dorfvorstände verteilten. Sie kamen genau zum richtigen Zeitpunkt, weil die verzweifelten, zutiefst dankbaren Leute sie dringend brauchten, um Samen für die Frühlingssaat zu kaufen. Die Wanderschauspieler schienen die Rolle der ritterlichen Straßenräuber viel mehr zu genießen als die Ronin. Oishi nahm an, es sei einfach ihre Natur. Er überließ ihnen nur zu gerne das Staunen und die Neugier der Bauern – die Ronin brauchten und wollten beides nicht.
Wie alles unter der Sonne und dem Mond kam aber auch die bereitwillige Hilfe von Kawatake und seinen »fröhlichen Begleitern« nicht ganz ohne karmische Schuld. Die Schauspieler stellten endlose Fragen über den Angriff auf die Burg, die Beweggründe der Männer, die ihn geplant hatten, über die Dame Asano, Hexen, Dämonen und Einzelheiten aus dem Leben der Samurai. Oishi nahm an, dass auch das Teil ihrer Natur war.
Die Dame Mika war liebenswürdig und dankbar für die Hilfe. Doch sie ritt den ganzen Tag neben Kai und beschützte ihn wie Kannon, die hundertarmige Göttin der Gnade. Kai schaffte es irgendwie trotz seiner Verletzung, die Gruppe verlässlich zu führen.
Yasuno murmelte, dass die Schauspieler schlimmer seien als Kinder bei einem Festival, oder ein Hund, der nicht aufhörte, Stöckchen zu apportieren. Auf Oishis Anregung hin übernahm er die Aufgabe, die Fragenden von der Dame Mika und Kai fernzuhalten.
Oishi sprach so wenig wie möglich und war erleichtert, dass Chikaras zahlreiche oberflächliche Wunden ihn nicht daran hinderten, genug für sie beide zu reden. Wie einige der anderen Männern schien Chikara das Verhör nicht nur durchzustehen, sondern beinahe Spaß daran zu haben – insbesondere nachdem Kawatake ihnen gesagt hatte, dass er Stückeschreiber in Edo kannte, die alles dafür geben würden, die Geschichte der Rache der Ronin erzählen zu dürfen ... und alle wussten, dass er das wörtlich meinte. Man sagte
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